5/21/2011

Bukowski: Born into This, John Dullaghan

Hier. Ah, eine Biographie. Wenn Menschen nicht mehr da ist, kann man das ja machen. Geht ja nichts mehr. Hier findet sich eigentlich nicht viel Neues: Buke war genauso gebrochen und ruiniert wie die Mehrheit, nur hat er es eben beharrlich auf die Seiten gehackt, ohne Rücksicht auf verstreichende Lebensdekaden. Interessant der Gedanke an ihn als Demokraten: vielleicht ist es vorher nie einem Poeten (was für ein Wort) gelungen, sein Werk aus der akademischen Formsprache zu reißen und tendentiell JEDEM Inhalte mitteilen zu können. Und, man glaubt es kaum, aber es gibt tatsächlich irgendwelche Deppen die ihn als späten Beat-Autoren begreifen - ein weiterer Versuch, seine Strahlkraft zu beschränken und das (viel zu echte?) Elend zu kategorisieren.

Ist das jetzt erzwungenermaßen "authentisch" und "echt" und "wahr"? Taugt dieser wichtige anthologisierte Autor des zwanzigsten Jahrhunderts zur Melodramatik? Kann da ein franchise draus werden? In Bukowskis Werken ist vielleicht ein Satz für den Leser versteckt, den viele als zu harsch empfinden mögen. Der könnte lauten: "Ich brauche euch nicht." Grandios. RIP, CB.

Weiter: Post Office und Ham on Rye. Man kann gar nicht so viel fressen wie man kotzen möchte.

5/19/2011

A Million Little Pieces, James Frey

Das hier, noch einmal mit Gefühl. Wunderlicherweise ist die sehr geradlinige Geschichte äußerst geradlinig aufgebaut. Zack, vier Teile, zack, der Abspann. Es hätte gar nicht wahr sein können. Das ist viel zu professionell aufgebaut. Das wurde mit Filmrechten im Kopf geschrieben. Erfüllt nach wie vor seinen Zweck, das Vehikel, und führt niemanden von der Couch ins Museum. Aber welches Buch schafft das schon?

Der Konsument gibt zu, dass er bereits auf
Bright Shiny Morning schielt. Es funktioniert bestimmt genau wie MLP, es ist bestimmt auch wie ein sehr fein gedrechseltes Tischchen, wie eine genau berechnete Maßarbeit für Verzweiflungsbegeisterte.

5/15/2011

Helvetica, Gary Hustwit

Hier. Eine Dokumentation über eine Schriftart. Was sich anhört wie eine verlorene Wette steigert sich fix zu einer seltsamen Einsicht in den ominösen Berufsstand der Graphiksklaven, der ehemaligen Setzer und Beschrifter.

An der Holunderbionade nippend kann man sich nun über das alte Schlachtross "Inhalt|Form" unterhalten und kulturpessimistisch umherpropagieren. Von wegen alles ist nur Schrift und Neon und laut und so. Aber der Film folgt keinem Elitismus sondern erläutert sachlich Herkunft und Richtung und Nutzen einer Sprachform. Industrielles Lesen erfordert anscheinend ein Werkzeug, auf das man sich einigen kann. Und es stimmt: jeder Mist sieht einigermaßen OK aus in Helvetica bzw. Arial (der MS-Klon). Wahrscheinlich sogar dieses Blog. Warum? Weil die Buchstaben sich gleichmäßig in die Seite graben - es bleibt genug Weiß zwischen dem Schwarz und umgekehrt. Optimaler Kontrastkontrast. Metakontrast?

Wohnen mit Zeug

Eben aufgeräumt. Volle Kanne Bücher auf den Schädel bekommen. Die Regalfrage stellt sich immer mehr... deshalb und weil das Vertrauen in blogger.com wieder stärker werden muss hier ein Bild des Paradieses.



Zu finden beim obligatorischen|notorischen The Selby.

Although Of Course You End Up Becoming Yourself, David Lipsky

A Road Trip with David Foster Wallace. Hier. Dies ist ein Interview, eine mehrteilige Transkription dessen. Rahmen ist die Promo-Tour für Infinite Jest.

Zunächst zur Form. Es ist sehr ungewöhnlich, eine Konversation in voller Bandbreite mitgeteilt zu bekommen. Man redet ja nicht auf Themen hin sondern um sie herum und schlittert so hinein. Normalerweise sind markige Zitate ja in einen redaktionell erstellten und lektorierten Text eingebunden. Für die Publikation in einer Zeitschrift oder sonstwo gäbe es dann Zwischenüberschriften, die für die browsenden Augen des Lesers klebrig sein sollen. Hier nicht, hier ist alles O-Ton, hier lief das Band und wenn einer sagt "Ich glaub, das Band ist gleich alle" dann beredet man das oder der Text wird unterbrochen und beginnt erneut mit "So, hier ist das neue Band, wo waren wir doch gleich?". Minimale Redaktion gibt es doch, so dass Lipsky manchmal erläuternd eingreift wenn die Wortspiele und Anspielungen ein wenig speziell werden. Ist das jetzt besonders authentisch und echt? Das ist ja immer so eine Sache. Es ist ein Produkt, es ist Sekundärliteratur für die Fans, es ist vielleicht Ausbeutung eines Hypes ohne Grund.

Klar dürfte sein: die mäandernde Unterhaltung ist keinesfalls DFWs literarischen Texten auch nur ähnlich. Aber sie sind teilweise fordernd und fast immer intertextuell unterwegs, so dass dieses Tonband hier ziemlich gut hineinpasst. Diese Lektüre ist einmalig - zwar schwieriger als die Durchschnittsnovellette (und ein wenig leichter als Infinite Jest o. ä.), aber auch gruselig, so wie ein lange vermisstes Heimvideo. Stimmen des Toten, aus einem toten Amerika, in Linienflugzeugen, deren Flugrhythmen vielleicht gar nicht mehr existieren. Ein wenig schaurig, aber nicht zwangsläufig dadurch "echter".

Dann zum Inhalt. Man kann DFW nichts anderes als vermissen. Fertig. Das Ding endet mit einer Liste der erwähnten Populärprodukte, also Serien, Bücher, Filme, Konzepte, sonstwas. Ein Einkaufszettel - die wahrste Form der Literatur, gleich nach der Tonbandtranskription.