12/21/2009

Marabou Stork Nightmares, Irvine Welsh

Der Autor traut sich mal wieder, die Seite zu verlassen. Drei Ebenen sind zu verzeichnen: da ist die Biographie des Helden, die episodisch erzählt wird und auch seine wüste Afrikaphantasie, bei der er auf Marabujagd geht. Das hier und jetzt ist ein Koma, dessen Ende er tunlichst herauszögern möchte. Jeder Traum ist besser als die Erinnerung an sein klumpiges Leben zuvor.

Welsh kennt sich aus mit Fremdscham: er schildert die dumpfen Eltern und den anderen Genmüll des mitleiderregenden und leidverursachenden Protagonisten in all ihrer fiesen Dumpfheit. Wenn Mama James-Bond-Medleys intoniert wird auch dem Leser übel.

Und deshalb ist Welsh auch nicht einfach nur schottischer Lokalkolorierer: er hat verstanden wie mannigfaltig Aggression sein kann und wie nachvollziehbar die Benutzung chemischer Substanzen somit ist. Der Edinburgher Frust ist der Frust des einzelnen, in den Mallruinen gestrandeten Einzelkämpfers, der zwischen geschwängerten Cracknutten und Bratfettfetischisten gefangen ist. Auch Hooligans wie der Protagonist der MSN wurde verursacht.

Schön auch die Erwähnung von Begbie am Rande: der soll jetzt Möbel verkaufen. Ja, dem Welshiversum darf man nicht entkommen. Und wenn die Schlampe n' Glas auf'n Kopf kriegt, was ist denn schon dabei?