12/27/2011

Buried, Rodrigo Cortés

Hier. Zack! So wird das gemacht! Eine irre Idee haben und lospitchen. Einen Schauspieler finden, der anscheinend hungrig und/oder bekloppt genug ist, das Ganze mitzumachen und los geht's.

Der Held ist das Opfer und liegt tatsächlich in der Dunkelheit. Spannend und einigermaßen anschaubar wird der Film durch die beiliegenden Gebrauchsartikel wie Feuerzeug, Lampe und vor allem Mobiltelefon. Nur durch erzählte Rede, ohne Rück-, Auf- und Abblenden wird die Ausweglosigkeit der Situtation klar. Und die Hoffnung stirbt in kaum einem Film so schön zuletzt wie in diesem Ding.

Großes Tennis, da man sich auf die Größe des Platzes besonnen hat. Bitte kein Sequel machen.

Vollkommen leblos, bestenfalls tot, Antonia Baum

Die TAZ findet es OK. Der Konsument murmelt beim Lesen: "Na, dann mach doch, du Kuh." Die Protagonistin ist so ein versprengtes verbildetes großstadtinkompatibles Käsemädchen, dass eigentlich in irgendeiner Dorfschenke Schmalztöpfe spülen sollte statt neben irgendwelchen Werberaffen mit Koks kokettierend durch die Gegend zu ziehen. Na hui, und dann gibt es auch noch eine herbe Gewaltphantasie in der Mitte des Romänchens, da fühlt man sich dann als sei es 1985 oder so. Dann will sie sich auch noch, umringt von einer Herde abgesägter Erziehungsberechtigter, umbringen. Ach, wie neu. Und so überraschend und tragisch, auch wegen des ganzen jugendlichen Potentials. "Mach doch, du Kuh." Dumpfdreist wird sie schwanger und ist freilich erstmal voll crazy drauf. Richtiges Interesse kann für sie niemand entwickeln.

Zu wenig, zu spät, zu alt, zu bräsig. Sprachlicher Ausdruck wie einer dieser Amseln, die in den Vorstädten mittlerweile Klingeltöne imitieren und von denen es genug gibt. Bei irgendwelchen Preisvergabestellen, die sich auf das Leiden junger Menschen im Allgemeinen und den Preisverleihungs-Event im Speziellen vorbereiten ist das Produkt hier bestimmt erste Wahl. Hier nicht. Noch nicht einmal zur Mitleidsabgewöhnung langt dieses Textlein. Es ist einfach nur pffffft. Hat der Konsument ein Ironiegewitter verpasst? Will Frau Baum genau das? Immerhin diese Frage bleibt am Ende im faden Raum stehen.

Wilbur Wants to Kill Himself, Lone Scherfig

Hier. Das Erwartbare zuerst: es geht verhältnismäßig gut aus. Das Unerwartete: das überrascht. Gut? Was soll an einem toten Bruder gut sein? Sein Tod ist im Gegensatz zum geplanten Suizid Wilburs konstruktiv für die Verbliebenen. Infamerweise macht er den Platz frei, den Wilbur dann einnehmen und verteidigen kann.

Selten wurden bei einem eher leisen Film solche Innenräume und Städte gesehen. Bei so räudigen Oberflächen will doch eh keiner wirklich bleiben! Beige ist der Film, und grau, und braun. Die Küche, der Flur, die Straße: alles die geballte Abnutzung, alles voller Gewesenes. Man schaut den Film und ahnt, wie muffig es da riecht. Wer in dieser Filmwelt kein Ticket zur Abreise hat, muss Alternativen suchen. Raus, raus, raus.

Wilbur erklärt sich nicht großartig. Es gibt auch keinen melodramatischen Ausbruch der Erkenntnis im letzten Fünftel oder eine dramatische Aussöhnung mit verloren geglaubten Verwandten. Am Ende ist nichts wirklich aufgeräumt, aber es geht doch weiter - vor allem, da Wilbur auf seltsame Art und Weise Gefallen an Verantwortung findet. Finden kann. OK, Verantwortung in einer klebrig-dumpf-grauen apathischen Staubwelt, aber immerhin.

12/25/2011

R.E.D., Robert Schwentke

Hier. Oje, da macht Bruce Willis etwas außerhalb des Die Hard franchises... ach nein, ist ja eine Comic-Verfilmung. Und die Grundidee lautet: nicht mehr ganz taufrische Agentenübermenschen krachen sich durch die Gegend um eine Verschwörung rund um den ehemaligen Arbeitgeber aufzudecken.

Ein lockerer Film, aber nicht triumphal. Als Konsument muss man an dieses eine Murtaugh-Zitat denken, dass mittlerweile schon erfolgreiche Sitcoms beschwingt. Was begeistert, ist das Arsenal: endlich benutzt einmal jemand automatisches Feuer ohne Unterlass außerhalb der Matrix. R.E.D. ist eigentlich sehr bunt und die fähigen Schauspieler bilden sich nicht ein, hier ein wenig existentialistische Tiefe unterbringen zu wollen.

The Big Lebowski, Ethan & Joel Coen

Hier. Der Film ist erschreckend alt und erschreckend präsent. Es vergeht kaum eine Woche, in der man sich nicht an den Dude und seine endliche Quest erinnert. Was würde er tun, er, der er nicht der große Lebowski aber eben ganz bewusst der kleine Lebowski ist (aber auch keiner von der Schar förderungswürdiger kleiner Lebowskis, die als urban achiever die kalifornische Einöde urbarer machen sollen)?

Der Dude strahlt eine kosmische Beruhigung aus und infamerweise muss man dem grotesken Cowboy-Phantom zustimmen, dass ganz schnauzbärtig und traditionell seinen Stil lobt. Ja, Stil. Ein hilfreiches Wort, denn es bringt keine Argumente vor oder zelebriert sonst einen expliziten Konflikt. Ist das nicht vielleicht die Hoffnung eines jeden Konsumenten, wenn er einmal den Spaten weglegt und den Blick von den Auslagen der Geschäfte für einen Moment abwendet und sich nach dem Sinn erkundigen möchte, dem Endzweck der Anstrengungen? Egal was es ist: he, ihr habt den Falschen. Was für ein schöner Satz. Ich habe mit eurem Mist nichts zu tun. Ihr könnt mich mal, müsst ihr aber nicht. Lasst mich einfach nach Hause, ich nehme auch gern diesen Teppich hier.

TBL hat längst eine institutionalisierte Gemeinschaft der Gönner und Gläubigen, die sich zum Beispiel beim Lebowski Fest, 2002 in Kentucky entstanden, kenntlich machen. Das rückt diesen Coen-Höhepunkt für Außenstehende in die Nähe der Rocky Horror Picture Show und Star Trek. Aber eigentlich ist er das Gegenteil dessen. Da wollen einfach ein paar Leute ihren Teppich genießen und vielleicht ein wenig Walgesänge in der Wanne hören. Keiner schminkt sich. Einfach mal gepflegt ein paar pins umlegen. Nichts für ungut.

Erhebend.