5/02/2012

Müdigkeitsgesellschaft, Byung-Chul Han

Hier und hier. Jagut, eher ein Aufsätzchen als ein Buch. Aber teurer als so manche Räuberpistole. Der Autor zeichnet den Wandel vom immunologischen hin zum neuronalen Menschenmodell nach. Anstelle von Attacken durch Viren und Keimen und einem Außen stellt sich, da letzteres verschwunden ist, eine stetige Gefahr durch Ermüdung und Versteifung ein.

Schön ist freilich, dass Han in einer feinen und direkten Schreibe auch zu Melvilles Bartleby kommt und ihn dann nicht als Sündenbock oder Opfer oder Außenseiter anführt, sondern als Ermüdeten. Die Müdigkeit, gesehen als negative Potenz, ist ein mächtigerer Begriff als das ewige Beschwören des Anderen, Äußeren.

Ein läuternder Aufsatz und ein guter Kompass für Aufbrechende. Ist aber immer noch anthropozentrisch. Irgendwie bleibt Han verhegelt. Immer noch ist da ein Funke humanistischem Gebrumme drin. Eines Tages...

Jimmy Corrigan, the Smartest Kid on Earth, Chris Ware

Hier. Ok, das ist schwierig. Diese einmalige graphic novel ist teils nicht nur ohne Worte, sondern auch explizit gegen Worte: wimmelbildgleich werden da die Kästen nebeneinandergesetzt, winzige Bildausschnitte verbinden sich zu einem zweidimensionalen Großkomplex, und dann wird auch noch ein hochemotionales Epos erzählt.

Das sollen ja alle sogenannten graphic novels können: Text mit Bild verbinden. Aber Chris Ware, wohl in den Zeitungs-Cartoons erprobt, benutzt den strengsten Strich der Bildergeschichte. Diese Präzision zeichnet JC aus. Da sitzt jeder Gesichtsausdruck, jede Raumansicht.

Die Geschichte kann mit so einer fast schon manischen Genauigkeit ihre ganze melancholische Wucht entfalten und erzählt von einem Mann der irgendwie übrig ist und weder seiner Kindheit noch seiner Gegenwart entkommen kann. Diese zentrale Sache mit dem Vaterkomplex hat JC mit Star Wars gemein, sonst wohl wirklich und tatsächlich gar nichts.

5/01/2012

Source Code, Duncan Jones

Hier. Ja, ist ein kluger Mann, dieser Regisseur. Aber mit diesem Gyllenhaal-Vehikel hat er sich nur bedingt eine Freude gemacht. Was ist das für ein Film bis auf einen neuen Aufguss vom brain-in-a-vat, vermischt mit dem VR-Konzept?

Aufmerksamkeit verdient der militärische Komplex. Das ist wirklich stimulierend: wie gut und wie menschlich kann Datenerhebung sein, um das Wohl der Mehrheit zu gewährleisten? Wieviele Rümpfe braucht man für das menschliche Interface im terroristengeschüttelten komplexen System namens Echtzeit? Und wie ist das eigentlich mit den Soldatenkörpern: nur weil sie (noch) nutzlos nach ihrer Zerstörung sind, wer darf sie in Zukunft behalten? Kann restliches Nervengewebe bald einen taktischen Vorteil bringen? Drohnen, Drohungen, Drehmoment.

Immerhin: Next war noch viel schlimmer.