12/30/2012

Snow White and the Huntsman, Rupert Sanders

Hier und hier. Verblüffend humorlos und optisch verblüffend wuchtig wird hier also tatsächlich ein Märchen wiederbelebt.

Natürlich kann bei Märchen munter freudianisch oder sonstwie interpretiert werden. Aber hier geht es um das Allerwichtigste: Unterhaltung. Und das kann das Produkt nun wirklich sehr gut. Die kleinen logischen Löcher im Plot sind weniger von Belang, da der Ausgang der Geschichte nicht wirklich fraglich ist (und deswegen sind Märchen so entspannend). Sogar die eigentlich unfilmbare Heldin macht eine recht gute Figur, kann die aus dem gewissen anderen young-adult-franchise bekannte Leblosigkeit nicht abschütteln.

Eine phantastische böse Königin, die auch phantastisch inszeniert wird, runden das große Theater ab. Bei so verwegenen Filmprojekten kann man auf zukünftigen Eskapismus hoffen... vielleicht ist es ein neuer Trend, die eigentlich kindliche Thematik für die unerwachsenen Erwachsenen entsprechend aufzuarbeiten?

12/27/2012

The Art of Fielding, Chad Harbach

Hier. Dieser recht umfangreiche Roman kam in den Graben aufgrund des Hypes/Lobes diverser amerikanischer Gegenwartsautoren. Außerdem sollte einmal wieder etwas ohne Laserkanonen und Untote gelesen werden.

Hier geht es also um Baseball in den Anstalten der höheren Bildung, es ist also ein Campusroman der den humanistischen Bildungsauftrag mit körperlichen Belangen auflockert. Das Ding spielt jetzt, es ist weder politisch noch sonstwie explizit aufgeladen. (Sozialkritische Lesarten sind allerdings trotzdem möglich.) Das Thema ist nicht neu, doch derart wurde es im College-Kontext selten aufgearbeitet: der ritualisierte Umgang mit Körpern im Rahmen einer höchstzivilisierten Gesellschaft des Überschwangs und der Planlosigkeit bringt einen großen Schluck Existentialismus in die Biographien der Protagonisten. Es geht eben nicht immer nur um Beischlaf, sondern auch um Kontrolle: über sich selbst, über den Ball, den Schläger, die erwünschte Harmonie des Spielens. Zen and the Art of Bodycycle Maintenance.

Warum Harbachs Roman solch eine Freude macht, ist klar: er schreibt voran. Er will vor allem seine Geschichte abliefern und hält nicht inne, um die Zerworfenheit der Figuren zu beschreiben. Hier treffen Generationen aufeinander, teils blutsverwandt und teils wahlverwandt, und müssen sich aneinander abarbeiten beziehungsweise auseinander dividieren. Fast schon an Tom Wolfe erinnert dies, aber ohne die süffisante und zügellose Naivität.

Bad Santa, Terry Zwigoff

Hier und hier. Die Coens waren ausführende Produzenten. Muss ja sein, anders kann man den ganzen Feiertagsmist gar nicht ertragen. Das erste Mal fällt auf, das bei der Schießerei im Kaufhaus recht viele Puppen getroffen werden, und das immer recht schmerzhaft. Dies ist ähnlich skrupellos wie das Ableben von Bernie Mac durch sein eigenes SUV im Film und im echten Leben.

Die nächste Endzeit kommt bestimmt. Da macht man sich lieber schon mal ein paar Brote.

12/25/2012

Take Shelter, Jeff Nichols

Hier und hier. Wieder das Konzept des Zuhauses, im Guten und im Schlechten. Wer ist drin, wer ist draußen, und was wird geteilt? Der tragische Held, hervorragend verkörpert von Michael Shannon, erkrankt in diesem spröden, reduzierten Film an paranoider Schizophrenie. Somit wird sein eigener Geist un-heim-lich und er weiß nicht, wer gerade da ist und wer die Tür offen ließ und ob etwas von draußen hereinkam. Wann ist Selbstschutz schädlich? Wann ist es besser, auszureißen? Gibt es einen Bunker, der tief genug ist?

Die genialste letzte Szene 2012 hat genau dieser Film. Das ist "erhaben" und beweist Nichols' und Shannons Überlegenheit. Die eh schon packende Geschichte gewinnt noch einmal an Fahrt: leise und souverän verpufft das sogenannte Draußen.

