11/28/2007

Machtlos, Gavin Hood

Gavin Hood kommt aus Südafrika und hat einen gescheiten Film gemacht, der trotzdem ein wenig beunruhigt. Das Publikum verlangt offenbar nach filmischen Verarbeitungen von Patriot Act und Abu Ghuraib und seltsam ist nun, dass so offene Kritik an der US Politik einfach verhallt. Ein bisschen Naivität muss sein. Man könnte meinen, dass auch hier eine Verdauung stattfindet. Die verstörenden Bilder von CNN und sonstwo haben ein neues Refugium des Konsumentenkosmos erreicht: den Blockbuster-Kinosessel. Zuckrig-schöne Darsteller machen die Wahrheitsfetzen ein wenig erträglicher, so dass man sich ihrer leichter entledigen kann.

Die finstere Ästhetik der modernen Kriegsführung wird sichtbar. Die diversen und singulären Körper selbst sind das Schlachtfeld. Die Suizidbomber möchten das Fleisch vieler nachhaltig versehren und die Folterknechte nutzen die Schmerzkapazitäten des Einzelnen. Die einen spielen mit Massenpanik, die anderen mit dem brechenden Ego-Widerstand.

Schön auch Idee und Ausführung der geschachtelten Handlungsstränge. Einfach, aber ein stimmiger Schlusspunkt für grimmige Bilder.

11/26/2007

Stalingrad, Joseph Vilsmaier

Und hopp-zwei-drei steckt man im Zynikergefängnis: die Szenen mit den weissgewandeten Soldaten erinnern an nichts geringeres als Star Wars. Sturmtruppen mit Schusswaffen, anonym und vor schweren Maschinen drappiert, sind Teil der bedrohlichen Außenwelt. Der Imperator ist natürlich dunkel gekleidet und bar jeder Menschlichkeit.

Und dann hebt auch noch der letzte Y-Wing vom Eisplaneten ab.

Jetzt kann man sagen, dass der hiesige Konsument ein Opfer von korrumpierten Kausalverknüpfungen ist. Erst war da der zweite Weltkrieg, dann wuchs eine Generation mit dessen Bildern aber ohne Feuergefechte und Vertreibung auf und dann brauchte eine Unterhaltungsindustrie Blaupausen für episches Kasperletheater. Der Konsument hier wiederum kam noch später und wurde erst mit den verwursteten Bildern gefüttert bevor ihm die Urmotive dargereicht wurden. Da ist Herr Vilsmaier freilich nicht dran schuld.

Wo bleibt die Unterhaltung? Das ist bei solchen Stoffen immer ein Ausloten der Tiefe: entweder man denkt, da ist ein authentischer Abgrund, etwas wichtiges und dunkles oder aber man denkt an AT-AT-Walker und Ewoks. "We are sliding down on the surface of things" sagte B. E. Ellis und mit dem Bezug zu Kälte, Finsternis und Einsamkeit im Konsum- wie auch im Schützengraben hat er immer noch recht. Geschichte ist seltsam und Filme darüber auch. "Just the facts, ma'am"? Nee.

11/25/2007

Possession, Neil Labute

Zwei Literaturwissenschaftler rekonstruieren die Art des Kontakts zweier toter englischer Poeten und nehmen darüber selbst Kontakt zueinander auf. Zwei Beziehungskisten entwickeln sich parallel und man kann dann als Zuschauer beim Vergleichen oft "Hach!" sagen. Die Bilder des 19. bzw. 20. Jahrhunderts gleiten wiederum zueinander wie akademisch Liebende das wohl täten.

Das Preisen der Literatur ist in Filmen generell recht knifflig. Wer lesen will, der soll es halt tun und keine Filme drüber schauen. Beachtenswert hierbei ist das hohe Maß an Bibliopornographie: altes Papier, bleiche Tinte, erhebene Handschriften und wuchtige Bände. Das macht freilich Sinn bei dem Thema. Jaja, schauen und lesen sind zweierlei.

Ansonsten ein mittelmässig spannender Film mit netten Bildern und zum Glück nicht zu lang.