11/12/2008

Ein Quantum Trost, Marc Forster

Eine gelungenes Sequel vom Franchise-Reboot in Form eines Prequels. Die leichten Zitate vom Bourne-Zyklus sind keine Kopien sondern Zeichen einer aktualisierten Standard-Optik des Krawallkinos.

Craig ist eine angemessen coole Sau aber trotzdem wird man sich in öffentlicher Gastronomie wohl nie den Stammdrink seines alter egos bestellen, denn da schämt man sich schon irgendwie. Die Aura dieses Getränkes kann wohl keiner retten.

Der nächste, bitte. Och, böööttöööö!

Shotgun Opera, Victor Gischler

Die Schusswaffe an sich ist ein herrliches Ding. Sie ist eine Maschine, die EVENTS produziert. Entscheidungen fallen im Bruchteil einer Sekunde. Der Zeigefinger ist Fokus absoluter Kontrolle der Situation (wenn nicht andere mächtige Finger in der Nähe sind). Einen kleinen Funken dieser göttlichen Aura kann man auf den Seiten der Hersteller erahnen, etwa hier.

Shotgun Opera ist also eine Huldigung des Schießens und der Schützen. Halbweltlich verstrickte Charaktere müssen sich wehren, rächen und festhalten. Es werden Hubschrauber und Füße abgeschossen. Die Unterhaltung stellt sich ein, wenn auch nur für kurz denn die Handlung ist wahrlich einfach. Sympathisch ist das alles schon: der Roman macht einen hoffen, dass man mit Herrn Gischler vielleicht einmal einen schwarzen, schwarzen Kaffee (ohne Zucker!!) trinken kann. Ist bestimmt ganz ein feiner Konsument und Fan.

Closer, Dennis Cooper

Cooper war schon da, von wo Bret Easton Ellis Postkarten (jagut, und somit auch die wichtigsten Romane der Endzeit des 20. Jahrhunderts) schrieb. Ist das die Avantgarde, die dann in den Hype gewuppt wurde? Closer ist der erste Teil einer Pentalogie und entstand lange vor dem grandiosen The Sluts. Freilich geht es auch hier körperlich-herb zu: eine Schar Heranwachsender erforscht und erweitert die eigenen physischen Grenzen mit Substanzen, Gegenständen und -einander. Für den Normalkonsumenten ist dies eine schmerzhafte, ekelhafte und verstörende Erfahrung, doch wenn man Harmony Korine kennt und zumindest seine Relevanz anerkennen kann, dann beeindruckt Closer ebenso wie The Sluts. Nach der Lektüre hat man (abermals) verstanden, dass Schmerz letztlich auch nur ein Feedback unter vielen ist und das Masochismus ein Wort ist, das vorwurfsvoll und falsch gebraucht werden kann, weil es die Dimension des Vergnügens (noch so'n Wort) nicht beinhaltet.

Sprachlich-körperlich wird von Cooper eine Grenze beschritten und dieses Unterfangen ist freilich deckungsgleich mit der Ära der Adoleszenz. Doch selbst diese Gegenüberstellungen sind letztlich nur Hilfsmittel: Spreu/Weizen, Liebe/Geilheit, männlich/weiblich, Opfer/Täter, enthusiastisch/pervers, Horror/Porno. Und wieviel Seele steckt im Rektum und gehört sie denn da hin und gibt es sie eigentlich überhaupt?

Cooper mag vom potenzierten Punk getrieben sein, welcher oftmals (damals) als sogenannter Grunge wahrgenommen wurde (jedenfalls auf dem Musikmarkt). Der Imperativ "Touch me, I'm sick" wurde vorm Kloposterspruch "I hate myself and I want to die" ausgestoßen.

Die nächsten Teile der Reihe sind vorgemerkt und harren ihrer Verschlingung in vorsichtigen kleinen Portionen.

11/11/2008

Der Baader-Meinhof Komplex, Uli Edel

Welch barbarische Zeiten: die rauchen ja alle! Hat man das damals wirklich so getan? Quarzen in allen Lebenslagen? Da wedelt man ja schon im Kinosaal fast automatisch drohend mit der Hand und hustet laut und gerichtet.

Es muss, es muss. Der Film ist ganz logisch, denn nachdem die Reißerqualitäten des Bonkers so gut zwischen Grusel und Ehrlichkeit im Kino funktionierten muss auch dieses Geschichtskapitel dran glauben. Man muss auch ans Exportgeschäft denken und an die Feuilletons: die müssen ja Seiten mit dem Kino füllen denn es liest ja keiner mehr (und die Zeiten sind schlecht und der Untergang ist nah und so weiter) monosensuale Bücher. Dann fühlt sich der eine verschaukelt, der nächste verkannt und dann kann wieder eine Kalenderwoche mit "Ja, damals..."-Gedudel gefüllt werden.

Rasant ist der Film, und trotzdem lang. Das merkt man nicht und so kommt man zum adjektiv "kurzweilig". Huch! Ist dieses Wort denn richtig hinsichtlich eines historisch so finsteren und komplizierten Themas wie die Gewaltspirale einiger satter Kinder des Westens? Somit ist ein wichtiger Schritt zur kollektiven Verdauung der Vergangenheit getan.

Und allen betroffenen Oberstüfler, die im Plenum des Religionsunterrichts so gern mit ihrer erwachenden Betroffenheit angeben wollen mag man sagen: das ist kein Dokumentationsfilm, hier gab es Stuntmen (und -women! Uh, was für biestige Feminität hier überhaupt dargestellt wird!). The revolution will not be televized und in der Oberstufe wird sie wohl als letztes ankommen. Prost und Bang-Bang!