12/22/2012

X-Men: First Class, Matthew Vaughn

Hier. Hurra! Logan hat einen Gastauftritt. Und einen sehr tollen noch dazu.

Die restliche Schar weiß auch zu beeindrucken, da der populäre Zeitgeist der 1960er wunderbar reproduziert wird - der Film wirkt keineswegs alt oder kitschig. Wie nennt man das: neo-retro? Das hätte auch arg schiefgehen können. Für die Fans sind ein paar Anspielungen dabei, für die Uneingeweihten funktioniert das Ding trotzdem, da in dieser ersten Mutantenklasse wichtige Entwicklungen der Protagonisten konkret geschehen statt als Geschehenes eingangs präsentiert zu werden. So ist Beast zu Beginn noch nicht blau - umso feiner und sinnvoller dann seine Verwandlung.

Knifflig ist allerdings ein sequel: wie kann man dieses prequel fortsetzen? Müssen die X-Men dann etwa die 1970er erobern? Sind die lange genug her als dass das egal ist? Will man Xavier wirklich in Schlaghosen sehen?

12/19/2012

Winter's Bone, Daniel Woodrell

Dies hier noch einmal.

Was können Eltern tun und was liegt näher als das Messer im Handschuhfach? In minimalistischer hard-boiled Tradition erzählt Woodrell von einem sehr erwachsenen Mädchen, das sich gegen ihre verkommene und doch zähe Umgebung durchsetzt so gut sie kann. Was bleibt, ist der Frost: Schneematsch und eisige Sümpfe verbergen unangenehme Antworten und herbe Lösungen.

Der Film wurde immer noch nicht geschaut: solang es dort auch friert, kann er ja nicht schlecht sein.

12/16/2012

The Hobbit: An Unexpected Journey, Peter Jackson

Hier. Muss ja auch sein: hiermit wird wohl 2012/13 das meiste Geld verdient werden. Bis Avatar 2 kommt wird ja noch einige Zeit vergehen.

Pragmatik beiseite: dies ist ein sorgfältig und fast schon liebevoll gemachter Film, in dem nicht viel passiert und der dies sehr gut vertuschen kann. Die literarische Vorlage ist eben ein dünnes Kinderbuch und bei weitem nicht so komplex wie der Herr der Ringe. Um die Zielgruppe nicht vor den Kopf zu stoßen und die Marke nicht nachhaltig zu beschädigen muss wieder dick aufgetischt werden - dies geschieht mit sehr hübschem Füllmaterial wie Zwergenbartfrisuren und Trolldialogen.

In Erinnerung bleibt vor allem der Auftritt von Gollum: schon vor zehn Jahren war er und alles wofür er steht eine filmische Wucht, doch jetzt hat man ihn wirklich unsterblich gemacht. Bleibt abzuwarten, ob er in zehn Jahren ganz ohne menschlichen Schauspieler auskommen wird. Da wäre er dann "Unsterblich 2.0".

12/10/2012

Pym, Mat Johnson

Hier. Diese phantastische Mär über "negroes on ice" verbindet feiste Erzähltraditionen und nähert sich der Wurzel des Abenteuerromans an. Der Held ist ein Literat und von Poes einzigem Roman besessen, der nicht nur sehr kurz sondern auch sehr schwierig zu deuten ist. Klar macht Poes "Narrative of Gordon Pym" allerdings die kosmische Xenophobie seiner Epoche - mit kruden Inkohärenzen geht es dort um weiße Kontinente, schwarze Menschen, Kannibalen, unformulierte Herrenrassen und amerikanische Unwägbarkeiten.

Lange wurde Poes alter Pym als Gruselreißer abgetan. Johnson schickt seinen schwarzweißen Helden allerdings los, um dem Wahrheitsgehalt des Klassikers zu untersuchen - und trifft irgendwann den echten Pym (der auch noch wie Poe aussieht). Es werden Knochen gefunden: Spuren, die in die Antarktis führen. Mit Elementen großer Hollywood-Unterhaltung und latenter Hysterie beschreibt Johnson einen Treck ins Eis, in die Literaturgeschichte, und die schmerzhafte Lächerlichkeit der unsterblichen Hautfarbenfrage.

