10/03/2009

Very Bad Things, Peter Berg

Und alle sagen so: "He, du musst VBT schauen, wie, den kennste nich, was solln das, schaun dir an, los". Peer hype ist das wohl. Der Konsum, der dann endlich vollzogen wurde, war dann also noch spannender: warum wird mir gesagt, dass ich den Film bestimmt gut finden werde? Was sagt das über mich aus? Welches Beuteschema (Beuteschämer) vermittelt der Gräber nach draußen?

Kurzum: dralles Ding. Unerwartet. Herb wurde bestellt, herber stellte es sich ein.

Inhaltlich geht es um Hysterie, die eben doch eine Infektionskrankheit ist. Früher haben Frauen umhergekreischt (wo eigentlich genau?), nun sind es weiße Männer. Die armen amerikanischen Mittelschichtler wollen einmal kurz ausbrechen und nutzen das Ventil namens Las Vegas und dann hat eine doofe asiatische Kuh (optisch aber schade drum, obgleich sie's bestimmt provoziert hat, irgendwie) 'nen Haken im Hirn und blutet die Kacheln voll. Dann zwingen sich die blassen Versager zu Gewalt am schwarzen Mann. Die nervöse Meute verschlingt sich schließlich selbst: erst ist freilich ein Jude dran. Zum Schluss eine Erkenntnis: lieber ein sabbernder Krüppel sein als eine Existenz mit Soccer-Mom in Suburbia zulassen. Na, wie unerzählbar kann man ein Drehbuch schreiben?

VBT hat bestimmt mehr losgetreten als er eingespielt hat und den beteiligten Personen (der Hauptdarsteller bescherte uns Iron Man und wird das noch zwei mal tun!) ist zu danken. Schön auch, dass endlich eine Wahrheit kundgetan wurde, von der nun die Konsumenten zehren können: die wichtigen Parties im Leben enden nicht mit Katerchen im Morgengrauen sondern mit Spaten in der Wüste.

Tja. Bis einer heult. Und dann weiter.

10/02/2009

The Coming Insurrection, The Invisible Comittee

Franzosen kennen mehr Farben links. Dieses kleine Pamphlet beweist das. Schön ist dabei die Gratwanderung, die zwischen Anarchie und Appell gelingt.

Die Instruktionen lesen sich dabei wie Verhaltensregeln für den in Depressionen erstarrten EinZELLmenschen. Vielleicht ist das eine der frohen Botschaften: es gibt kein draußen mehr, da ist kein Privatraum und da ist keine Unterscheidung möglich zwischen Konsument und Regent. Also, organisiert euch. Es geht schon längst los.

Selberlesen macht wütend, befruchtend ist der Vergleich mit Hakim Bey.

Short Cut to Hollywood, M. Mittermeier & J. H. Stahlberg

Jaja, die Schmerzgrenze. Kino ist ja eigentlich ein Ort, an dem man das Leiden anderer gegen Bezahlung betrachten kann. Manchmal gibt es ein bisschen viel für's Geld: das erste Viertel von Short Cut to Hollywood ist so voller Fremdscham und Sehleid, dass es quietscht. Erst, als der erste Finger (zwar nur ein kleiner, aber immerhin) dran glauben muss, geht es ein wenig angenehmer voran. Allerdings bleibt dieser deutsche Doku-Stil, diese schreckliche Nah-Ästhetik - vor allem, weil hier auch originelle Originalamerikaner auftreten. Ziemlich einmalig, diese Kombination.

Ist es also ein antiamerikanischer Film? Nein - es geht gegen die Schaulust selbst, die das Leiden anderer nicht verhindern will, sondern fördert. Die Selbstzerstörung und die Gier nach dem letzten "echten" steht im Gegensatz zu Menschlich- und Freundlichkeit. Und da in den USA die Bedienung der Schaulust traditionell am lukrativsten ist, musste das Ding hier stattfinden. Gut so.

Short Cut to Hollywood fragt, was Film darf. Als Zuschauer fragt man sich aber auch, was Film kann: wird dieser Film zu einer Abschaltung von RTL2 führen und zu einer Internierung der Bohlenklone? Kann der Film etwas anderes hervorrufen als eine Bestätigung der sowieso schon gefestigten Misanthropie? Hauptsache, das Pack bleibt unter sich und bleibt so schön offensichtlich doof, dann kann man es leichter meiden.

9/28/2009

Cloud Atlas, David Mitchell

Das ist einer der ersten allgemeinverständlich (also ordentlich und trennscharf) durchschachtelten Romane im Konsumgraben. Kein unheimliches Metaebenen-Gehusche wie bei House of Leaves oder so, nein: sechs Geschichtchen erzählen sich fast von allein und werden reihum ineinander eingewoben und dann unterbrochen. Das Label "Sci-Fi" kommt ins Spiel, weil zwei Ebenen jenseits vom Jetzt spielen.

Gut so, schön flüssig! Aber irgendwie zahm. Wo bleiben die Weltraumschlachten? Wo sind die Organkriege, die postapokalyptischen Kartographien? Wo sind die detaillierten Strategien gegen Architektur(en)? Mitchell hat eine Welt erschaffen, die Lust auf mehr macht, trotzdem bleibt der Leser an der kurzen Leine.

Das Thema selbst ist wahrlich episch: es geht um die Ausschlachtung des Menschen und seiner Materialien. Von der Maori-Versklavung bis zum geklonten Klon-Futter ist alles dabei. Die Welt ist ein Ozean voller verschieden großer Raubfische und allein die Gier einer Menschenmasse nach diesem Meer/mehr bleibt bestehen. Recht so. Was mag de Landa davon halten?

Obacht:

"Film Adaptation - In 2009 it was announced that the Wachowski Brothers had bought the rights to the novel, and that writer/director Tom Tykwer would be working on a screenplay."