8/03/2013

Goodfellas, Martin Scorsese

Hier und hier. Mit Wonne wird beobachtet, wie viel die Sopranos doch von diesem Klassiker übernommen haben - inklusive Schauspieler. Und dabei ist dieses amerikanische Original, dieses epochendefinierende Epos, sehr modern aberzählt. Geradezu ruppig wird hier durch den Mob geritten - vielleicht ist dies ein Nebeneffekt des Kokainkonsums.

Es ist immer wieder fein zu sehen, wenn etwas Aufregendes erlebt wird, jemand das auch noch aufschreibt, und dann auch noch ein anderes Medium wie zum Beispiel das Kino sich dessen annehmen kann. Der Mob ist dabei auch noch eine der letzten Bastionen, um den amerikanischen Traum zu erzählen. Echte Gemeinschaften, echtes Streben nach Glück in einer feindlichen Umgebung. Jeder kann es schaffen und die etablierten Hierarchien werden nicht müde, Transparenz und Mobilität (Mob-ilität, ha!) zu versprechen. Einfache gute Kumpel sind viel wert. A bissl wos geht alleweil.

Paper Towns, John Green

Hier. Ein weiterer Roman für junge Erwachsene von Herrn Green. Und auch noch ein guter, nicht zu gut wie Will Grayson, aber mindestenst doppelt so toll (obwohl ähnlich) wie Alaska.

Mutter aller Metaphern ist hier freilich die Landkarte. Jugend, Aufbruch, Abschlussball: böhmische Dörfer im Widerstreit mit potemkinschen Dörfer. Orientierung, Ausziehen, Navigation in der Welt da draußen und wo ist überhaupt dieses "Draußen" und braucht man da Pioniere. Vor allem der road trip am Ende ist sehr fein und kurzweilig, weil er doch das letzte Mal des aufregendenen Lange-Aufbleibens beschreibt, des Durchmachens, des freiwilligen Schlafentzugs im Interesse einer größeren Sachen. Wir sind nicht mehr in Kansas. Wo sind wir denn dann?

Bird by Bird, Anne Lamott

Hier und hier. Eigentlich ein Schreiblernbuch. Aber eigentlich erzählt Lamott vor allem durch enorm herzliche Passagen von ihrer Arbeit als Workshop-Chefin und selbständige Textarbeiterin. Das Privatleben wird nicht ausgeklammert, aber es wird auch nicht präsentiert wie eine Kur oder eine Wahrheit.

Der Titel spielt auf die Reihenfolge der Arbeit an. Nämlich nacheinander. So wie man Vögel einen nach dem anderen zählt, sollten die Kapitel, Absätze und Sätze chronologisch abgearbeitet werden. Das ist schon ein bisschen Zen. Aber Lamott ist zu burschikos um zuviel minimalistische Scheu aufkommen zu lassen.

Cat's Cradle, Kurt Vonnegut

Hier. Dieser Klassiker befasst sich also mit nuklearen Explosionen. Die Geschichte entspinnt sich recht grotesk und man fragt sich, wie Vonnegut eigentlich seine Romane entwirft (beziehungsweise ob er das überhaupt tut bevor er sich dran setzt). Zunächst ist es eine Capote-mässige Journalistenkiste, die dann aber zum halluzinogenen Reisebericht wird. Zwischendrin gibt es Satiren und Kalauer und kleine Verspieltheiten.

Es wird bei all der Flapsigkeit klar, warum KV den Platz im Regal erobert hat - ganz zeitgemäß berichtet er vom Leichtsinn und Irrsinn seiner Epoche und tut dies mit einer leicht schnodderigen nachlässigen Art. Der (massenhafte) Tod erdet das Geschehen und nach der fixen Lektüre fragt man sich, wie politisch relevant der Autor eigentlich verstanden werden kann. Das titelgebende Fingerspiel bleibt ein klassisches Symbol für die Verworrenheit der Dinge: Kindheiten lagern sich in die Gegenwart ein, Kontinente sind durch Kausalzwänge verbunden, die Dinge ergeben sich und sind vorherbestimmt weil alle Finger gleichzeitig "an einem Strang" ziehen. Dieser eine Strang könnte die stetig schwebende Vernichtung sein.

Lost Souls, Poppy Z. Brite

Hier. Das ist die Vorlage für den Vampir-Boom der 90er bevor er so nachhaltig hygienisch wurde. Hier gibt es auch eklige Elemente und derberen Humor, ein wenig wie The Lost Boys, nur mit weniger Fokuhila. Anne Rice wurde zur Kenntnis genommen. Gothpunk wurde zur Kenntnis genommen.

Wie immer ist der ganze Sex verstörend. Lost Souls setzt einen sehr deutlichen Fokus auf die Flüssigkeitskontrolle und das riechende und stinkende Nebenher und Durcheinander der Körper im dampfenden Süden. Da sind Triebe und der Durst und da sind vor allem auch Verwahrlosung und Kontrollverlust. Diese Vampire sind nicht schick angezogen sondern eumeln in aller Räudigkeit durch die durchgedunkelte Erlebnisgastronomie.