9/30/2010

Inglourious Basterds, Quentin Tarantino

Hier. Außerhalb des PR-Rummels, der bei der Erstemission nötig war, ist das Ding immer noch super. Befreiend wird ein unfeines Gleichnis über Filme, Menschen und Rache gedichtet. Deutschlands Anti-Elvis ist endlich Imperator im Sinne von Endgegner und keiner der beteiligten Schauspieler missversteht die Art des Filmes, der hier gedreht wurde.

So hätte es Tarantino wohl gern und es hat ja auch etwas Rührendes: Es dichtet sich alles im Kinosaal zusammen, auf diesem ultraflachen Stoffteil, das Leinwand heißt und die sogenannte echte von der sogenannten fiktiven Welt trennt. Wer die Welt verändern will, der muss es im Kino machen und dabei den Bildschirm, den Bilder-Schirm, das, was die Bilder (oder die Bebilderten) abschirmt, zerstören. Ratatatata macht der Filmprojektor und auch die Maschinenpistole. Bilder wie Kugeln. Und wie immer: "Bingo!" Nummern aufrufen, notieren, vergleichen, nach vorne kommen.

World War Z: An Oral History of the Zombie War, Max Brooks

Hier. Das Ding wurde Gerüchten zufolge bereits erfolgreich in Hollywood herumgepitcht und wird bald das Kino erfreuen. Gut so.

Denn dies ist eine Dokumentation aus der Zukunft, die in Episoden und Mini-Reportagen das Überleben der Menschheit gegen die schlurfenden Massen beschreibt. Die Seuche kam aus China und richtete einiges an: Minenräumroboter wurden zu Schädelbruchmaschinen, Napalm wurde zu teuer um ein ganzes Stadtgebiet von Zombies zu säubern und Russland ist zu einem Gottesstaat mit maximaler Hygiene geworden. Die US Air Force bekam Probleme, da dieser Feind sich nicht an übliche Taktiken hält und partout nicht fliegen kann.

Schießbudenfiguren sind für die Unterhaltung ja immer wichtig - aber die wandelnden Toten (egal ob nun durch Biotechnologie oder Voodoo-Fluch erweckt) sind mehr. Das meme des Zombies überlebt weiterhin und bekommt in jeder Dekade neues Futter. Es kriecht vorwärts, auch wenn ein Panzer längst den Torso halbiert hat. Das Z-Prinzip eignet sich herrlich dazu solche Komplexitäten wie Globalisierung, Massenbewegung und Konsumkultur zu bewältigen. Die Farbe Z kann das unvorstellbare des Genozids, der erst im letzten Jahrhundert so enorm effizient durchführbar geworden ist, bequem und oberflächlich zu illustrieren und verdaulich zu machen. Denn ohne Verdauen kein Weiterfressen und letzteres ist oberste Bürgerpflicht.

Damit macht der Zombiemythos das gleiche wie die Maschinenparks des Multimedialen Journalismus - und Brooks' Buch lebt davon: alle kennen diese Stimme des Reporters, diese fragmentierte Form der Medienwirklichkeit. Letztlich schreibt er ein Buch von allerhöchster Romantik: es gibt nicht einen Helden, sondern die gesamte Spezies kann sich durch diesen Feind einen. Massen sterben, doch die Überlebenden werden durch Menschenblut und Zombieeiter reingewaschen und fitgemacht für eine Zukunft, die zumindest das Problem der Überbevölkerung wieder ein paar Jahre lang ignorieren kann. Endlich können die Reporter etwas Einheitliches berichten und eine kulturstützende "große Erzählung" weben.

Brooks hat schon den Zombie Survival Guide mit nützlichen Tipps für das Beschützen des Zivilisationsprojekts verfasst. Das wird schätzungweise nächste Woche sehr wichtig werden, wenn das Internet zusammenbricht und die Kanaldeckel sich heben und Flugzeugwracks die Innenstädte verstopfen.