9/03/2008

Americana, Don DeLillo

Die verwegene Begeisterung, die sich auf halber Strecke bereits einstellte, konnte bis zur letzten Seite nicht gehalten werden. Ist aber nicht schlimm, trotzdem beeindruckendes Ding.

Wie konnte einem das Debüt von Herrn D. entgehen? Wahrscheinlich lag es am Veröffentlichungsdatum: 1971 ist sehr lange her. Der Protagonist David erinnert bisher tatsächlich an einen erwachsen(er)en Holden Caulfield, der die Abgründe des Büro-Alltags ertragen muss. Dann macht er sich auf eine Reise in den Westen, so mythisch und abgeschmackt das auch sein mag. Hyperamerika, Pseudoamerika, Panamerika. Megamerika. Ist DeLillo Systemtheoretiker oder -analytiker? Die alte Frage.

Nachdem David die Stadt verlassen hat, erinnert er sich an Szenen seiner Kindheit und die Erfahrungen, die ihn zum Werber (der absonderlichste Beruf diesseits der Hölle) werden ließen. Dann geht es zurück in die Gegenwart. Eigentlich soll auf der Reise ein (Dokumentar-) Film über Indianer gedreht werden, doch stattdessen sammelt David Monologe.

DeLillos Sätze sind jetzt schon so geschliffen, dass man sich dran schneidet. Auch inhaltlich hat er einiges zu bieten: die Todesthematik wird bereits angerissen. Ganz klar formuliert er: nur der gewaltsame Tod lässt die Umgebung beben. Es ist das Ereignis, das zählt: der kritische Moment im umgebenden System. Hier kommt auch die epochale Wucht des Mediums Film zur Geltung: mit Kameras wird neuer Raum erschlossen, eine vollkommen neue Art der Realitätsaneignung (oder -verzerrung) eröffnet sich. Burt Lancaster wird auch lobend erwähnt. Das ist alles schön und gut und klug.

Aber insgesamt ist das Leseerlebnis durchaus zerfasert: die Szenen der Vergangenheit sind viele und auch mit den von Ironie getränkten Erzählungen von Davids Darstellern kann man einige Bücher füllen. Die Grundnarration der Reise verwebt sich mit der *Aufnahme* der Umgebung. Das System Amerika lässt sich nur in seinem Niederschlag im System David nachweisen. Der Roman ähnelt am Ende dem Film, den David dreht: eckig, einäugig, polaroidig. Ein einzelnes erhabenes Amerikabild bleibt DeLillo schuldig.

Tage des Zorns, Ole Christian Madsen

Dänemark! Auch hier gibt es Blockbuster, Tage des Zorns ist einer davon. Zeitgeschichte wird beleuchtet und tragische Helden werden gefeiert. Was fällt auf? totalitäre Unterdrückung hilft der Zurschaustellung von noir-esken Posen durchaus. Existentialismus und Bitterkeit bestimmen die graubraunen moralischen Fallstricke. (Ein zynischer Schelm ist dabei der, der da an den Neon-Noir von Hustons jüngstem Vampir-Klopper zurückdenkt.)

Tage des Zorns ist leider zu lang. Hier hätte man beherzter schneiden müssen - da es bei dem Werk keine wirklich schlechten Ideen und Szenen gibt, täte das freilich weh. Ein guter Film, aber durch seine Kommerzialität (he, das ist kein Vorwurf!) kleiner als sein dröhnender deutscher Titel und natürlich kleiner als die wahre Geschichte.

9/01/2008

Jurassic Park 3, Joe Johnston

Ächz.

Notizen zu einem Film mit solch einem Titel zu formulieren, ist sehr undankbar. Worum mag es wohl gehen? Anderthalb Stunden Dschungelhetze halt, inklusive böser Echsen und schwitzender Menschen. Mit neunzig Minuten Laufzeit ist das ein eher kurzweiliger Ausflug in die Welt des U, aber sei's drum. Nett ist's. Man muss sich ja auch mal als Familie unterhalten können. Kommt herbei, ihr Saurier, und füllt die intergenerationale Leere.

Und einen vierten Teil soll es auch noch geben. Man kann damit also immer noch Geld verdienen. Ächz, ächz.

Batman: The Dark Knight Returns, Frank Miller

Von 1986! Frank Miller macht die Dinge finster: er ent-ironisiert und re-noir-isiert ein Genre, dass auf die Bilder bunt kostümierter Charaktere basiert.

Dieser knight ist durchaus dark: Bruce Wayne ist alt und noch bitterer als zuvor. Er kehrt aus der Rente zurück und stellt sich den Mutanten, einer clockwork-orangesquen Gang (schelmische Leser mögen da an Marvel denken, die weit weniger düster mit ihren X-Men DC ordentlich eingeheizt haben).

Das Batmobil ist ein lindwurmartiger Panzer und hat mit Sicherheit das derbe Gerät auf der Leinwand verursacht. Überhaupt sind viele der Motive aus diesem Comic in den Filmumsetzungen aufgegriffen worden. Hier ist der neue Robin aber ein Mädchen: welcher Regisseur mag sich da wohl herantrauen?

Mr. Wayne stellt sich auch Mr. Kent. Ja, Mr. Wayne ist ein Selbstmordattentäter. Und somit sei vermerkt, dass bald ein neuer Miller-Batman erscheinen wird: darin wird Gotham City nicht von Mutanten, aber von Al-Qaeda bedroht.

Ja, Frank Miller und Bruce Wayne sind sehr spezielle Herren.

Half the Blood of Brooklyn, Charlie Huston

Joe Pitt schnoddert sich wieder durch Manhattan, und diesmal sogar aus Manhattan heraus. Wieder dankt Huston auf der ersten Seite Raymond Chandler und Bram Stoker. Das ist stolzer pulp, ein balladenfreies Schmuddelrockalbum in gewohnt harter, knapper und glorreich präziser Sprache.

HTBOB ist Teil drei der Reihe (Teil vier soll unterwegs sein) und der beste Vampirdetektiv der Ostküste bekommt es nicht nur mit Metallgebiss-Kleinwüchsigen auf Coney Island zu tun (Ah! Ein Mutant aus dem James-Bond-Katalog!), sondern auch mit einer traditionsreichen jüdischen Familie (deren Geschichte bis hin zur Schlacht von Gibeah und den damaligen Brutalitäten zurückreicht). Dann gibt es noch Tumore in nicht-vampifizierten Körpern und jede Menge spritzig-stumpfe Gewalt. Und die Thematik der Geschlechtsidentität und des chirurgischen genderbendings wird auch noch zum Thema. Toll, dass die mit dem "Vyrus" infizierten Körper so schnell heilen, so ungelenk zusammenwachsen und so klare Motivationen an den Besitzer des Körpers übertragen (Blut sammeln und behalten). Der Sonnenaufgang ist für Vampire wie immer schlimmer als nur ein Mordskater.

Joe Pitts dritter Streich ist wieder eine aparte Mischung aus Die Hard, Evil Dead und Sex and the City.