Feines, schnelles Teil.

12/09/2012

Planet der Affen: Prevolution, Rupert Wyatt

Hier und hier. Ein sehr heller Film mit sichtbarem Budget. Professionelle Schauspieler, die das Genre des Films verstanden haben. Zwei Dinge sind aber besonders fein.

Erstens gibt es Respekt vor dem vier Dekaden alten franchise. Tim Burtons Versuch der Revitalisierung ist nicht präsent. Warum auch? Zweitens das motion capturing: die Affen menscheln umher und beeindrucken mit punktgenauer Mimik und Haptik. Die Kategorie "echt/unecht" ist nicht mehr relevant, wenn es so gut aussieht. Prevolution gibt Hoffnung auf einen ähnlich funktionierenden zweiten Film, denn es ist noch ein langer Weg durch die Jahrhunderte zu Charlton Heston.

Kleiner Zweifel am Rand: fühlen sich Orang-Utans auf ihre Intelligenz reduziert? Vielleicht gibt es ja auch doofe von denen. Und pazifistische Gorillas könnten sich durch die Darstellung ihrer Gattung auch falsch repräsentiert fühlen. In ein paar Jahren formiert sich die Affengewerkschaft und dann kann sowas nicht mehr gedreht werden.

12/08/2012

Killing Them Softly, Andrew Dominik

Hier und hier. Dieser unglaubliche Schmutz: sehr räudige Gestalten tun dumme Dinge aus den falschen Gründen. Und sie scheitern. Der fast frauenfreie Film wird betont minimalistisch beworben und besteht auch tatsächlich aus eher wenigen Elementen und Szenen.

Dies ist eine ungerade Noir-Kiste für alle, die das Prinzip des Verbrechens als Unterhaltung schätzen - es geht keineswegs um Wiedergutmachung oder um die Rettung des Anscheins, der Unschuld, oder des Familienerbes. Es geht vor allem nicht um gute Laune. Es geht nicht um Akrobatik - es geht um Gier als Prinzip und Naturgewalt. Das einzige, was diese finstere Welt in und um New Jersey zusammenhält, ist der Bedarf an Geld. Somit kann der smarte Mörder seinen Kumpel (Herr Gandolfini, wieder einmal gruselig präsent und sehr, sehr abgehangen) irgendwann abschreiben, da er nicht "abliefert" sondern lieber die Tage durchsäuft. Wirtschaftlichkeit steht freilich vor aller Freundschaft. Anders: Freundschaft muss man sich leisten können.

Die letzte Rede vom Herrn Hauptdarsteller ist ein wenig dick aufgetragen und leidet unter der Berühmtheit seines Sprechers, so war die Worte auch sein mögen. Gibt es solche Menschen wirklich? Wo genau in New Jersey? Die Kinoleinwand ist die feinste Distanzmaschine - zum Glück muss man mit denen da nicht nach Hause gehen.

11/30/2012

The Woman, Lucky McKee

Hölle, ja. Hier und hier. "Daddy, can we keep her?" Vati findet eine wilde Frau und kettet sie in der Garage an. Dieser erbarmungslose Splatter-Thriller nimmt sich also des Sexismus an, der sich transfamiliär und intrakorporal Bahn bricht und die Leiber fliegen lässt. Wie, das ist alles übertrieben? Was soll denn hier übertrieben sein? Manche Frauen haben eben Grund zur Wut. Wenn sie keine Sprache haben und gut mit Zaunlatten umgehen können, dann krachen sie eben zähnefletschend durch das Haus. Keine Leine hält ewig.

Die letzte Einstellung ist sensationell und gibt dem Schocker eine fast epische Note.

11/29/2012

The Virgin Suicides, Jeffrey Eugenides

Dies nochmal. Hier. 5, 4, 3, 2, 1. Keins. Das Drama der welkenden Mädchen spielt sich im Flüsterton ab, wenn die sich erinnernden ehemaligen Jungs vom Tod ihrer und ihrer eigenen Jugend erzählen. Coppola's Filmversion wurde noch immer nicht konsumiert. Man traut sich nicht. Die bittersüßen Bilder des Romans sollen durch vielleicht allzu rundgelutschte Filmszenen nicht verdrängt werden.

