4/17/2008

Before the Devil Knows You're Dead, Sidney Lumet

Sinnfreierweise hierzulande als "Tödliche Entscheidung" betitelt. Aber der im Original titelgebende (Trink-) Spruch ist wahrlich schwer zu übersetzen.

Auf jeden Fall ein guter Film. Hoffman ist nicht der einzige, der hier seine Rolle prächtig ausfüllt. Er führt das Ganze recht brachial vom Beischlaf zur Gewalt.

Auf jeden Fall auch ein beklemmender Film. Alle Charaktere sind Jenseits von Gut und Böse, ihre Handlungen erzwingen weitere Handlungen, die alles nur verschlimmern. Drama, durchaus klassisch. Dazu die kalte Optik ohne Michael-Mann-Posen: grandios. Das sind alles Zivilisten, und die hätten eben gern ihr Stück vom Kuchen. Dass es dann aber Muddi trifft, das kann ja keiner ahnen, aber da müssen dann wohl alle ihre weiteren "tödlichen Entscheidungen" treffen.

Bis einer weint und dann noch ein bisschen.

The Echo Maker, Richard Powers

Powers ist ein furchtbar kluger Mensch. Er kann Romane über künstliche Intelligenzen schreiben (Galatea 2.2) und beiläufigst ringsum akademische Kopfnüsse verteilen. Mit Echo Maker ist das nicht anders: hier bekommt ein Mittzwanziger aus Nebraska eins auf den Kopf und erkennt nach der Genesung die eigene Schwester nicht mehr wieder. Jene ist schockiert und ein Spezialist wird geholt.

Powers gräbt sich tief in die zerfurchte Thematik von Geist, Psyche, Bewusstsein und Identität ein. Die Menschen kratzen nur an der Oberfläche (der Prärie und jener Thematik), wohingegen über ihnen die Zugvögel ihre ewigen Bahnen ziehen (über der Landschaft und unbetroffen von der menschelnden Wissenschaftlerei).

Mit der Metapher des Echos fährt man hier gut: kann ein Hirn für sich allein überhaupt als "defekt" oder "intakt" erachtet werden? Ist es nicht eher so, dass der Mensch nur unter Menschen (unter anderen Hirnen), die seinen Output reflektieren, wirklich der ist, der er war? Letztlich ist es die systemintern legitime Teilnahme an Prozessen (biologische Rhythmen, Erkenntnis der Familie), die den Bruder den Bruder bleiben lässt oder eben nicht. Das Konzept des Patienten ist mit dem Konzept der Individualität nicht kompatibel.

Powers weiss viel, kann viel, und schreibt auch viel. Wer prägnante Plots mit blitzlichternden Ausblicken bevorzugt, ist bei diesem Herrn falsch.

Bad Boys 2, Michael Bay

"WAS?! WAS?! ICH KANN NICHTS HÖREN!" BB2 ist ein lauter Film, lauter als der erste und zumindest ehrlich in der Zurschaustellung des dicken Budgets. Die maßgeblichen Elemente des ersten Teils wurden tatsächlich erwartungsgemäß runderneuert, noch draller aufgepumpt und in eine längere (aber nicht logischere) Geschichte verfrachtet.

Die Materialschlacht ist sicherlich eine Schau. Autos fliegen durch die Luft - hui. Die Definition von Material wird hierbei auch auf die reine Körperlichkeit ausgeweitet. Leichen plumpsen überraschend nackt und offen auf die Straßen. Jene Leichen werden befummelt. Wiederum offene Schädeldecken passten lange Zeit nicht in den Action Blockbuster. Die Präsidentschaftskandidatur von Will Smith ist dadurch freilich nicht gefährdet.

BB2 kam vor GTA San Andreas heraus. Der böse schwarze Mann wurde und wird gefeiert. Lässt sich diese Spur bis in die Ära der Blaxploitation zurückverfolgen? Endete diese jemals? Sam Jackson war im Shaft-Remake 2000 zu sehen. Konnte P. Diddy auch hierzu ein bisschen Wäsche verkaufen? BB2 schert sich explizit nicht um (politische) Korrektheit (eine Ende mit Minen in Gitmo, oje) und liefert jedenfalls ein spaßiges Kasperletheater für Teenager und solche, die es bleiben müssen.

Eigentlich wurde BB2 nur geschaut, weil er bei Gondrys Abgedreht erwähnt wurde. Das macht letzteren Film noch ein wenig knorrig-sympathischer.

Aber nach dem kakophonischen Bay-Werk kann man wirklich schlecht hören. Lauter, bitte. LAUTER!! ICH MUSS DOCH WAS HÖREN! LAUTER, VERFLUCHT NOCHMAL! BITTEEEEE!!!!

4/15/2008

Donnie Darko, Richard Kelly

Die Hölle, das sind die anderen, und das gilt freilich gerade für den amerikanischen (Wohn-) Traum im Vorort. Suburbia ist für die einen ein Hafen - für die anderen muss es die Hölle sein, aus der es zu entkommen gilt. Und die Schule bereitet freilich nur auf das falsche Leben vor.

Die Re-Vision von DD förderte zutage, wie kompakt der Film doch eigentlich ist. Anders als der Oscar-Ligist American Beauty wirkt dieses Werk durch seine kaltblütige Schnelligkeit mutiger und konkreter. Sci-Fi-Elemente klabautern umher und lassen den unbedarften Zuschauer links liegen. Das Gruselgefühl mag sich einstellen, weil man irgendwie nicht so recht über Zeitmechanik bescheid weiß und einem das keiner wirklich erklärt, vor allem nicht Donnie.

Und dieses Häschen erst recht nicht.

Was ist denn jetzt mit Southland Tales, dem neueren Werk von Kelly? Der hat es leider nicht in deutsche Kinos geschafft. Dann muss eben auf DVD Donnies Erbe gesucht werden.

4/14/2008

Bad Boys, Michael Bay

Ah, die 1990er. Bays Bad Boys ist eine Sitcom, die mit Action-Elementen ihren Status als Kinofilm rechtfertigt. Die Rollen sind fix verteilt: Smith ist die eine, Lawrence die andere Seite aller amerikanischen Cop-Klischees. Zusammen streiten sie sich fortwährend und festigen so ihren Status als total dicke Kumpels. Ersterer tritt mondän nach außen hin auf wobei Letzterer eine Familie und somit eine Heimatfront zu verteidigen hat. Für jeden was dabei. Alle Polizistenposen erlaubt. Achja, und schwarz sind sie auch – ein Umstand, der oft genüsslichst betont wird.

Mit Erstaunen muss festgestellt werden, wie eine vergleichsweise einfallslose Geschichte allein durch das Umhergescherze aufgewertet wird. Die Gangster sehen nämlich aus wie einem Seagal-Film entsprungen. Zumindest ist der Krach amtlich. Feuer- und Mundwerk. Laut, laut, laut.

Aber eigentlich ist dieser Film ja nur eine Vorbereitung für den anstehenden Konsum von Bad Boys 2. Wird die Flachheit gehalten werden? Immerhin fertigte Bay nach Bad Boys so fulminante Plastikschlösser wie The Rock (Sean Connery! Woohoo!), Armageddon (knirsch) und (auweia) Pearl Harbor an. (Und das Video zu "I'd Do Anything for Love (but I Won't Do That)" von Meat Loaf hat er auch zu verantworten.) Was soll da noch kommen? Der letzte Streich, Transformers, gefiel – denn mit morphendem Roboteralienspielzeug kann man nur auf Nummer laut gehen.