1/14/2009

Sieben Leben, Gabriele Muccino

Herr Smith walzt sich durch jedes Genre und diesmal durchs Drama. Wie wird das Drama zu selbigem? Durch den Tod natürlich und die nicht deckungsgleiche Liebe. Wodurch zeigt sich Liebe (unter anderem)? Durch das Geben. Und schon ist man beim Thema: Organspende, die durch den Tod Leben schenkt/verbessert und Deckungsgleichheit simuliert. (Das war aber schon eine kleine Überraschung im Kino, denn der Konsument hat sich durch keinerlei Rezensionen auf das Produkt und sein Thema vorbereitet. Das hat dem Konsumakt aber gut getan.)

Sieben Leben ist keine große philosophische Diskussionsvorlage für eines der wohl drängendsten Themen des aktuellen Zeitgeistes (die Grenzen und die Versehrtheit[en] des [menschlichen?] Organismus). Aber schöne Motive werden geliefert, vor allem der ernüchternde Augentausch ("Spiegel der Seele", anyone?) zum Schluss.

Rosario Dawson ist anbei mehr als nur lobend zu erwähnen. Beim Genre-Mix steht sie Smith in nichts nach (Clerks 2 UND Sin City!) und macht sogar fast eine bessere (weil tiefer angelegte) Figur bei Sieben Leben als er.

Jeder Film, der Smith von Bad Boys 3 ablenkt, ist ein guter Film. Sieben Leben ist aber auch sonst in Ordnung.

1/12/2009

Sharp Teeth, Toby Barlow

Von Werwölfen hat man lange nichts gehört. Bis Benicio del Toro den wolf man gibt wird noch ein wenig Zeit vergehen und ansonsten scheinen Unterhaltungsprodukte lieber auf Vampire zurückzugreifen. Ist Sharp Teeth also Minderheitenliteratur? Jawohl, aber im wörtlichen Sinne: die Lykanthropen bilden Geheimgesellschaften und haben (wie auch Vampire) mehr Einsicht in die Welt und können ihr beispielsweise eine Geruchsdimension hinzufügen. Werwölfe leben im Rudel. Das Rudel ist die Welt. Der Rudelbund ist mit Blut besiegelt. Es ist mehr als Familie oder Team oder Mafia sondern eher eine Erweiterung oder sogar Auflösung der Einzelexistenz.

Diese Thematik des Sozialen wird noch verstärkt, da die Geschichte in Los Angeles stattfindet und öfters die mexikanische Grenze passiert. Werwölfe sind damit sowohl körperlich als auch politisch eine Unterwanderung normaler Grenzen. Und es ist freilich grandios, wenn sich Werwölfe die brave Hundeliebe debiler Kalifornierinnen erschleichen und quasi Urlaub als Haustier machen. Sex ist auch ein haariges Thema, haha.

Sharp Teeth ist in Versen geschrieben. Das steht dem Roman ausgezeichnet. Barlow hat das nötige Gespür für Sprachrhythmus, Geschwindigkeit und daraus resultierende Dramatik. Wer meint, dass Thriller und Lyrik verschiedene Dinge sind, kann sich hier getrost an den Kopf fassen und staunen. Barlow hat viele Dinge verstanden und sein Sharp Teeth ist nicht zu unterschätzen.

"Wölfe! Wölfe!"

The Mutant Chronicles, Simon Hunter

Mutanten! Hässliche! Und viele! Das kann nur ein guter Film sein. Tom Jane macht seine Arbeit gut und wenn er nicht schon der Bestrafer gewesen wäre so wäre ihm eine Rolle als Captain America durchaus zuzutrauen.

Achja, Mutanten. Jedenfalls gibt es in der hübsch steampunkig designten Zukunft viel Krieg und ebenjene Mutanten brechen irgendwann als (Anti-)Naturgewalt aus einem Loch im Boden und ein Kampftrupp (nicht etwa Kämpfer-Paladin-Kleriker/Barde-Waldläufer-Magier sondern Kämpfer-Kämpfer-Kämpfer-Kämpfer...) muss hin und die Menschheit retten. Und Fürmann macht den Kretschmann und internationalisiert seine Karriere. Alles Gute dabei.

Ein wenig mehr Budget hätte man dem Werk aber schon gewünscht.

Das Lazarus Projekt, John Glenn

Paul Walker hat einen Stein im Brett und somit eine Mulde im Graben seit dem erdigen Running Scared. Beim Lazarus Projekt geht es weniger ruppig zu und trotzdem (!) kann man es als überdurchschnittliches Werk bezeichnen. Noirig ist es hier freilich auch. Der Protagonist, die ehrliche Arbeiterseele Amerikas, begeht eine Dummheit und entkommt der Todesstrafe auf mysteriöse Weise.

In den dumpfnassen Wäldern von Oregon macht sich Mr. Lazarus an die Entzifferung der Vergangenheit und schmiedet Flucht- und Schlachtpläne. Das ist alles weniger epochal anzuschauen als Memento oder Matrix, aber trotzdem funktioniert es gut. Recht so.

Kurzer Prozess - Righteous Kill, Jon Avnet

Tony Montana und Travis Bickle sind marmorne Statuen der Filmgeschichte, sie weisen den Weg ins New Hollywood und in die Essenz des modernen Gangsterfilms. Beide zeigen die filmische Wucht, die Thriller und ihre radikalen Protagonisten haben können.

Aber das ist alles lange her. Pacino und de Niro stehen bestimmt auf der guten Seite des Kinos aber trotzdem ist dieser Film hier nicht so toll. Ab der Hälfte meint man das Ende zu erahnen und die meisten Dialoge sind seltsam überflüssig. Die beiden (ehemaligen?) Schauspielgiganten retten da nur bedingt. Michael Manns Heat ist ganz anders und besser.

An allem nagt der Zahn der Zeit: Vom Reiz der Vergänglichkeit, Midas Dekkers

Eine famoses Buch: herzlich-schnoddrig wird der meist drollige Umgang der (westeuropäisch-überzivilisierten) Menschen mit der Zeit geschildert. Das ist kein metaphysischer Spaziergang sondern ein klar am materiellen Verfall festgemachter Anschauungsunterricht. Bilder kommen dazu und zeigen zukunfts- und bisweilen zahnlose Existenzen.

Dekkers tritt auf souveräne Art und Weise sogenannten Naturschützern entgegen, die lieber Robben schrubben als die Menschheit endlich als tödliche (und somit zukunftsformende) Spezies zu begreifen. Ebensowenig zu lachen haben jene Menschen, die die Jugend als Fetisch und sich selbst als altersfrei sehen. Freilich bedient Dekkers sich der einen oder anderen Plattheit aber in den sorgfältig gestalteten Kapiteln sind wunderbar viele Verflechtungen von Biologie und Kulturwissenschaften zu finden. Es geht um Darmzotten, Lebensleitern und -stufen, Katzen, Opa, Aale und Pferdeköpfe, Sedimente, praktische Klappsärge und vielerlei mehr.

Recht so. Dank je wel.