Skyfall, Sam Mendes

Alle Jahre wieder. Hier und hier. Sitzt und passt. Wenn bei einem Film kurz der Projektor ausfällt, wird man sich in der plötzlichen Helligkeit der Künstlichkeit des Produktes gewiss. Bei Bond mit Craig und von Mendes ist das angenehm. Es ist (jetzt schon) wie die Rückkehr in die zweitliebste Bar der Straße. Deutlich und ehrlich werden die Symbole und Routinen des frühen franchises zerstört: Autos, Unfehlbarkeit, Edelmut.

Der Feind ist freilich super. Gelernt ist gelernt, Herr Bardem: demnächst bitte den Grinch oder etwas mit Raumschiffen. Er beweist, dass es keine schlechten und undankbaren Rollen geben kann.

Mit Skyfall endet die Bond-Werdung und das Schönste an diesem kompakten und nur selten überraschenden Film ist, dass man sich tatsächlich auf den nächsten freut.

11/25/2012

Sag Harbor, Colson Whitehead

Hier und hier und hier. Aus Benji soll Ben werden und das möglichst schnell. Der Sommer in den 1980ern wird im Ferienhaus verbracht und die Kumpels, auch alle schwarze Amerikaner, sind schon am Strand. Der Erzähler hatte also einiges vor.

Aber der sich erinnernde Ben lässt sich Zeit mit der Rekapitulation und erzählt mit süffisantem Unterton vom bizarren Pop einer seltsamen Dekade und wie er und sein Bruder zwischen Run DMC und Bill Cosby zu navigieren hatten. Auch beleuchtet er nachhaltig die Gestaltung und die Veränderung einer Gemeinschaft von Saison-Urlaubern, die sich jedes Jahr leicht entstellt zum BBQ wiedertreffen. Diverse erste Male ereignen sich und Benji mag ein wenig scheu gewesen sein, doch in der Erinnerung bringt er punktgenau die Unwägbarkeiten und Dämlichkeiten einer geschützten und doch endenden Jugend zum Ausdruck.

Ein richtig, richtig guter Roman. Ehrlich und überhaupt nicht infantil und laut. Überhaupt nicht wie populäre Darstellungen amerikanischer Jugend.

The Skeleton Key, Iain Softley

Hier und hier. Das ging schnell. Spukhaus, verwegene Vorgeschichte, pittoreske Verwendung des sumpfigen Südens der USA mit seinem Verlangen nach reinem Blut, Neuling nutzt Schlüssel und Türen und entdeckt verborgene Zwischenräume, Verschwörung wird durch Neuling aufgedeckt, bitteres Ende.

Die nächste, bitte.

Citizen Kane, Orson Welles

Hölle, ja. Hier und hier. Dieser eine Bürger kann es schaffen - wenn er als Kind überrumpelt und in  potentiell vielversprechende und vermögende Hände gegeben wird. Welles liefert ein beispielloses Werk des produktiven Narzissmus ab, der sehr gut als Illustration des Identitätskults der amerikanischen Mittelschicht verstanden werden kann. Schwarze Freitage können keinen Bürger aufhalten, solange er (und es muss ein "er" sein) tollkühn und selbstgerecht handelt. Man kann ja nicht "selbstgerecht" sagen, ohne "gerecht" zu sagen.

Letztlich kann der Bürger auch seine Kategorie sprengen und zum Kaiser werden: inmitten eines transzendentalen Palastes voller Ramsch kann sich Kane endlich als Mitte des Universums und seines eigenen Versagens (was freilich das Gleiche ist) begreifen. Mehr von allem. Hängt die, die von weniger reden.

Max Payne 3, Rockstar Vancouver

Hier und hier. War kurz und voller cut scenes. MP3 will sich als körperschindender Aktionsfilm inszenieren und schafft das auch - die bullet time hat diese Marke eh schon cineastischer gemacht als viele andere. Neu ist ein passables Deckungssystem - aber trotzdem kann man sich plump in den Raum hechten und die Protoleichen in Zeitlupe erledigen. Und jetzt wird auch erzählt. Und erzählt. Und erzählt. Eine weibliche Protagonistin wird vermisst: bei MP2 gab es noch Mona. Für die begriffsstutzige Masse werden einzelne Phrasen auch eingeblendet, so dass ich ein Surrogat bildet, eine Noir-Hülle. Das muss sein. Tiefe Charaktere sind da ja eh nicht wirklich erwünscht oder möglich.

