7/25/2014

Dark Property, Brian Evenson

Hier und hier. Blood Meridian erreicht die Humanistenkeller und erschüttert das Gutmenschgekröse in den Gummibooten abseits der Wellen. Dark Property wird von denen gelesen die auf dem Dachboden versteckt sind oder auf dem Meeresboden liegen.

Eine archaische Geschichte aus der gegenwärtigen Endzeit, ohne die ganzen allegorischen Schnörkel und das Gewinsele der Spezies-Liebchen: eine Frau trifft einen Mann. Erst mit Steinen, dann nicht mehr. Mann packt sie in einen Sack und will sie verkaufen.

Es werden auch Zigaretten geraucht und es erscheinen auch seltsame Phantome: ent-individualisierte Bürokraten, die beharrlich zur Volkszählung anheben.

Der einmalige Evenson zeigt wie wenig Literatur braucht und wie viel Worte anrichten können - sein Wortschatz ist dabei so zerbrechlich wie die Fossilien unter dem Wüstensand der Protagonisten.

Snowpiercer, Joon-ho Bong

Jawohl, jawohl! Hier und hier. Ein herrlicher, kluger, konsequent erzählter und optisch innovativ gefilmter Triumph. Man kann mit der großen Humanistenschaufel dahergehen und freilich Zombie-Marx jagen/anfeuern oder aber das Aktionskino genießen. Die zweidimensionale Anordnung der Geschehnisse lässt freilich an die grandiose Szene aus Old Boy denken, die viele Stuntmenschen und einen Hammer beinhaltete. So muss Film sein: keine Adaption irgendeiner sonstwie klugen Kiste sondern selbstbewusst und kühn. Nicht eine einzige Szene ist hier eine Wiederholung. Snowpiercer ist eine stetige Überraschung. Freier Fall, quasi.

7/22/2014

Criminal, Ed Brubaker & Sean Phillips

Das hier noch einmal. Und wieder fällt zuerst Sin City als unfairer Vergleich ein: auch graphic novel, auch diegetisch begrenzt. Aber welches Noir-Vehikel ist das nicht? Die Geschichten flankieren einander und Biographien verschmelzen zu einem großen finsteren Scheitern. Nüchterne Linienführung lässt darauf hoffen, dass Filmemacher sich dieser Epik annehmen.

Latter Days, C. Jay Cox

Hier und hier. Drama, Romanze. Zwei Romeos können nicht zueinander kommen da die Lebensstile zu unterschiedlich sind. Strandschlampe und Mormone brauchen anderthalb Stunden und weite Reisen, um sich dann im Schnee zu finden. Das funktioniert als dummer Liebesfilm, aber auch als unhysterische Unterhaltung. Man sieht das überschaubare Budget an der konservativen Kamera und den Bauten, aber die Dialoge sitzen und funktionieren - nicht bloss um irgendwelche Scherze unterzubringen. Die Schauspieler sind größtenteils erfrischend unbekannt. Warum blieben die das eigentlich?

We the Animals, Justin Torres

Hier. Eine Novelle! Ein Text zum sofortigen Verschlingen, hier trotzdem in zwei Zügen genossen. Und bei der zweiten Portion kam die erste fast wieder hoch, denn das Ding dreht sich um 180 Grad, so scheint es.

Der Titel ist so weise, so prägnant, so genial wie nur irgendetwas: erst die Meute von kleinen Brüdern, einmalige Sprache und eindeutige Perspektive auf Eltern und einander und die Umgebung. Dann die Aussonderung, die Ablösung, die Erstarrung.

Tiere brechen Herzen, Tiere fressen Herzen, Menschen lassen alles verkommen. Es ist egal wie fröhlich ein Kind lacht, irgendwann liegt die gealterte Kreatur in der kalten Finsternis und speichelt auf den Boden.

The Beaver, Jodie Foster

Hier. Zunächst wurde das Ding im Kino gesehen, und da funktionierte es auch ganz gut. Jetzt, nachdem gefühlte siebentausendundvier Prozac-Geschichten konsumiert wurden, erscheint der Biber wie eine zu geradlinige, manchmal unangenehm rührselige Weissbrot-Geschichte, die keinerlei Einsichten oder Provokationen enthält.

Der Biber ist ein Bonus, ähnlich wie Alf, der die Allmacht der Familie nur erneut beschwört und dann bestätigt. Die Hauptdarsteller sind sympathisch und die Leichtbauweise amerikanischer Häuser wird außerdem offenbar.

7/21/2014

My Struggle, Book Two, Karl Ove Knausgård

Und weiter damit. Hier, hier, hier. Und gleich auch noch den zweiten Teil vertilgt, da das System KOK immer noch nicht so ganz verstanden wurde.

Diesmal ist er Vater und Ehemann und zeigt eine schlimme Person: eine Mutter und Ehefrau, aus deren Klauen sich der arme mittelalte Autor nicht befreien kann. Unleidliche Kinder helfen auch nicht, die Stimmung zu heben. Diese Frau: was für eine penetrante, selbstsüchtige, egozentrische, debile Furie. Eine schizophrene Kleinstadttussi-Notaufnahmenhusche-Sofakissenschlägerin die dem Karl seine Testikel in einem Safe hinter ihren Eierstöcken festgemacht hat.

Schwierig zu sagen: Warum heiraten Menschen? In diesem Buch ist das noch prägnanter: Warum heiratet dieser Typ genau diese Frau? War die in Band 1 geschilderte Jugend wirklich so schlimm?

Auch sehr fein hier: Karl erzählt wie er das Buchprojekt begann, dass hier konsumiert wird. Das Ende ist der Anfang ist das Produkt. Außerdem geht es um Freundschaft und wie sie sich ändert. Freilich wiederholt sich Karl hier, aber das ist sehr legitim und es wäre unaufrichtig wenn nicht: Menschen wiederholen sich nunmal, da sie an einem bestimmten Charakter festkleben, und "My Struggle" ist ja ein Menschenbuch.

Freilich liegt Band 3 schon hier. Verwirrend.

Harsh Times, David Ayer

Hier und hier. Schon wieder Bale, schon wieder Los Angeles. Abstieg, Euthanasie, große und kleine Verbrechen und nicht vorhandene Selbstdisziplin. Der Film konnte nur mäßig gefallen, da Ayer keine Freunde gewinnen wollte. Das wiederum beeindruckt beim Abspann. Kriegstraumata sind schwer umzusetzen, da sie um die Opfer|Täter-Achse oszillieren und oft nicht über neunzig Minuten hinaus tragen. Ayer will nichts tragen und nutzt seine Hauptdarsteller, um von Anfang an die Ausweglosigkeit derlei Entstellter zu zeigen. Katharsis ist was für Zivilisten.