8/09/2012

The Conspiracy Against the Human Race, Thomas Ligotti

Hui. Hier und hier. Das ganze Menschenpack und seine Perspektive... als Horrorautor und Abgrundstheoretiker macht Ligotti dem Unfug ein Ende. Er ist einer dieser Materialisten, die auch die Existenz von Licht als Mittel zur Erhellung der Welt leugnet und führt auf erfrischende Weise Schopenhauer und eben auch HP Lovecraft ins Feld - eine Kombination, die schon bei Eugene Thacker bestach.

Mit zugegebenermaßen eher literarischem als theoretischem Tonfall macht sich Ligotti an das, was man umgangsprachlich für "übernatürlich" hält, zu entkräften. Das mysteriöse ist eigentlich der exorbitante Lebenswillen dieser Spezies. Er macht sich auch daran, den Pessimismus nicht als optionale philosophische Fluchtlinie sondern als nacktes Denken zu etablieren. Und mit sanftem Grusel kann man Ligotti sehr gut folgen, von belebten Puppen hin zu Phantomgeräuschen im Flur, dem Alptraum des Lebens und wieder zurück.

Es gibt nichts an der Welt, was ein Interesse an ihr von sich aus rechtfertigt. Ein Briefwechsel zwischen Ligotti und Houllebecq wäre wirklich eine Schau. Keine Gaudi im Sinne von "fröhlich," aber eine Schau.

Batman R.I.P., Grant Morrison, Tony Daniel

Hier. Och. Der "Schwarze Handschuh"? So heißt die Feindfraktion hier? Das klingt - seltsam. Vom Typen her ist deren Chef Dr. Hurt (!) eher ein derangierter Casino-Boss und ziemlich eindimensional. Und wieder geht der Ärger erst richtig los, als Bruce ein Mädchen in die Bathöhle lässt.

Fein ist die Idee mit der Backup-Persönlichkeit, die Batman sich hat installieren lassen - selbige kann ihn wiederherstellen, sollte Bruce etwas passieren. Diese Idee mit dem Hirnraub gibt frischen Wind in die Identitätsproblematik, die sich bei den meisten maskierten Rächern kurz oder lang einstellt.
Allerdings ist das Kostüm von der Idee her fein, aber seine Optik ist eine Bestrafung. Gelb? Purpur?! Purpur ist höchstens ein Obst, aber nie ein Kostüm.

Alien Ressurection, Jean-Pierre Jeunet

Fertig! Hier und hier. (Beim Kotzenden Einhorn kürzlich untere Illustration gefunden.)

Bei der Wiederauferstehung (kommt ja in den besten Familien vor) geht gar nicht sooo viel schief. Die letzten Minuten verstören dann aber doch nachhaltig - der Mensch-Alien-Hybrid, der sowohl gurren als auch kreischen kann, hat auch noch Augen.

Es ist von der Logik her richtig, solch ein Vehikel einzubauen, wo doch der Xenomorph in den früheren Sequels schon Eigenschaften des Wirts- und Inkubationskörpers übernommen hat. Es gibt Menschen-Dinger, Hunde-Dinger... und nun also Kinder-Dinger. Kinder können glotzen und staunen und sind ja weder Hunde noch Menschen, doch, klar, macht schon Sinn. Äh.

Augen... um zu sehen und um gesehen zu werden. Gesichter sind Fässer ohne Boden, das sind Arenen, die alles kompliziert machen. Die Gesichtslosigkeit ist ein essentielles Element des Aliens, da mag es folgerichtig sein, dass das Kind-Ding auftritt - doch es fühlt sich nicht richtig an. Als Konsument der vorigen Filme ist man irgendwie um das Kernstück der Reihe gebracht worden. Iiih, es schaut einen an.

Liegt sehr quer, dieses Finale. Die Gene, das Fleisch. Der Blick, das Herz, die Abtreibung. Das Ende?


8/07/2012

Alien 3, David Fincher

Freilich dieser. So ein Stress. Camerons langer Schatten offenbart sich am geschmolzenen Stahl: wie schon beim themenparkverursachenden zweiten Terminator endet Alien 3 in der Gießerei, in der das Böse zusammen mit der sympathischen Hülle vernichtet wird. Ripley/T800 sind dabei nur die Transporteure, die Container des weltenschaffenden (plotgebenden) MacGuffins. Frodo musste nur einen Finger opfern, um von dem bösen, bösen Ding befreit zu werden: in der düsteren SciFi geht das natürlich nicht.

Schön wäre es, wenn man denn auch die originale von Fincher erstellte Version sehen könnte - das vorliegende Endprodukt soll lange durch die durch's Studio veranlasste Postproduktion gegangen sein und den Film entstellt haben. Allein von den Farben her und der Kamerabewegung ist Finchers temporäre Heimat im Video-Clip-Olymp erkennbar. Außerdem ist das Design des Alien sehr fortgeschritten: wie es rennt und wie es springt ist schon sehr fein.

Weitere Bonuspunkte: die Überlebenden aus Teil 2 außer Ripley sterben schwupdiwupp weg. Das stellt die Grimmigkeit wieder her. Die Heldin bleibt allein. Sie wird sogar noch allein-erer, als sie sich der durchweg männlichen Strafgefangenen ausgeliefert sieht, die nun mit ihr in der kontaminierten Grube hocken. Und so setzt sich die Aliensaga als unendliches Drama zwischen Mann und Frau im beengten Raum fort.

