5/23/2008

REC, Jaume Balagueró & Paco Plaza

Das Genre des Schocker-Horror-Films wurde durch Blair Witch Project mit neuem, unheiligem Leben erfüllt und führte dann zu Cloverfield und eben REC. Und man mag sich wundern, warum diese einfache Idee der kinematographischen De-Professionalisierung so sehr zum Filmgenuss beiträgt, doch zu derlei Reflektionen hat man bei solchen Filmen dann doch keine Zeit.

Der Ton des Films ist enorm. Die abgebildete Dame ist zum Beispiel musikalisch: in Verbindung mit einem Vorschlaghammer produziert ihr Gesicht ein entrückend frisches Geräusch jenseits von einem plumpen BONK oder PFUÄTT. Eine infizierte Grundschülerin (der wohl deutlichste Verweis auf Night of the Living Dead) stimmt ein unglaublich Geschrei (Gefiepe? Gehechel?) an, bevor sie die Grenzen ihrer Milchzähne auslotet.

Die erste Hälfte des Films ist ein wenig leise verstörend, da man hier im Graben Filme aus Spanien eher selten vor die Flinte bekommt. Es fällt durchaus auf, wenn man sieht, dass dort keine Englische sondern eine andere Sprache übersprochen wurde. Die größtenteils als Karikaturen und üble Klischees angelegten Rollen sind fix vergessen wenn das Gerenne anfängt und die Akteure dezimiert werden. Im Finale, wenn eine zeitlich/örtlich größere Über-Erzählung das klaustrophobische Kammerspiel auf eine neue grauenhafte Ebene hievt, ist all das vergessen.

Es kommt selten vor, aber der Konsum dieses Films ging im Kino nicht ohne spontane akustische Ausdrücke vonstatten. Veranschaulichen kann dieses Verhaltens dieser Trailer des Films, der die Publikumsreaktionen per Nachtsichtkamera zeigt. Durchaus eine treffliche Visitenkarte für dieses schöne, stimmige, böse Werk.

5/20/2008

Story of the Eye, Georges Bataille

Das Textlein kann man nun freilich geistvoll betrachten und mit Blick auf Barthes und Sontag, deren Namen als Kaufargumente auf der Rückseite prangen, seine historische Relevanz unterstreichen. Verknüpfungen zu Surrealismus und galoppierender Moderne können gemacht werden. Man kann de Sade nennen und die heutzutage durchaus krisensichere Pornoindustrie und Story of the Eye da dann einreihen.

Man kann aber auch laut "Buäh" schreien und sich mit was anderem den Müßiggang verhunzen.

Inhaltlich gesehen gibt es eine klare Direktive: ein junges Paar ergeht sich in besudelnder Körperlichkeit und ergötzt sich am und im Schmutz. Eine verstörende Betonung erfährt dabei das Urinieren. Ja, die zwei holen das letzte aus sich raus.

Batailles Novella ist in seiner kühlen Rücksichtslosigkeit ungleich verstörender als Ketchums jüngst gesichtetes Massaker. Bei letzterem kann man ins ironisierte Genre-Denken flüchten: Bataille aber kann nicht ohne weiteres in die Schund-Ecke geschoben werden. Es wird durchaus gedacht bei all der Unzucht: das Auge wird zum einen mit Hühnern und zum anderen mit Stierhoden gleichgesetzt und in einzelnen Szenen könnte man unter Umständen philosophische Metaphern erkennen. Man darf aber genauso gut vermuten, dass Bataille ebendies provozieren möchte und den verzweifelt suchenden Intellekt des Lesers als Relikt des nicht-nihilisierten Bürgers zu enttarnen versucht. Ergötzen (s.o.). Götze. Aha. Da war doch was. Besser nicht dran denken.

Ein Schwertransport mit weniger als hundert Seiten.