5/15/2008

Speed Racer, Wachowski Bros.

Speed Racer kann nicht als Befreiungsschlag aus dem Matrix-Ruhmesschatten gesehen werden. Der Film ist einfach ein weiterer teurer Film. Hier ist alles ganz Oberfläche: alles ist bunt und laut mit beachtlicher Konstanz. Auch wenn dem Zuschauer schlecht wird, so wird er/sie den Farbbombast auf DVD bestimmt gern noch einmal anschauen. Das Geschichtchen, das die diversen graphischen Explosionen zusammenhält, ist adrett und fein und passt in ein Schnapsglas. Wer mehr erwartet, hat schon an der Kinokasse verloren.

Speed Racer ist ein Triumph der Harmlosigkeit. Die Nerds wollen nur spielen und keinem wird ein Haar gekrümmt. Weshalb sonst hat man sich einen so massenkompatiblen Comic wie eben diesen zur Neubearbeitung ausgesucht? Autorennen sind ja eh autismusförderliche Angelegenheiten. Eine einzige Direktive vorm Kühler und keine Kreuzung.

Von herausragender Signifikanz ist zweifellos dieses unglaubliche Kind, dargestellt von Paul Litowsky (*1995). Sein eigenes Zerrbild (einen wie er selbst bunt bekleideten Schimpansen) stetig mitziehend ist der Knabe immer voll dabei, übersteigert und ekstatisch für den Moment lebend. Dieses Kind ist die Essenz des Films. Dieses Kind ist das von Friedrich Nietzsche beschriebene dritte und (nach Kamel und Löwe) letzte Stadium auf dem Weg zum Nihilismus.

This is Spinal Tap, Rob Reiner

Eigentlich sollte mit dem Konsum dieses Films nur eine Lücke geschlossen werden, die die zweiundzwanzigste Folge der dritten Staffel der Simpsons riss. Da hatte man als unbedarfter Konsument das Gefühl, von einem grandiosen Epochenscherz ausgeschlossen zu sein. Und das kann ja wohl so nicht angehen!

Die allgegenwärtige Verneigung der U-Industrie vor diesem Werk ist berechtigt, denn es ist eine bierernste Darstellung der teils vollkommen sinnentleerten Mechanismen der dort üblicherweise angestrebten Kapitalmehrung. Uh, Les Claypool hat auch so ein Projekt durchgezogen? All hail Electric Apricot! Aber dazu kommen wir ein anderes Mal.

Es geht hier nicht um Borat oder Jackass, sondern um die absurde Musikindustrie (ja gut, in ein paar Jahren wird Spinal Tap auch nur noch ein ambitioniertes archäologisches Relikt sein... aber bestimmt immer noch unterhaltsam). Unangenehmer Nebeneffekt des Filmkonsums ist eine gewisse Verachtung für Teenager (und verantwortungslose Friseure der 1980er). Regisseur Rob Reiner hat anscheinend keine klare Position zu dieser Zielgruppe und diesbezüglicher Nostalgie: ein paar Jahre später hat er nichts geringeres als Stand by Me gemacht.

Gute Nacht, Cleveland.

The Chemistry of Death, Simon Beckett

Konventionelle und trockene Kriminalkost. Mord auf dem Lande, eine überraschende Mörderidentifikation, dazu ein gestrauchelter Paladin aus dem CSI-Kosmos als Protagonist.

Das bediente Klischee mit der damsel in distress gibt Abzüge. Aber Wartezimmerliteratur muss es ja auch geben. Jetzt schnell wieder was richtiges lesen.

5/12/2008

Off Season, Jack Ketchum

Ok, das ist nun wirklich ekelhaft.

Off Season ist das Debüt von Herrn Ketchum, bürgerlich Dallas Mayr, und liegt hier im Graben in einer vom Autoren abgesegneten neuen und vor allem ungekürzten Form vor. Das Nachwort, in dem Ketchum die knifflige Kommunikation mit den angewiderten Lektoren und Verlegern dokumentiert, ist höchst interessant. Jaja, die Welt war Anfang der 80er noch nicht reif genug für so ein Hackstück. Der faulige Unterarm darf aufs Cover aber die abgebissenen Genitalien dürfen nicht erwähnt werden.

Der Inhalt: eine degenierte Familie eumelt durch Maine und schlachtet in der Nebensaison (aha) ein paar Touristen ab. Es wird gekaut, gebissen, gestochert und geschabt. Salami gibt es nur mit allem. Jack Ketchum scheint eine Schlachterlehre absolviert zu haben, denn er ergeht sich in allerlei Details. Off Season ist ein Roman, der unzählige frühe Death-Metal-Plattencover versinnbildlicht und dem Leser mal wieder appetitlos und entgeistert nach einem sehr ruppig-perversen Lektüreerlebnis mit einigen Zweifeln bezüglich der Unterhaltungsindustrie zurücklässt.

Mit Staunen und Verwunderung sieht man dann das Erbe von Off Season in der Werbung für die diversen Saw-Teile und den brachialen Erfolg des Resident-Evil-Franchise. Slowly we rot.