9/19/2014

Der Grüffelo, Julia Donaldson, Axel Scheffler

Hier. Die verdammte Maus wird zum Helden eines finsteren Zeitalters in einer Situation, die derlei Protagonisten eigentlich längst in die präkoloniale Erzählhölle katapultierte. In einem doppelbödigen Kammerspiel hebelt sie die einzigen Verlässlichkeiten einer stetigen Erzählung aus und lässt den interessierten Leser ratlos und verunsichert zurück.

Der Wald ist von Anfang an zu grün und in einem irisierenden Gestrüpp aus Oberfläche marschiert sie als scheinbar einfacher Köder durch die Diegesis. Schon früh fallen dem Leser Ungereimtheiten auf. Was ist das für ein Pfad? Wieviele Mäuse gibt es hier sonst noch? Und dann diese Begegnungen. Warten die vermeintlichen Fressfeinde am Wegesrand oder bewegen sie sich auf die Maus und/oder den Leser zu?

Der namensgebende Grüffelo ist freilich das Opfer in diesem Drama, namensgebender Inbegriff der Hoffnungslosigkeit eines selbstbestimmten Lebens. Nicht nur furchtbar entstellt sondern auch hinterlistig verschaukelt taumelt er einem ungewissen Ende entgegen. Die symbolische Birke auf dem Cover ist eine Finte: keineswegs werden hier die drei Steine im Hintergrund als Teile eines archaischen Steinkreises entlarvt und eingesetzt. Die Maus setzt sich frei nach Beckett über den rationalistischen Imperativ hinweg und entspinnt ihr entropisches Spiel mit Kalkül. Dieses Werk wird noch in der hundertsten Auflage die Gemüter erregen und nachfolgend konsumierte Literatur nachhaltig prägen.

9/16/2014

The Master, Paul Thomas Anderson

Hier und hier. PTA kann nur groß. Und immer schön die Bilder parallel halten. (Ein-)Teilen und beherrschen, so lautet die Kameradevise.

Und die Herrschaften davor? Die oszillieren: der Gestrandete scheint manisch oder schizophren oder besessen zu sein und der Meister könnte ein Scharlatan sein oder eben nicht. Beiden Schauspielern wird erheblicher Raum gelassen - kalkuliert man so für beide die weiteren Oscars ein? Die sind aber auch wirklich gut. Sehr beeindruckend hauen sie sich die Worte um die Ohren. Ziemlich rührend ist das alles anzuschauen, allerdings ist keiner der beiden sympathisch und den "servant" bzw. "slave" geben beide irgendwann.

The Iceman, Ariel Vromen

Hier und hier. Der wundervolle Michael Shannon glänzt in einem brutalst konservativ erzählten Doku-Thriller und setzt einen liebenden Familienvater in Szene. Und wer hechelt aus der Einzelzelle? Stephen Dorff. Der hat beharrlich Jobs und keiner merkt es. Seine Rolle als gefallener Bruder ist ein Höhepunkt der ganzen Tragödie hier: er predigt was passieren wird und bleibt doch die arme Wurst zwischen kaltem Zement.

Bleibt zu hoffen dass Shannon sich nicht festlegen lässt. Der herrliche Take Shelter ist zum Glück schon auf seiner Haben-Seite.