11/21/2010

Chronic City, Jonathan Lethem

Uff. Doch! Hier. Endlich wieder die letzte Seite eines Buches erreicht. Und wie war die Reise?

Der Titel hat den Konsumenten auf die Zeitmechanik-DonnieDarko-SeelenSciFi-Schiene gelockt. Schon falsch. So ist es ja nun einmal hier nicht, obgleich sich alles in einer Art Paralleluniversum abspielt: in einem trüben Moloch namens Manhattan mit seltsamen Einwohnern und noch infameren Namen. Ein Tiger gräbt sich durch die Schluchten und Starlets konspirieren mit Politikern. Lethem nutzt surreale Elemente, wie zum Beispiel auch in Gun with Occasional Music. Utopia, Dystopia - somit schifft der Autor in ähnlichen Gewässern wie Michael Chabon.

"Chronic" bezeichnet hier das Symptom einer kollektiven Geisteskrankheit, exemplifiziert an dem Über-Nerd Perkus, der sich am geistigen Schluckauf der Popkultur verhebt und dann an der physischen Variante zugrunde geht. Ein auf Marlon Brando oder antike Kelche (Gräle?) ausgelegter Fan-Kult zerstört da mehr als dass er hilft. Der Erzähler ist ebenso Fiktion wie die gesamte Stadt - er ist in eine verschollene Astronautin verliebt, die unerreichbar und engelsgleich Nachrichten aus dem interstellaren Minenfeld sendet (hier hat er von Coupland abgeschrieben). Jener Erzähler war einmal Schauspieler. Im Fernsehen. Metametameta.

So ist das mit Lethem. Pop wird nicht groß oder sonstwie geschrieben sondern ist längst in die Zeilen eingesickert. Keiner entkommt dem Jahrmarkt der Nichtigkeiten - die einen bauen sich eine Hütte und die anderen genießen das Wetter. Der Leser beobachtet beides.

Kurzum: die Reise war lang, aber keineswegs so erhaben wie bei Motherless Brooklyn oder der Fortress of Solitude.