Für Abwechslung sorgen die verschiedenen Schauplätze. Stadt, Büro, Slums, Rollfeld. Fein. Auch der Umstand, dass Möbel und Oberflächen durchaus Schaden nehmen können, gefällt. Und Herr Schmerz macht sich irgendwann die Haare fein. Weniger fein, aber wahrscheinlich dem guten Ton geschuldet ist der Umstand, dass die Feindeskörper vor allem intakt herumliegen. Man könnte doch den Effekt von Schrotflinten, Granaten, und 9mm unterscheidbar machen, oder? Ist doch in echt auch so. Vielleicht fliegen bei MP4 Finger, Rippen, Kiefer durch die Gegend. Die Menschen wären dem Mobiliar dann ebenbürtig.

11/24/2012

Eden Lake, James Watkins

Hier und hier. Schlüsselbegriffe sind Folter und Rache. Neu ist die Darstellung der mörderischen Kindermeute. Die Geschichte geht folgerichtig aus: schlimme Kinder kommen von schlimmen Eltern.

Was in Erinnerung bleibt, ist der Wald und der Schlamm, der letztlich auch die Moralapparatur verklebt. Die hervorragende Hauptdarstellung besudelt sich in einem Versteck (einer Mülltonne) mit dem Unrat der Zivilisation, stinkt wie die Jauche der Menschenbrut an sich, und ist dann in der Lage, einen der devianten Knaben abzustechen. Mit viel Keuchen, viel Ächzen, und einem Zusammenbruch jedweder Zurechnungsfähigkeit.

Dann, im gekachelten Gäste-WC, kann die Schuld nicht abgewaschen werden. Nein, die feinweißen bürgerlichen Fliesen nehmen den Dreck an - another bites the dust, ahem, mud.

American Beauty, Sam Mendes

Hier und hier. Der Klassiker, seit langem wieder. Neu ist die Erkenntnis der Komik: das ist eine sehr sympathische Satire, die sich hier ausbreitet. Der Alptraum der Angekommenen in Suburbia wird mit vielen kleinen Zuckerstückchen präsentiert, die den edukativen Charakter dieser "dramedy" verdecken und schick machen. Jagut, ein Kopfschuss ist nicht komisch, aber hier macht er Sinn und rundet einen rundum berechtigten Oscar-Gewinner ab.

11/21/2012

Synecdoche, New York, Charlie Kaufman

Hier und hier.

Innen ist außen und außen ist innen. Wer rein will, kann nicht rausschauen und wer drinnen sitzt, ist zur Draufsicht verdammt.

Hier gibt es eine Stadt, eine Bühne, ein Leben, einen kreativen Autoren, der zwischen Patient, Schöpfer, Opfer, Zeuge und Kollateralschaden oszilliert. Warum hat dieses Produkt nicht mehr Aufmerksamkeit erhalten als es verdiente? OK, ist ein Denkfilm. Und außerdem wurde die Idee vom Regisseur bereits gepitcht - irgendwo sind da noch Verbindungen zu Spike Jonze und Gondry anzuführen. Jaja, die kennen sich alle und toben sich aus. Vielleicht hatte die Masse aufgegeben? Vielleicht will sie nicht von einem sehr, sehr, eindringlichen Herrn Hoffman an die eigene Nichtigkeit erinnert werden?

Da macht man sich Gedanken um den, der sich da die Gedanken macht, und Kaufman haut einem nach Malkovich und Adaptation dieses Breitwandepos der Breitwandepisierung vor die Augen und in den Kopf. Wer Eternal Sunshine of the Spotless Mind fein findet, kommt an SNY kaum herum, da es ein ähnliches Thema von einer leicht veränderten Perspektive angeht. Dieses Thema ist letztlich nicht zu fassen, da es um die Aktivität des "(er-)fassens" selbst geht. Klingt verkopft, wird aber von Kaufman herrlich direkt ausdekliniert.

Uncharted 2, Naughty Dog

Hier und hier. Wie der Vorgänger, nur lauter: es gibt eine gewaltigen Haufen Aktionsbilder zu durchstehen und nie ist der Schwierigkeitsgrad zu holprig. Bei Uncharted wird man an die große Tradition des Abenteuerfilms erinnert, ohne dass es unangenehm knistert: die große Filmunterhaltung ist längst im Hirn der Masse angekommen, mit all ihrer Akrobatik.

