4/26/2014

Prisoners, Denis Villeneuve

Hier und hier.

Hurra, Prisoners! Endlich wieder ein Krimi mit dem Geodreieck. Da kreuzen sich die Motivationen, da überschneiden sich die Ereignisse, hier führt eins zum anderen und dann in die Apokalypse.

Die Auflösung war gleichzeitig krude und glaubwürdig. Der moralisch-epistemologische Boden wird dem Zuschauer beharrlich unter den Füssen weggezogen. Es ist noch nicht einmal viel Platz für falsche Fährten, es geht voran, voran in diesem eigentlich recht langen Film. Die Hauptdarsteller geben sich keine Blöße und bieten vor verwaschenen Mittelklasse-Ruinen im Schneeregen glorreiche Versprengte und Verdammte.

Das darf Herr Villeneuve noch einmal machen ("Escapees"?! Hauptsache nicht "The Fugitive").

Shoplifting from American Apparel, Tao Lin

Hier und hier. Gibt ja einen kleinen Hype um diesen Autoren und seinesgleichen. Ob das gerechtfertigt ist, lässt sich wie immer nicht sagen, allerdings scheint HBO das auch mitbekommen zu haben: nirgendwo sonst wurde so oft an Lena Dunhams GIRLS gedacht wie hier. Die Lakonie, die Entropie, die Euthanasie (durch Belanglosigkeit).

Hier schwappen die entkräfteten jungen Menschen im neoliberalen Wasserglas umher. Sie fragen sich nie offensichtlich, ob das alles nicht schon mit Clerks oder Coupland oder eben Ellis für ihre Eltern getextet wurde. Hier ist das alles zumindest neu: die Einarbeitung von Email-Dialogen und text-messaging ist da nur rechtens.

Das Buch lag bei Urban Outfitters zum Verkauf aus. Hihi. So witzig ist Einkaufen oder dessen Gegenteil.

The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro, Marc Webb

Hier und hier. Eine der positivsten Überraschungen im Kino in den letzten drei Monaten - hier waren tatsächlich Fans beteiligt, die die tumbe Masse nicht vor den Kopf stoßen.

Rein mathematisch gesehen ist der Film freilich viel zu lang - aber durch seine nicht-überfordernde SciFi-Ästhetik und die ungelogen phantastisch sympathischen Hauptdarsteller vergeht die Zeit wie im Schwung. Ein schöner großer Sonntagsbrunch mit ordentlich Schinken zum Pfannkuchen. Lange lungern und sieben frische Kaffees trinken.

Und mit der letzten Szene kriegen sie einen freilich, denn da gibt es ein Kind, ein Abbild der emotionalen Popkonsumenten, das versucht des Helden Rolle einzunehmen. Seufzen ist das noch das geringste Geräusch vor der Leinwand. For the kids. Everything for the kids.

4/24/2014

Less Than Zero, Bret Easton Ellis

Hier. Der Klassiker wieder und wieder, durchgerissen wie ein Conan-Roman. Mittlerweile kommen einem die Charaktere, so flach und neblig sie auch gestaltet sind, bekannt vor. Na gut, man assoziiert mittlerweile Rollen mit Namen.

Mit großer Bestürzung wird das Alter dieses Textes zur Kenntnis genommen. Wie konnte das schon dreißig Jahre alt werden?

4/23/2014

Female Trouble, John Waters

Hier und hier. Dieses innig ziselierte Kleinod überrascht mit fein nuanciertem Charakterspiel und zarten Farben. Die zarten Farben zeichnen sich vor allem an wabbeligem Fleisch und kruden Gesichtsnarben ab.

Im Großen und Ganzen ist das natürlich die Quintessenz aller Probleme von und mit Weiblichkeit (und an und für sich auch überhaupt generell von allem). Grandios die Idee, sich selbst zu vergewaltigen und keinerlei Respekt vor ADHS-retardiertem Nachwuchs zu haben.

Wer John Waters nicht mag oder ignoriert muss drei seiner Filme ohne Pause anschauen.

4/21/2014

Carrie, Kimberly Peirce

Die insgesamt dritte Adaption, aber der Erstkonsum hier. Hier und hier.

Letztlich ist Carrie ein enorm einfacher Film, der in einer Zeit als häuslicher Horror erst durch Herrn King stromlinienförmig gemacht werden musste zu Recht entstanden ist. Er ist so dumpf wie der weiße Hai. Eine Teenager-Oper. Ein Treppenwitz.

Freilich wird hier das Vorgegebene verschärft, vor allem in Person der furiosen Mutter. Ja, Mama ist an allem schuld. Julianne Moore ist schon wieder eine Wucht. Aber Carrie wird von Frau Kick-Ass ebenfalls punktgenau dargestellt: erst verhuscht und dann an Tiefe gewinnend.

Jetzt muss sich noch jemand an ein vollkommen anderes Shining-Remake wagen und dann die beiden Filme in einem Universum ansiedeln. Danny meets Carrie à la Harry meets Sally.

The Heat, Paul Feig

Auch bekannt als "Taffe Mädels". Hier und hier.

Der Film könnte auch "LOL" heißen denn die beiden Heldinnen mischen das Cop-Buddy-Genre das schon bei seiner Geburt albern und klischeebeladen war sehr fein auf. Natürlich treffen sich zwei Gegensätze die sich dann ausgleichen. Natürlich wird ein wenig geweint und gescherzt und eine Hand wäscht die andere.

Aber nirgendwo wurde so wunderbar mit Messern und Telefonbüchern gearbeitet wie in diesem kurzweiligen Paradebeispiel für die Unsterblichkeit des Genres.

4/20/2014

The Sandman: Preludes & Nocturnes, Neil Gaiman

Hier. Konsum dieses ersten Teils einer anscheinend bestehenden Klassikers zog sich sehr hin. Der Schuldige ist schnell gefunden, und der ist der Zeichner: vielleicht passt so eine krude Linienführung in Magazine oder einseitige strips, aber ein mehrseitiges Epos wird mit dieser Optik spröde und langatmig.

Es kann nicht jeder Alex Ross sein, aber warum sollte man sich dermaßen um's Krumme kümmern? Der Protagonist kann nur dank seiner eindeutigen Frisur meistens identifiziert werden. Der Rest seine Welt versinkt in Zerrspiegel. Ja gut, das könnte passen weil es doch um Traumwelten und Halbwahrheiten und Randflimmern des Bewusstseins geht, aber diese Verwirrung ist erzählerisch kontraproduktiv.

Gaimans Geschichte ist freilich wie immer subversiv-düster-stimmig-humorvoll-mutig. Aber er kann über die Karikaturen nicht hinweghelfen.