8/22/2007

Fantastic Four: Rise of the Silver Surfer, Tom Story

Jaja, sie streiten sich; ja, sie sind celebrities; ja, die Scherzchen sitzen und die Effekte auch. Die Fackel fackelt und das Ding dingt, alles klar. Stan ist auch da. Wie gehabt. Gut, gut.

Kommen wir zum Wesentlichen: HEIL DEM SURFER IN EWIGKEIT! Nur wenige können das Zittern im Nacken nachempfinden, welches manchen Leser der Comics beim Anblick des extradimensionalen Messias befällt.

Zunächst mal sein Chef. Galactus ist das, wofür ihn immer alle hielten: eine planetengrosse Bedrohung, die materiegewordene Heimsuchung des Sonnensystems. Das ist der exponential verstärkte alttestamentarische Gott, der die Opferung von Söhnen fordert, nur um mal eben den Glauben zu testen. Das ist der Gott, der die Menschenpest ersaufen liess. Doch er ist auch viel mehr. Er ist getrieben von Hunger: nicht die Läuterung des Menschen sondern der eigene Konsumbedarf treibt ihn voran, er ist jenseits von Frevel und Gottesdienst und schluckt den ganzen Mist einfach hinunter, ein leises Glühen von Sternenstaub hinterlassend. Im luftleeren Raum hört man dann nicht mehr das Röcheln der Fleischlinge.

Von Galactus sieht man nur kurz einen Schatten, und das ist fast schon zu viel für einen Film.

Der Surfer hat sein Board wie Christus sein Kreuz. Doch wo letzteres ein Symbol für das Ende ist, so ist das Sportgerät das Sinnbild von Bewegung - die ewige Welle treibt ihn voran, eine Kraft ist unter ihm. Die Apokalypse folgt IHM. Der Surfer wird von der Weltenwelle nicht weggespült, nein: er reitet sie, er setzt ihr Hörner auf. Als Catrina New Orleans verschlang, gab es in Portugal eine geile Brandung. Die Schreie der Versinkenden dringen da nicht hinüber, sie verlieren an Substanz und Relevanz.

Der Surfer reflektiert seine Umgebung. Was um ihn geschieht, wirft er zurück. Er ist pupillenlos und hat das Ende von tausend Welten gesehen. Er hat auch keine Ohren, um besagtes Wehklagen zu hören (und zwischen den Beinen scheint auch nichts, somit ist dieses Thema auch irrelevant). Der Silver Surfer ist unbeindruckbar. Er ist stärker als der Hulk und über das Spinnen von Netzen erhaben.

Alles was er hat ist sein Board und sein Job als intergalaktischer Hiob.

Die Story ist egal, der Surfer ist alles. Planeten zählen gar nichts, wenn man nur ein bisschen so sein kann wie er.

Jederzeit, Surfer, jederzeit in Ewigkeit.

Amen.

8/21/2007

Touch of Evil, Orson Welles

Sobald man Citizen Kane sah, fragt man sich, warum man das nicht längst tat. Welles Kamerasprache ist einzigartig, auch heute noch. Plakativ benutzt er Winkel und ungewöhnliche Perspektiven. Somit machte und macht er die kinematographischen Sehgewohnheiten des Konsumenten deutlich.

Bei Touch of Evil ist das wunderbarerweise genau so, obwohl Welles sich im Vergleich zu Kane wohl etwas zurücknahm. Dies mag darin begründet sein, dass es sich hier um einen Genre-Film handelt: Touch of Evil ist noir fiction. Hier kamen Bogarts Brauen erst richtig zur Geltung und die Femininitäten waren oft fatal. Zuviele Experimente würden hier die Klischees aufbrechen, die so nötig sind und ihren eigenen Charme (ein vollkommen anti-noir-iger Terminus) entwickeln.

Als Grundthema mag man den Begriff der Nähe nennen: die blonde Frau (Janet Leigh, adrett und kompetent) ist den Verbrechern nah und fühlt sich unangenehm berührt (ge-touch-t eben) - sie könnte gehen doch bleibt. In den furchtbar einsamen Motel (Norman lässt grüssen) ist sie dem Rocknroll-Gejaule von Außen ausgesetzt und hört durch die Wand das warnende Flüstern. So nah und doch so fern. Heston ist der zivilisierte Mexikaner, der viel edler erscheint als sein gesetzbiegender weisser Antagonist - durch seine (obskur angeschminkte) Hautfarbe macht er sich im Grenzland verdächtig. Ausserdem hat der Caballero eine weisse Frau geheiratet - eine unerhörte Intimität. Der Showdown wird auch von der Frage der Nähe getragen: er findet auf einer Brücke statt, einer Verbindung zweier Welten. Das geographische crossing wird mit dem Weg vom Verbrechen zur Aufklärung selbigem versinnbildlicht. Ausserdem hört Heston eine Wanze ab, welche Welles überführen soll. Kommt er zu nah, hört dieser ihn - ist er zu weit weg, verliert er das Signal. Keep your distance, don't let go, watch your step. Das ist noir, Gestöber im Dunkeln, in Perfektion.

Welles selbst ist ein Bollwerk voller Häme und Gier, ein schmieriger Brocken voll Misanthropie und Zynismus. Er ist unbeschreiblich - und weiss es. Und die Dietrich ist es auch. Welch sonorer Akzent! Danke auch dafür.