Der Sonnenschein im Himalaya ist mitunter das Schönste, das dieses Jahr in digitaler Form geschaut wurde. Gelb gegen Blau, Wolken, Distanz, schmeckbar kalte, reine Luft. Seufz. Und dann Nazis abknallen, cool.

11/19/2012

Superman: Birthright, Mark Waid

Hier. Leinil Francis Yu ist der Künstler hier und der war eigentlich immer ein Problem. S:BR wurde angeschafft, da es gelobt wurde. Yu hat damals Wolverine gezeichnet und zerstört. Dieses ungenaue, dieses fahrige Gezittere: gerade bei Wolverine will man das Gedärm doch erkennen können und nicht irgendso ein rotschwarzes Chaos. Und diese ewig krummen Leiber. Hier hält er sich ein wenig zurück, denn mit Superman ist er ja im mainstream angelangt und es gibt nicht viel Intraspezies-Gewalt.

Dieses Produkt profitiert von der zeitlosen Geschichte, die in Smallville beginnt und mit dem Sieg über Luthor endet. Es gibt Kryptonit und Lois Lane und niemand kann sich daran stören. Action Comics #1 ist allerdings doppelt so gut: optisch wie auch inhaltlich. Vielleicht ist es der Kostümwechsel, der dort nachhaltig begeisterte.

11/14/2012

Black Hole, Charles Burns

Noch eine Runde mit diesem. Konsumerlebnis gleichbleibend erschütternd: der Alptraum der erinnerten Adoleszenz zu Beginn des Niedergangs der westlichen Industrienationen, hier im sehr bewaldeten Nordwesten der USA, macht immer noch verlegen. Burns mag sich nur der schwarzen Tinte bedienen und doch schafft er eine Inversion der Geschichte - genau wie die Leiber der Helden sich neu nach innen und außen ausstülpen, so rumpelt die Geschichte dem Strand entgegen. Doch keiner entkommt dem devianten Gewebe.

11/11/2012

Dead Island, Techland

Hier und hier. Das Ding ist länger als gedacht, sehr viele Kapitel spulen sich nach recht einfachen Vorgaben ab: geh da hin, schlachte dich da durch, bring den Koffer oder das Insulin oder die Keule oder die Munition oder den Schlüssel zum Gärtner oder zum Rettungsschwimmer (!) oder zum Militärtypen.

DI lebt von dem Gegensatz Urlaub-Horror, und vor allem die ersten Kapitel sind allein durch diese Lokalisierung originell. In Badehose kann man das faule Fleisch zur Gänze sehen. Im gechlorten Pool sammelt sich das Material am interessantesten. Leider kann man die Meute nicht mit Wasserbällen ablenken.

Das täglich Brot, also das Außer-Funktion-setzen der belebten Leichen, hat sehr feine FX. Dinge brechen und platschen, etwas reißt und etwas zerfasert. Von der Handhabung ist alles aber recht simpel: feine Waffe besorgen und hektisch um die Viecher herumbewegen und zuhauen. Manchen können schneller zuhauen, manche langsamer, und bei mangelnder Pflege zerfällt die Zaunlatte am Jochbogen. Es gibt etwas sechs unterschiedliche Zombietypen, aber irgendwie hat man die irgendwann durch. Dann kommen Menschen. Böse Räuber. Die halten wenig aus, vor allem nicht mit Zaunlatten.

Ist OK. Muss es keinen Nachfolger zu geben.

21 Grams, Alejandro González Iñárritu

Hier und hier. Das wurde sogar im Kino gesehen und ist immer noch ein sicherer Ritt in den Untergang, aber im Guten.

Die Unfähigkeit des Einzelnen, die eigene Biographie zu begreifen und einzusetzen, macht verlegen und nachdenklich. Das ist vor allem ein Problem, da Menschen sich diesen Planeten teilen und manche sogar einen Haushalt und Gene teilen oder teilen wollen. Der Titel suggeriert es: es geht um die banale Materie, um die widerliche Zerbrechlichkeit von Knochen und Arterien und Zukunftsentwürfen.

