10/19/2011

The Beaver, Jodie Foster

Hier. Das ist erwartungsgemäß ein kluger Film über eine furchtbare Erkrankung inmitten des engsten aller Räume: der Familie. Das Erfreuliche vorweg: Mel Gibson ist großartig und fähig und kann wahrscheinlich auch einen hinkenden Toaster mit Wucht spielen.

Die Grundbedingungen für die Diagnose der Erkrankung beleuchtet der Film nicht. Er setzt aber auch nicht auf sonst übliche melodramatische Rahmungen - das macht ihn wertvoll. Es fällt schwer, dem Film etwas vorzuwerfen - vielleicht die implizierte Heilung durch Liebe des Sohnes? Vielleicht die Therapeutenrolle, die er gegenüber seiner Freundin erfolgreich einnimmt? (Das kann sehr übel enden, man bedenke nur den feinen herben Antichrist. Autsch.) Das könnte etwas gewollt wirken, als Zeichen einer betulichen modernistischen Heilungsideologie.

Der Biber ist ein geniales Totem, power tool und Wahrzeichen. So kann man die Bühne des Filmes und die Bühne des Familienlebens hervorragend spiegeln und die Erkrankung zunächst nur unterhaltsam und dann doch bedrückend schildern.

Was ist mit der Hand? Klar, sie musste ab. Lebensbedrohliche Umstände erfordern lebensbeeinflussende Sanktionen. Außerdem darf dem Zuschauer kein leichter Ausweg gegönnt werden. Von wegen: huch, Reue, neue Pillen, Katharsis hier, Heulkrampf da, und alles ist wieder gut für immer. Ha! Das wäre ja noch schöner. Auch das Ende macht The Beaver richtig und gut.

Green Lantern, Martin Campbell

Hier. Ach, schade. Green Lantern ist ein einziger Trailer für einen Film, der dann doch nicht kommt. Atemlos hetzt der Protagonist durch die grüne Hölle, äh, Kraftfeltwelt und mit ihm das Zuschauerauge. Alles schön und gut, aber die Sympathie für die Geschichte bleibt auf der Strecke. An Reynolds liegt das nicht, er ist wie gewohnt einer der fähigsten Hollywoodarbeiter und füllt seine Rolle als zweidimensionale Comicfigur standesgemäß aus. Die Geschichte drumherum ist aber seltsam überfrachtet und hektisch dargereicht.

Frustriert wünscht sich (zumindest) der Zuschauer mit gewissem Vorwissen eine weitere Vorstellung der Schurken oder des Green Lantern Corps oder der Ordnung des grünen Universums oder, oder, oder. Vieles wird angerissen und angedacht um dann in Krach und Bewegung unterzugehen.

Vielleicht liegt das an der Schwierigkeit, Luftkämpfe kinematographisch abzubilden. Das Auge braucht einen reduzierten Raum, mit drei Dimension kann man schlecht mithalten. Muss Top Gun das Maß aller Dinge sein? Oh, bitte nicht. Vielleicht schafft ja Green Lantern 2 was Green Lantern 1, der abendfüllende Trailer, verspricht.

Thor, Kenneth Branagh

Hier. Das ist einer der rundesten Filme, die in jüngster Vergangenheit gesehen wurden. Die Optik ist ausgezeichnet: der dumpfe fantasy-Kitsch der Comics wird zeitgemäß ge-scifi-t und bedarf keiner Erklärungen. Selten sah der Kosmos so fein aus, bunt und schnell und für jeden Spaß zu haben. Was Green Lantern übertreibt schafft Thor mit Leichtigkeit: er findet das richtige Maß an CGI. Immer wieder gibt es erdende Szenen mit präzisen Dialogen, die zwischen den Spektakeln Schauraum schaffen. Nicht zuviel, aber immerhin.

Alle Archetypen sind vorhanden und Branagh hat die Shakespeare-Mechaniken freilich gut genug drauf um sich nicht im Ton zu vergreifen. Er versucht nicht, mehr Inhalt hineinzupressen als nötig. Frau Portman ist freilich hinreißend und zum Glück wird sie in dem Drehbuch nicht zum MacGuffin degradiert. Thor ist keine Comic-VERfilmung; Thor ist ein Film, der Motive einer jahrzehntealten (und teils sehr seltsamen) Comicserie aufnimmt und zu einem vergnüglichen Kinoprodukt der 10er Jahre formt.

Wenn die Avengers in dieser Bild- bzw. Tonart steigen wäre das mehr als erfreulich.

10/16/2011

A Good School, Richard Yates

Hier. Dieser Kurzroman vom immer noch spannenden Richard Yates ist ein Schnapsglas voller Verbitterung, Gram, und Verdruss und kommt ganz ohne süßlichen Abgang aus. Die Doppelmoral des Bildungsbürgertums wird in derben Bildern freigelegt: die menschenverachtenden Routinen in einer noblen Schule auf dem Land fahren sich fest und reißen sich los. Auf dem Weg werden einige Menschen zerknüllt und dem Sturm überlassen.

Der Klappentext will den Roman als Zeitdokument verkaufen: da wird von Pearl Harbor gefaselt und dass dies ein Großereignis für die halbwüchsigen und erwachsenen Zivilisten im Roman sei. Doch letztlich ist der Krieg hier nur ein weiterer mörderischer Mahlstrom da draußen, ähnlich wie die Sinnlosigkeit der (letzlich immer erzwungenen) Ehe und die unerfüllte Sehnsucht nach Heilung und Abstand.

Schlussendlich geht die Institution Schule selbst zu Boden, doch nicht aus den Gründen, die man ihr wünscht (Brandanschlag, Häftlingsrevolte, Erdbeben). Yates ist ein zorniger, erbarmungsloser und wunderbarer Autor.