12/07/2011

The Day of the Locust, Nathanael West

Hier. Wie soll man einen Abriss des zwanzigsten Jahrhunderts verfassen und sich dabei auf sehr wenige Romane beschränken? Knifflig, aber einer der Romane muss DotL sein. Die Kritik und der Schulbetrieb wissen das freilich.

Der Held kommt in eine Welt voller Kulissen und inszenierter Schlachten und trifft dort zum einen ein Produkt (und Arbeitsmittel) dieser Welt, eine Frau namens Faye (-ke) die die Oberflächlichkeit und ihre Ökonomie verstanden hat und anwendet. Und zum anderen trifft er Homer Simpson, ja, so heißt er, und der als autistisch-debiler Gegenpol der Filmwelt verstanden werden kann oder als Vertreter des affektgestörten (-überforderten) Publikums der Zukunft. Homer kommt nicht mit, denn er war vielleicht schon da. Mit dem neuen kalifornischen Menschentypus und den Implikationen einer Schauwirtschaft kann er nicht auskommen.

Das Zeitalter der Massen. Später schildert Delillo in Mao 2 eine Massenhochzeit - irgendwie erinnert sie an das Finale von DotL. Man fragt sich: wo kommen die alle her? Was haben die alle vor? Wer genau ist ein Teil, wer genau ist Ursache der Masse? Es ist der Bildschirm, die potenzierte Spiegelwunschbrunnenmaschine. Flackernde Lichter provozieren und dirigieren den Ozean aus Synapsenfleisch.

12/06/2011

Fat City, Leonard Gardner

Hier. Ähnlich einsilbig wie der Titel gibt sich der Inhalt: die heruntergekommene (war sie je oben?) Welt der Berufsboxer und Obstpflücker in Stockton, CA, ist Hintergrund vielerlei Arten des Scheiterns. Die einen hatten einmal einen Lauf und sind jetzt nicht mehr fit und bekommen im Ring ordentlich ins Gesicht und finden das dann zunächst unangebracht und dann gerechtfertigt. Das Boxen als vermeintlich ehrlichstes aller Feedback-Systeme wird entlarvt, und zwar als Erweiterung einer grundlegenden Stagnation.

Freilich stehen die Herren im Zentrum, die von den Damen teils missverstanden und dann auch wieder motiviert werden. In Fat City ist der Strand weit weg. Gardner schreibt staubtrocken und schmucklos und hat mit Fat City vielleicht einen prägnanteren Vorfahren von Updike's Rabbit geliefert.

12/04/2011

The Creativity Book, Eric Maisel

"A Year's Worth of Inspiration and Guidance". Hier. Ach, wie erfrischend. Da schreibt ein Mensch, dem andere Menschen am Herzen liegen. Eigentlich ist das Produkt als ein Einjahresselbsthilfemotivationswerkzeug gedacht, doch hier wurde es gleich ganz durchkonsumiert. Denn Maisel ist ein sehr fähiger Motivator und man hört ihm mit seiner unprätentiösen und rigiden Sprache gern zu. Er entwirft keine Schemata eines idealen kreativen Subjekts und leitet das Ideal des Schaffens nicht aus abendländischer Chaka-Propaganda ab. Es scheint wirklich, als kümmerten ihn andere Menschen und die Dinge die selbige schreiben, komponieren, meißeln und malen könn(t)en. Begriffe wie Geist, Materie, Konatus, Zen, und Perfektion werden im Schlagschatten deutlich - vermutlich die beste Art, sich ihnen zu nähern.

Interessant ist auch sein Berufsbild: er bezeichnet sich als Coach für Kreative und meint, schon mehreren Menschen zu großer Kunst und zu großen Taten verholfen zu haben. Kann jemand, der die Werkzeuge nachhaltigen Schaffens so zupackend und simpel schildert, ein Scharlatan sein? Immerhin will er keine TShirts oder Fernkurse verkaufen. Ein seltsames Genre und ein teils sehr beflügelndes kleines Buch.