Stoßstangen, deren Gewicht in Kilogramm und nicht in Gramm etwas zählt, werden stets zäher sein als geschundene Menschenleiber.

Und da ist die Rache: erzwungenermaßen baut sich Aggression auf, wenn Investitionen verfallen oder verschwinden. Bei 21 Grams ist der Übergang von Trauerarbeit zur Wut fließend, und gerade weil viele derartig hochklassig besetzte Filme hier strikt trennen, um die Psychohygiene der Kunden nicht zu erschüttern, ist dieses Produkt lobend zu erwähnen und zu huldigen. Herr Penn ist ja bockig genug, sich nur noch derlei bockige Stoffe auszusuchen. Herr del Toro macht ab und zu noch so einen Quatsch wie Savages, weiß aber auch hier zu punkten - vielleicht sind gerade Christen, die ihren Glauben verlieren, so eine Schau.

Die phantastische Naomi Watts ist allerdings mit ihrer Darstellung allem und jedem überlegen - als nachhaltig ruinierte Mutter geistert sie dahin und nimmt die borstige Schärfe ihrer Umgebung an. Sie wird nur noch von Routinen und small-talk zusammengehalten und steht nicht nur am Rand, sondern wird zum Rand - dieser eindringliche dumpfe Blick und das mädchenhaft-hysterische Gezeter mischen sich zu einer echten Ruine. Kommt schon, Ihr Schweine, heilt das Trauma, redet von fünf Schritten und Abschiednehmen und dem ganzen Dreck, Ihr könnt sie mal. Ach, Frau Watts. Dankesehr.

Die Jungfrauenquelle, Ingmar Bergman

Hier und hier. "Jungfrukällan" - ein feines Wort. Immer diese Europäer! Während Hitchcock 1960 den Karneval von Psycho feiert, liefert Bergman diese Parabel über die Endlichkeit der Familie und mörderische genetische Allianzen ab.



Die Banditen vergewaltigen die jungfräuliche Zukunft der Familie, als selbige fast allein zum Kerzen segnen loszieht (Kerzen! Segnen! Durch den Wald, alleine! Da schüttelt der zynische Millennier den Kopf). die selben Banditen bitten dann bei der Familie um Obdach. Letztere erkennt die Banditen als Mörder ihrer Tochter (Indizien: Kleidung und geraubter Ramsch der Tochter). Dann geht Vati mit strengem Blick ins Dampfbad, geißelt sich fein mit junger Birke, und schmeißt sich auf die Räuber.

Nicht nur die Vergewaltigung, auch die Tötung der Banditen ist mit das herbste, was ohne große Schnitte und treibende Musik in Schwarzweiß erledigt wurde. Herb, ja: vor allem das Röcheln auf der Mono-Tonspur trägt zur Wucht des Filmes bei.

Zwölf Jahre später machte Wes Craven daraus (und aus anderen Dingen) The Last House on the Left.


11/08/2012

Psycho, Alfred Hitchcock

Zweiundfünfzig Jahre alt. Hier und hier. Unter all der popkulturellen Kruste sitzt ein verwegen guter Film. Hitchcock und Paramount haben dieses Vehikel beispielhaft geplant und durchdacht und setze zum einen freilich auf die Mundpropaganda des "Schockers," haben aber zum anderen nicht die etwas kühleren Kinobesucher vergessen. Psycho ist ein Genre-Mix aus Noir, Horror, aber auch dem öffentlichen Raum des Fernsehens: der Film schlachtet (!?) die Mär von Ed Gein aus, die damals bereits durch die Gazetten geisterte. Es ist ein Fortführung und genüssliche Zuspitzung bereits kursierender Meme, die durch den fantastischen Einsatz von Leigh und Perkins in den Orbit katapultiert werden.

Und diese letzte Einstellung ist noch immer... etwas besonderes. Die wurde bei der Erstbeschau vor einigen Jahren glatt verdrängt. Zu recht. Jetzt flackert es wieder.

Looking for Alaska, John Green

Hier. Zäh gestaltete sich der Konsum dieses eigentlich recht zügigen young adult Romans. Das Dumme ist und war, dass die Hauptperson namens Alaska, die die Handlung und den Erzähler tüchtig voran bringt, gar nicht sympathisch ist, sondern ziemlich öde. Sie ist ein MacGuffin, und ihr Verscheiden macht die Mitte des Buches und den Ursprung der Ver- und Entzauberung aus, die jugendliche Helden eben so erfahren müssen.

