8/26/2008

Son of Rambow, Garth Jennings

Die Veröffentlichung der Notizen zu diesem Film zog sich arg. Warum? Weil der kleine Film Son of Rambow herzerwärmend gemein ist. Kindheit heißt gefangen sein im emotionalen Extremismus und die minderjährigen Darsteller spielen erschreckend überzeugend.

Ein wichtiges Werk zum Thema Fanboy und gewissermaßen eine Fortsetzung von Gondrys Be Kind Rewind mit einer anderen Art von Schrulligkeit.

8/24/2008

The Kingdom, Peter Berg

Ein knackiger Vorspann. Eine flinke Animation verdeutlicht den offiziellen historischen Zusammenhang von Öl und Geld und internationale Verflechtungen. Hurra! Das macht schon mal wach für den Film. Und richtig einschlafen geht dann auch nicht mehr: Bombe da, Betroffenheit hier, und die Darsteller machen ihre Sache gut. Mit Wackelkamera werden zeitgemäß Geröll und Splitter in Szene gesetzt. Jaja, ruinierter Naher Osten.

Der Film ist überraschend gradlinig: die Geschichtslektionen wurden in besagten Vorspann gut abgefrühstückt. Sinnvolle Entscheidung, das. Ein wenig unschön ist dann die pragmatische Auflösung des Plots. Ein Kinderspielzeug enttarnt die finsteren Absichten des Patriarchen. Das ist Bolzhammermetaphorik. Aber eben auch ökonomisch: die Kuh ist fix vom Eis und nach dem Film kann man noch ein Falafel essen.

Southland Tales, Richard Kelly

Was hat man sich hier gefreut im Graben. Nach Donnie Darko endlich noch mehr Absonderlichkeiten, diesmal ohne Suburbia aber mit einem durchgecyberten Kalifornien.

Es kann nicht daran gezweifelt werden, dass hier viel nachgedacht wurde und eine möglichst detaillierte Dystopie erschaffen werden sollte. Es wurde auch ordentlich investiert: der Zeppelin schaut gut aus, Justin Timberlake nervt schon wieder nicht und The Rock persifliert das Superstar-Dasein auch recht gekonnt. Jagut, Buffy wirkt als Pornostar und ego-marketing Vollprofi eher seltsam.

Beim Erzählen der Geschichte hakt es (teils mit Absicht, schließlich geht es um Dimensionsverschiebungen und dergleichen). Die haben da alle was zu tun aber als Zuschauer bleibt man unbeteiligt. Die letzte Viertelstunde schäumt, kann aber die Versäumnisse der vorangegangenen Spielzeit nicht wieder gutmachen. Gilliam oder Burton mach(t)en das besser.

Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass dieses Produkt einen Kult unter Fans verursachen wird. Schade, sehr schade. Vielleicht in Japan?

The Dark Knight, Christopher Nolan

Ja, es stimmt. Die guten Rezensionen sind alle wahr. (Ein) Film des Jahres. Vorgänger übertroffen. Der Erfolg ist gerechtfertigt. Diverse Sequels müssen folgen.

Ledgers Joker ist grandios in der Darstellung. Der Tod dieses Schauspielers ist ein gewaltiger Verlust - nicht nur, weil eine Fortsetzung mit ihm in dieser Rolle enorme Pracht verspräche. Ledgers Joker ist auch grandios in der Konzeption, die in den Comics bereits angelegt war und von diversen Autoren nach Belieben radikalisiert wurde. Batman hat eine Richtung, der Joker nicht. Der Clown ist das weiße Rauschen, ein Metastasenherd. Ihn gilt es wegzuschneiden - und Batman benutzt keine Messer. Die Rechtschaffenheit ist für ihn Krücke und Kreuz zugleich.

