3/12/2009

Gran Torino, Clint Eastwood

Was gibt es über den späten Herrn Eastwood zu sagen, außer dass er großartig ist? Gran Torino ist ein herrlicher Film: er ist eine Ode an das Kino, an die Menschen, an alte Grantler, an schöne Autos, an die Irritationen durch Hautfarben und kluge Drehbücher.

Die Scherze in diesem Film sind keine: sie sind lebendige Kommunikation. Gran Torino ist keine Komödie und auch keine dieser Robin-Williams-Humanismus-Klamotten sondern ein Film voller Wahrhaftigkeit und unangestrengter Anmut. Mehr davon, bitte.

3/10/2009

The Gone-Away World, Nick Harkaway

Noch ein Vatermotiv: John le Carré ist zu nennen. Von dem wurde bisher noch nichts konsumiert. Also?

The Gone-Away World ist zweifellos ein sympathischer Roman mit drolligen Einfällen und wilder Aktion. Hauptgrund für den Konsum war das Versprechen, dass hier SOWOHL PIRATEN ALS AUCH NINJAS auftauchen (!). Da die binäre Entscheidung zwischen diesen beiden Avataren für die effiziente Unterhaltung ungemein wichtig ist, musste also dieser Text her.

Aber der Roman enttäuscht tatsächlich. Es gibt zwar Ninjas und Piraten, aber die verschwindende Welt, die in einem realitätsverschlingenden Armageddon zerkrachte und nun von diversen Mad-Max-Matrix-Mutanten bevölkert wird, bleibt sonderbar flach. Harkaway hat Douglas Adams gelesen und wendet ihn in einer Dan-Simmons-Cinemascope-Breite an. Das funktioniert aber nicht. Außerdem ist zu bemängeln, dass das so wundervolle, markerschütternde, speichelreizende Konzept der Noosphere nur am Rande erwähnt wird. Wie kann man nur an so einem Thema so leise vorbei gehen? Ein spaßiger Zeitvertreib ist der Roman allemal, aber wer Snow Crash und Blood Music schon kennt, mag ein wenig gähnen.

Das Drama des begabten Kindes, Alice Miller

Dieses längere Essay ist das erste Werk von Alice Miller, die sich in den 1970ern als Therapeutin zurückzog und als Autorin zu arbeiten begann. Sie berichtet von sonderbaren Menschen, nämlich Kindern. Für Laien (Konsumenten und Gräber) ist der Text sehr verständlich geschrieben.

Miller meint, dass Kinder für sich selbst "sein" wollen. Sie streben eine Selbsterfahrung an und wollen sowohl in Momenten der Wut als auch in der Harmonie bestehen, ohne die Sicherheit des Nestes zu riskieren. Sie brauchen diesen Freiraum, um zu ihrem Selbst zu gelangen, zu der Person, die sie wirklich sind. Eltern, die sich selbst als brüchig und unvollkommen empfinden, übertragen dies auf ihre Kinder und transformieren sie zu kleinen Liebesmaschinen. Sie reagieren dramatisch, wenn das Kind sich Trotz und Eigenheiten erlaubt und nicht am Seelenheil (vor allem) der Mutter "mitarbeitet". Ein kindlicher Freiraum kann nicht geduldet werden. Die Fürsorgenden sind sich in ihrem eigenen Selbst so unsicher, dass sie ihre eigenen Kinder einem unmerklichen Drill unterziehen und selbige somit von einem Erlangen ihres eigenen Selbst hindern.

Miller vertritt somit die These, dass sich persönliche Defizite vererben. Die (Ur-, Urur-) Großeltern stehen also in einer kausalen Beziehung zum Aufwachsen des Kindes. Das sogenannte begabte Kind ist ein fleißiges - es lernt schnell, was für den inneren Frieden der Mutter nötig ist, sei es Darmkontrolle, leise sein oder lesen. Das Kind wirkt artig und begabt, doch es ist eigentlich ein (wörtlich seelen- und selbst-loses) Werkzeug der schwachen Mutter für sich selbst.

Miller spricht in ihrem Drama nicht von aktiver, bewusster Erziehung, eher von einem schleichenden und sich-einschleifenden Prozess. Es sollte aber bemerkt werden, dass sie die aktionistischste aller Erziehungsformen, nämlich Schläge, rigoros ablehnt. Sie sieht eine gewaltsame Erziehung als Hauptgrund für Gewalttätigkeiten bei Erwachsenen gegen sich und andere. Werden die Eltern von Tim K. also des vielfachen Mordes angeklagt werden?

Die Idee einer Genealogie der unvollkommenen Seele wird sichtbar.

Außerdem wird überhaupt so ein Ding wie Seele in dem Unwort "Selbst" zumindest spürbar: Miller scheint wirklich zu glauben, dass die späteren Konsumenten authentische, endliche und zur Freiheit fähige Individuen sind! Ein nahezu unheimlicher Gedanke.

Miller ist freilich auch online.

The Zombie Diaries, Kevin Gates & Michael Bartlett

Diese Zombies sind langsame Zombies. Kein hektisches Gefauche, sondern hungriges Geschlurfe gibt es hier. Außerdem ist dieser grundsympathisch preiswerte Film mit Wackelkamera und Egoperspektive gefilmt, bekannt aus Blair Witch oder REC (auch hier eher fixe Hungerleider in der Hauptrolle) oder Cloverfield.

Genauso gruselig wie die steadygecamten Zombies ist England. Ah, das Landleben mit Linksverkehr wirkt schon von allein ein wenig bedrückend. Wenn dann auch noch die fröhlich feixenden Briten und Britinnen fehlen (alle angefressen/hungrig), kann einem schon das Lachen vergehen. The Zombie Diaries ist ein sorgfältig gemachter und bedrückender kleiner Film über das Ende der Welt am Ende der Welt.

Underworld: Rise of the Lycans, Patrick Tatopoulos

Nach zwei erfolgreichen Teilen muss der dritte Teil wohl kaum mehr erklärt werden. Werwölfe vs. Vampire eben, was soll man dazu noch sagen? Doch nein! Dies ist ein Prequel und erzählt die Vorgeschichte, auf die in den beiden früheren Teilen verwiesen wird. Wie immer kämpfen hier zweierlei Arten von Gebissen gegeneinander, das eine auseinandergerissen und animalisch und hektisch und das andere distinguiert, aristokratisch und berechnend. Ein Ideologie-Konflikt, quasi: die einen leben heulend für die Gegenwart, die anderen feilen an einer Bewahrung von Tradition und Zukunft.

Underworld 3 ist ordentliches Popcorn-Brüllkino, allerdings ist es weniger ekstatisch-bekloppt als Van Helsing und einen kleinen Hauch zu monochrom in der Optik. Ein Fehler ist die Besetzung des wolfmenschelnden Hauptdarstellers: erst mit animiertem Fell gewinnt er an Spieltiefe. War das Absicht?