8/06/2012

Aliens, James Cameron

Noch mehr Hausaufgaben. Hier. James Cameron bekommt irgendwann seine Bronzestatue auf dem Mars oder auf dem Meeresgrund, denn er hat mehr Geld umgesetzt als alle anderen in seinem Berufsfeld.

Dieses Vehikel könnte ein simples Sequel sein, damals, als die Sequels erfunden wurden. Doch Cameron brachte eine entscheidende Variation und komplizierte die Sache durch mehrere Viecher und die Einführung eines Mutterviehs. Die Menschen werden auch eingelagert, in Schleim und Kruste: es gibt also eine monströse Haushaltsführung! Man bekommt also mehr von den Elementen des ersten Teils und eine beschleunigte Bildführung.

Die Aktionsbilder reihen sich aneinander, da auch die Menschen aufgerüstet haben und zum Beispiel mit einem ziemlich kühlen Bodengefährt anrauschen. Dies kristallisiert sich im show-down, wenn die Heldin in ein auch aus Avatar (*seufz*) bekanntes Gabelstapler-Mech-Ding einsteigt und der exoskeletternen Schlampe die Tür zeigt. Cameron mag Technik. Metall in Bewegung. Apparate und Maschinen, bereits so zentral im ersten Teil, erhalten bei Aliens eine besondere Relevanz.

Unignorierbar, dieses Franchise. Der bei Aliens angeschlagene Ton hat solche Dinge wie Aliens vs. Predator natürlich provoziert: endlich die Möglichkeit für intergalaktische und unmenschliche Keilereien, kein Menschlein, das heiter babbelnd mit einem Tricorder oder einem Lichtschwert dazwischenläuft.


8/05/2012

Batman: The Long Halloween

Hier. Dieser Batman hat nicht so sehr gefallen. Warum? Weil die Grundidee eines kalendarisch getackteten Killers doch ein wenig altertümlich daherkommt. Da gibt es dann von vornherein Episoden, die dann mit einem viel zu ausgewogenen Maß an alten Bekannten ausstaffiert werden können - und davon hat Gotham City ja so einige. Es ist ein erzwungenes Best-Of und Batman muss seine eigene Welt auf undichte Stellen hin untersuchen, so dass die Schaulust des eher unambitionierten Konsumenten vermutlich stimuliert wird.

Unangenehm fällt auch die Auswahl des Haupt-Antagonisten auf: wirklich die Mafia? Die haben gar keine Kostüme! Das organisierte Verbrechen darf ja gern eine Rolle spielen, aber bitte keine zentrale. Wenn sich Batman schon eine Stunde lang auftakelt bevor es losgeht, dann müssen seine Kontrahenten es doch bitte auch. Man kann ja auch eine graphic novel im Mob-Milieu machen... mit Trainingsanzügen und Unterhemden und debilen Versace-Requisiten und Blumen am Revers. Der Dresscode bei sogenannten Superhelden ist ein anderer. Beim Dark Knight tauchen jedenfalls einige Szenen von hier wieder auf - gut, dass der Mob im Nolan-verse eine Nebenrolle (und nur dies) spielt.

Immer diese Nabelschau. Warum macht Batman nicht einmal eine schöne Reise. Auf''s Meer hinaus oder so.




Alien, Ridley Scott

Hausaufgaben, hier. Und so beginnt der kleine Marathon des Rekonsums vom Alien-Franchise, wohlwissend dass das Ganze für eine neue Generation (ha!) in 3D und mit neuen Menschen aufbereitet wird.


Dieser erste Teil ist einfach ein sehr guter einfacher Film, der eine der einfachsten Geschichten wieder neu erzählt. Homo rapiens stolpert durch die Gegend und baut Maschinen, die sein/ihr Untergang sind bzw. die mit einem GAU in Form einer ambitionierten externen Tötungsmaschine jede Option auf Nachhaltigkeit verlieren.

Die Saat für erfolgreiche Fortsetzungen werden prägnant etabliert: dunkler Weltraum, Velourteppich-freie Korridore in einer industriellen und entmenschlichten Umgebung. Hartes Metall. Ein Kunstmensch, der mit weißem Schleim funktioniert und eben nicht mit hartem Metall. Die Konzerne sind unser Untergang (mit einem freundlichen Gruß an den Blade Runner).

Fleisch und Schleim begleiten nicht nur die Optik, sondern auch die Hintergrundgeschichte mit Inkubationen, Eiern, Wehen und "Abnabelung". Kälte, Schlaf, Tod und die Illusion der Konservierung. Das hat Zukunft, denn es war immer da. Und freilich das bloße Design von dem Ding: keine Augen, ein gedoppelter Matroschka-Phallus (Zunge im Kopf), Exoskelett, Säure|Blut. Das wundervollste: keine Sprache. Von wegen Völkerverständigung! Das Ding ist ein Ding und es muss raus, raus, raus. Es wird zwar geboren und es hat auch Arme und Beine und es zischt und quietscht und  hat erkennbare Intentionen, aber es ist kein Mensch. Das ist der große Urlaub in Monsterfilmen insgesamt und bei Alien im Speziellen. Endlich können Aggressionen gerichtet werden, ohne irgendeine Minderheitensprache zu lernen. Macht man das nicht auch mit dem Nachwuchs, der nicht pariert? Was nach Mama schnappt, kriegt eins mit dem Paddel drüber. Oder es muss ohne Nachtisch in die feuernde Raketendüse.