6/29/2016

Herkunft, Oskar Roehler

Hier. Fast sechshundert Seiten und eben doch durchgehalten. Das ist ein Weglesvehikel, ein Bildungsromanepos mit zeitgeistigen Verweisen. Veränderte Namen, verstellte Stimmen, zerzauste Motivationen. Ach, Deutschland, du butterbetriebene feiste Blechente: trüb und stumpf gründelst du dich durch vergangene Schlacken.

Vielleicht war der aus diesem Roman resultierende Film, der am Konsumenten ganz zielsicher vorbeiveröffentlicht wurde, Sinn und Zweck dieses Textes - vielleicht wurde dieser Roman schon als Exposé eines Dreistundenschinkens für das modernde deutsche Kino (gähn) mit seinen Berbens und Bleibtreus geschrieben. Das könnte seine Aneinanderreihung von dramatischen Szenen erklären. Der Held ist das Ich und beide sind sehr unsympathisch weil erst ungeboren, dann unreif, und schließlich verwahrlost.

Manchmal haut Roehler Sätze raus, die eher putzig und trotzig als episch sind. So verhindert man zumindest eine unangenehme Nähe zu den Buddenbrooks. So bleibt man aber als Autor sympathisch. Trägt er seine Biographie spazieren? Schreibt er sich von ihr frei? Spielt er mit ihr und simuliert eine zivile deutsche Geschichte der Vierziger bis Achtziger? Kurzweilig ist das Ding auf jeden Fall, aber vermutlich nicht so zeitlos wie es Geschichtsschreibung an sich gerne wäre. Direkt beteiligte Personen mögen das Ding als Schlüsselroman lesen und ihre Freude haben. Als Durchschnittskonsument bekommt man immerhin ein paar eklige Menschlichkeiten um die Ohren gehauen.