11/29/2011

Black Hole, Charles Burns

Hier. Wenn man graphic novels liest und dabei keine Umhänge und Ikonen sehen will, dann sollte man trotzdem nicht zu Black Hole greifen. Denn es ist heftiger als es den Anschein macht. In aller Bescheidenheit und mit sattem Schwarz beleuchtet es eine alptraumhafte Adoleszenz in den 1970ern, in der die Körperlichkeit zum Horror gerinnt.

Denn man kann den Titel dieses Werkes nicht unterschätzen. Es sind schwarze Löcher, die hier vorkommen und sich als Mitte konstituieren. Ein Dunkles, ein Inneres, ein nicht nur intrauteriner (Ab- und Un-)Ort. Enorme Schwerkraft baut sich auf und dort drinnen wird etwas ausgebrütet, etwas wächst in der Finsternis und es hat nichts mit kollektiven Eschatologien zu tun sondern mit dem individuellen Zerfall.

Im schwarzen Loch und drumherum ist Bewegung. Die peer group folgt einem unauslöschlichen Ideal und lässt die Freaks in der Dunkelheit verkommen. In Höhlen und Körperhöhlen verbirgt sich das Unheimliche, das was dem Heim am fernsten ist.

Black Hole überrascht und niemand darf es je verfilmen.

11/27/2011

Bright Shiny Morning, James Frey

Hier. Frey hat ein Panorama geschrieben. Sein knappes Dutzend Protagonisten bevölkern Los Angeles, unmöglicher Moloch ohne Horizonte am Pazifik, und ziehen in der urbanen Ödnis ihre Kreise. Freilich sind sie alle unterschiedlich. Das Latina-Hausmädchen und die Filmdiva, der superreiche Hedonist aus Beverly Hills, das mittellose High-School-Pärchen aus dem Hinterland. Teils kreuzen sich Wege, teils laufen sie parallel.

Frey hat den Roman in seinem bewährt minimalistisch-treibenden Schreibstil gehalten und füllt die fünfhundert Seiten souverän aus. Angereichert hat er seine Breitwand-Mär mit Fakten und Episoden aus der kalifornischen Geschichte; knapp gehalten sind sie, damit sie in das Mosaik passen. Mit der Absicht, das Große Ganze zu beschreiben soll sich eine Ästhetik des Erhabenen einstellen - und das tut es sogar. Da der Autor keinen der Charaktere zu bevorzugen scheint und seinen Roman so effizient aufgebaut hat steht tatsächlich Los Angeles in aller Pracht an zentraler Stelle als ein Un-Ort, der eigentlich so nicht funktionieren dürfte.

Barton Fink, Ethan & Joel Coen

Hier. Da schaut man hin, weil man es nicht glauben kann. Seltsame Gestalten residieren im kalifornischen Niemandsland und versuchen sich in einem seltsamen Wirtschaftszweig namens Filmgeschäft. Und am Urmaterial hapert es: der gestrandete Barton Fink hat eine Schreibblockade, die ihn langsam um den Verstand bringt. Er hat zwar viele Ideen, aber er füllt eher seine Gegenwart als das weiße Blatt vor ihm.

Barton Fink ist so vieles: kompaktes Zimmerdrama, paranoide Spannung, schaurige Menschenschau und beige-gelb-sonnige Unterhaltung. Als Film über das Filmen sind die behandelten Themen freilich gigantisch und kommentieren das Medium selbst. Denn schlussendlich geht es um den Film, der in den Köpfen spielt und wenn Barton seinen eigenen verliert und vermutlich einen zweiten zur Aufbewahrung bekommt, dann fällt das kalifornische Kartenhaus zusammen. Fein.