2/10/2012

Protagonist, Jessica Yu

Hier und hier. Ach wie fein, endlich was für den Kopf - den männlichen Kopf!

Männliche Biographien werden im Wechsel verglichen und mit diversen Begriffen als allgemeine Lebensstationen definiert. Dabei ist das ganze teils recht intellektuell aufgeladen und teils einfach journalistisch interessant, da jeder der vier "Protagonisten" ein durchaus durchdenkenswertes Leben gehabt hat. Der Film hilft, den Begriff der Adoleszenz zu erweitern. Fraglich nur, ob das auch Sinn macht und ihn nicht eigentlich nur aushöhlt.

Assoziationen mit Campbells Hero with a Thousand Faces und Blys Iron John können kein Zufall sein. Allerdings setzt Yu souverän auf antike Stoffe und versetzt ihre Interviews mit Puppenspielsequenzen (!). OK, das sieht ein wenig aus wie ein kommentiertes Tool-Video. Sei's drum. Avatar, Quest, Protagonist, Plot - alles wichtige Begriffe zwischen Unterhaltung und Sinnproduktion.

2/08/2012

American Horror Story, Season 1, Ryan Murphy & Brad Falchuk

Hier und hier. Genüsslich wird das Genre für's Fernsehen heruntergebrochen. Das liegt höchstwahrscheinlich am noch immer überraschenden Erfolg von AMC's The Walking Dead.

Die Schlüsselelemente sind jedem aus einen EA-Poe-Einführungsseminar oder zwei bis drei Folgen Twilight Zone bekannt: das Haus soll für eine Familie ein Ort der Ruhe und des nachhaltigen Wachstums sein doch es ist infiziert mit Unmoral und Niedertracht in einem letztlich recht verwirrten bürgerlichen Amerika. Somit bekommen die menschlichen Bewohner es mit allerlei Grundsatzfragen zu tun und setzen sich emotional und rational zur Wehr um schließlich doch nach der Pfeife der Verlorenen tanzen zu müssen. Recht so.

Die letzte Folge lässt eine gute Serie sehr gut werden - diese Konsequenz der Produzenten war vorher nicht abzusehen.


2/06/2012

Horseman, Pass By, Larry McMurtry

Hier. Der Titel schraubt ja schon einmal die mystische Vorabverklärung voran: einer der apokalyptischen Reiter soll den Sprecher verschonen und er formuliert diese bitte in einem Gebet. Doch weit gefehlt! Der kleine Roman ist viel mehr Kartoffeln und Bohnen als gedacht. Die Ranch geht nämlich aufgrund der Maul- und Klauenseuche fast zugrunde und die alte Generation scheint damit nicht fertig zu werden. Der verzogene Nachkomme, der finstere Prinz, hat keinerlei nachhaltige Absichten und vervollständigt den Ruin durch sein eigenes ungutes Handeln.

Es stellt sich die Frage nach Art und Weise des Niedergangs: ist es biologisch-medizinisch und gewissermaßen vom Wetter abhängig oder ist es die Niedertracht der Menschen, die stumpfe Gier der neuen Generation entwurzelter Amerikaner, die eine lebenswerte Gemeinschaft vernichtet? Der jugendliche Erzähler hält sich vortrefflich zurück mit seinen Einschätzungen und berichtet die recht schusswaffenfreie Handlung mit atemloser Verzweiflung. Er wird sich demnächst entscheiden müssen ob er sich nach am Ethos des toten Königs oder an der Kühnheit der Freibeuter orientiert.

McMurtry hat nicht nur Lonesome Dove geschrieben und an Brokeback Mountain mitgearbeitet sondern hat schon mit diesem Debüt glorreich abgeliefert. Übrigens wurde HPB auch als "Hud" verfilmt, und zwar mit Paul Newman.

2/05/2012

Boardwalk Empire, Season 2, Terence Winter & Nelson Johnson

Enorm. Hier die erste Staffel. BE kann man gar nicht unterschätzen. Hier kommt die geballte Erzählmacht des Fernsehens zum Einsatz, hier wird CGI sinnvoll eingesetzt, hier stehen Historiker in Lohn und Brot um die Zeit der Prohibition so wuchtig wie möglich darzustellen.

Diese Serie ist äußerst gewalttätig in symbolischer und materieller Hinsicht. Die Figuren sind allesamt Zivilisten doch bewahren sich ihre potentielle Monstrosität. Ausbruch und Einbruch sind stets möglich und der Konsument ist gebannt von dieses dunklen, spröden Innenräumen mit unglaublich unbequemen Heizsystemen und ganz ohne Fernsehapparat in der Ecke. Der Konsument stellt einen schaulüsternen Masochismus an sich selbst fest: das Zerlegen von KKK-Schergen und anderem Abschaum schreckt ab und erfreut zugleich. Im sprichwörtlichen BE liegt so viel Gewalt in der Luft dass es knirscht und zerrt. Beim Konsum wurde oft gerufen und gefiept.

Das Finale dieser Staffel entsetzt. Nach einer Orgie an (Selbst-) Zerstörung fliegt dem Konsumenten das kleine bisschen Behaglichkeit um die Ohren. Da kommt die Gewalt in mehrfacher Hinsicht zum Tragen. Die Figuren werden entlarvt als ineinander verkeilte Zwangstäter, die nur oberflächlich durch das Medium Alkohol als Schmuggelware miteinander interagieren.

Ganz großes Tennis, äh, Kino... äh, Fernsehen.