Der Kostümkult wird gleich zu Beginn des Filmes herrlich aufgegriffen: Fans, Nachahmer, Stalker machen die virulenten Qualitäten von Helden und Schurken deutlich. Sogar eine Aufarbeitung des Terrorismus kann man dem Film unterstellen: der Joker kann nicht ohne Gewalt verhört werden und Latexhandschuhe helfen gegen massenhafte Erpressung eher wenig. Two-Face ist in Genese und Wirkung sehr gut in den Plot eingebaut - seines Zeichens zeigt er das Zerbrechen an Dualismen wohl am plakativsten.

Von einem Superheldenfilm erwartet man derlei eigentlich nicht. The Dark Knight ist ein Fest.

Der Konsum von Frank Millers Comic von 1986 (der dröhnende re-boot der Marke Batman: "The Dark Knight Returns") ist bald abgeschlossen und wird hier vermerkt werden.

Outer Dark, Cormac McCarthy

Es ist vorbei - dies war der letzte McCarthy-Roman, der den Graben durchwanderte. Entstanden ist Outer Dark 1968, zwischen Orchard Keeper und Child of God.

Das Werk ist etwas gradliniger als das Debüt und weist die unverkennbare Aura des Gesamtwerkes auf. Es ist einer der feuchten Romane, keiner der ausgedörrten: bei Outer Dark werden Wälder durchwandert und dunstige Wiesen. Es gibt Flüsse (die man sich bei Blood Meridian und No Country for Old Men so gewünscht hat.

Bruder und Schwester durchwandern nach Geburt und Verlust ihres Kindes eine unwirtliche und absonderliche Landschaft. Ein Krämer, ein Rumpelstilzchen, hat das inzestoide Kind an sich genommen. Die Mutterschwester lernt diverse Haushalte kennen und sorgt sich um den Nachwuchs, der Vaterbruder wird verprügelt und zerknüllt. Drei Reiter fließen durch Geschichte und Land - und alte Erinnerungen an die Legende vom Wendigo werden wieder wach. Fleisch hat vielerlei Grenzen.

Die Finsternis, die äußere Dunkelheit, ist eine Vorhölle, ein Limbus ohne Koordinaten. Da denkt man an Niflheim (die späteren Romane des Autoren würden dann in Muspelheim stattfinden). Hier im Nebel wandern die herum, die nicht als Helden starben. Oder eben die unmögliche Familie dieser Geschichte.

Die absolute Finsternis schluckt die Einzelnen wie eine Flüssigkeit. Outer Dark ist eine beeindruckende Parabel aus Milch und Blut und wie jeder andere McCarthy-Roman packend und erhebend. Hier im Graben kam er sogar ein wenig besser an als The Orchard Keeper, aber nicht ganz so gut wie The Road.

Choke, Chuck Palahniuk

Wann würgt der Mensch? Wenn er genug hat oder zuviel? Ist das das gleiche? Aber nein! Vic, der Un-Held, macht sich in Restaurants zum Opfer. Er simuliert Erstickungsanfälle und produziert Helden, die ihn dann retten und füttern. Die Gastronomie ist Vics Theater und seine Werkstatt - es ist der Ort, der ihn ernährt. Der volle Hals füllt den Bauch.

Achja, außerdem ist Vic noch ein Leibeigener im 18. Jahrhundert. Und als professioneller Sexsüchtiger kommt er bei der entsprechenden Therapie nie über Phase vier hinaus. Außerdem geht es noch um Kidnapping, Steine und die nicht-existente amerikanische Pflegeversicherung. Wieder einmal hat Palahniuk einen Roman mit so vielen Ideen gefüllt, dass sogenannte "Spannungs-" Autoren nur beschämt auf weiße Blätter schauen können.

Von abnormer Wichtigkeit ist Elternschaft und ihre materielle Beschaffenheit. Mit diesem Roman nickt Palahniuk wieder in Richtung Identität und (familiäre) Vernetzung. Das Spiel um Abstammung und Lebenssinn hat der Autor Jahre später mit dem gigantischen Rant in tollkühne Höhen entführt.

Mit großer Freude erwartet man hier im Graben die Verfilmung von Chucks Choke - im Herbst wird sie unter einem anderen Etikett hier auftauchen.