4/28/2012

Blankets, Craig Thompson

Hier. Diese schicke Genre kann so einiges, hier zum Beispiel eine Liebes-/Adoleszenz-/Wehmutserzählung in Schwarz und Weiß wiedergeben. Keiner hat einen Umhang und unter den titelgebenden Decken geht es rein physisch gar nicht so hoch her.

Decken sind die Über-Allegorie in diesem Vehikel. Schnee deckt draußen alles zu (und entlastet den Graphiker), ein geschenkter Quilt ist das verschenkte Stückwerk, das von Herzen kommt. Decken nehmen den Geruch von Menschen an. Decken bleichen aus und reißen und werden gestopft und gefaltet. Zwischen den Deckenfalten kann man Dinge verlieren und finden. Aus Decken und Restmöbeln kann man eine feine Burg bauen. Auf manchen Decken darf der Hund schlafen, aber nur auf besonderen.

Angesiedelt ist die Geschichte im amerikanischen Herzland und von motivierten Christen bevölkert. Dann gibt es auch noch eine unbeholfene long distance relationship mit allem Quatsch, der dazu gehört. Dem Helden geht irgendwann auf beiden Gebieten die Kraft aus. Er entkommt in Richtung eines neuen Haarschnitts und überlebt beides. Die Decken bleiben.

4/26/2012

The Ox-Bow Incident, Walter Van Tilburg Clark

Hier. Hat da jemand "Klassiker" gesagt? Angenehm müde, so wie halbwarmer Toast, trabt die Geschichte voran und man weiß ungefähr, wie sie ausgeht. Auffällig der Umfang des zweiten Kapitels: hier rottet sich der Lynchmob zusammen, hier muss entschieden werden, wie die enge Gemeinschaft des Westens mit den vermeintlichen Halunken umgehen soll.

Eine gentlemanly Nachdenklichkeit dann nach der Lektüre - die weckt einen nicht mehr wirklich auf, doch dem bündigen Bildungsauftrag wurde Genüge getan. Mit einem halblauten "Ach" kann man sich dann den Toast neu machen oder das Buch zu den vielen anderen im Regal stellen und sich einreden, dass Moral und Gerechtigkeit erhabene Dinge sind, die auch jenseits des Wilden Westens immer neu verhandelt werden müssen.

Ach.

4/23/2012

Junky, William S. Burroughs

Hier, noch einmal. Wieder fällt die Ökonomie auf, die andere Leser als Kargheit beschreiben könnten. In einem Satz oder in zwei Worten werden die Dinge klar gerückt und geographisch lange Reisen sind in wenigen Lektüresekunden begonnen, beendet und vergessen. Das macht das Lesen nicht wirklich einfacher.

Fraglich wie immer die Frage mit der Rettung. Es gibt tatsächlich marginale Zeichen einer Entwicklung beim Helden, ein leichtes Zweifeln im Tonfall. Klar, eine klassische Läuterung wird man aus Burroughs' Feder nie erhalten, aber der Held hier, nahezu deckungsgleich mit dem Autoren selbst, denkt und fühlt mehr als er konkret niederschreibt. Oder niederschreiben lässt, von diesem Ich in der Zukunft, dass das alles irgendwie überlebt hat und nichts ungeschehen machen kann.

The Brood, David Cronenberg

1979! Hier und hier. Erst ahnt man nichts Böses und dann macht die Olle das Hemd auf. Wieder so ein Cronenberg-Moment: die seit Minuten vernächlässigte Popcorn-Schale fällt einem aus dem Schoß und ein lautes "Iiiiuuhh!" verdirbt einem den sorgsam gehätschelten Restappetit des Abends.

The Brood ist letztliche eine Fortführung des Ektoplasma-Begriffs: psychische Energie schafft sich materielle Form, der Geist beschleunigt die Materie (wie später der Schleim bei Ghostbusters 2 in der Kanalisation). Hier formt die maternale Wucht der Fleischwerdung (und Mami ist nicht gesund, neineinein) Gollum-Versionen der eigenen Tochter, die allerlei Gewalt im Sinne ihrer internierten Erzeugerin anrichten. Vati muss die Sache richten und die einzig legitime Ausgeburt fleischlichen Kontaktes (die mit Horrormami gezeugte sehr blonde Tochter) schützen.

Dieser Film ist nicht zu unterschätzen, auch nicht wegen des sichtlich überschaubaren Budgets. Cronenberg macht nicht reine (also unreine, ha!) Splatterorgien sondern forscht einigermaßen besonnen der Verbindung von Blut, Genen und Emotionen hinterher. Auf ganz seltsame Weise könnte er das auch bei dem nahenden Cosmopolis (von Don DeLillo! Mit Robert Pattinson?!) hinkriegen.