John Green hat mit Will Grayson, Will Grayson einen vielfach überlegenen Roman für und über die Zielgruppe (mit-)geschrieben, und das nicht nur wegen dem queeren Unterton dort. Alaska? Warum nach ihr suchen? Im Norden bleibt es kühl und frisch und öde. Life's a beach.

11/06/2012

DC One Million, Grant Morrison

Hier. Damals war die Welt noch in Ordnung. Es gab eine Zeit, da war das DC Universum noch nicht von dieser neorealistischen Farbe durchzogen, da ging es kosmisch umher und ironiefrei und bunt. One Million ist so ein famos-drolliges Zeugnis dieser Ära, das mit der (zugegebenermaßen genialen) Idee daherkommt, dass die JLA der fernen Zukunft was in der Gegenwart zu schaffen hat. Zeitreise, ja, schon wieder: aber super sci-fi-sierte Kostüme! Und so plumpt man sich durch die Jahrtausen, immer mit dem Auge auf das Verhältnis von Variation und Wiedererkennung.

Zum fast retro-mäßigen Lektüreerlebnis trägt der grobe Papierdruck bei. Ach, DC. Marvel ging zuvor nur ins Jahr 2099, hu? Durch irgendein Erlebnis damals (äh, dann) gibt es der derzeit ein futuristisches Spider-Girl in NYC. Oder einen Spider-Man? Jedenfalls einen mit SciFi-Vibe. DC musste wieder übertreiben: gleich die ganze JLA und gleich eintausend Millenia weiter.

Little Big Planet 2, Media Molecule

Hier und hier. So, endlich mal innovative Spieleideen. Moment. "Innovativ" wie in "neu"? LBP2 (und LBP1 wohl auch) sind Teil eines dekadenalten Genres, und das hieß und heisst Jump'n'Run. Von der Seite schauen, in die Fläche scrollen und hüpfen, hüpfen, hüpfen.

OK, einen Helden wie "Sackboy" gab es noch nicht so oft, immerhin kann man seine Gesichtszüge mit den linken Tasten beeinflussen. Debil grinsend sieht das Gespringe freilich noch niedlicher aus. Und man man kann ihn (oder sie) anziehen, wie bei GTA. Äh, ja.

LBP2 ist vor allem auf multi-player angelegt, die Kampagne für einen ist aber durchaus unterhaltsam. Früher gab es bei Jump'n'Runs immer so knifflige Stellen, bei denen man einen Schulfreund (oder, noch schlimmer, -bekanntschaft) bitten musste, sie zu spielen. Lianen, Feuerfontänen, trallala. Bei diesem Produkt hier ist der Schwierigkeitsgrad sehr versöhnlich, es geht ums vorankommen und Zeit vergeuden und weniger um sportlichen Ehrgeiz. Aber ohne Interesse für andere Menschen im multi-player ist der Reiz von LBP2 recht schnell erloschen.

10/30/2012

Ham on Rye, Charles Bukowski

Zum vierten oder fünften Mal. Hier. Diesem Klassiker steht wenig entgegen - wieder ist es die Kombination aus Härte und kühler Beobachtung, die einen wohlig erschaudern lässt. Der Titel impliziert es und es wäre wohl nur rechtens, wenn HoR jeder Ausgabe des Fängers im Roggen hinzugefügt würde. NYC vs. LA, Katharsis vs. Aushalten. Immer wieder gern.

Being John Malkovich, Spike Jonze

Hier. Noch'n Jonze hinterher: dieser Klassiker ist lächerlich gut und klug und keineswegs auf das Wohlwollen seines Hauptakteurs angewiesen ist (obgleich das freilich fein ist und Herr M. einiges schafft).

Die graue, graue Großstadt endet in New Jersey und die sogenannten Berühmtheiten helfen der trottenden Bevölkerung, den Mist zwischen Fleisch und Beton besser zu ertragen. Ein Loch im Beton führt also in ein land of plenty: hinter die Augen eines Avatars ohne blaue Tönung.

10/28/2012

Adaptation., Spike Jonze

Doch, da ist ein Punkt im Titel. Hier. Immer so ein Kopfkino! Diesmal sogar mit zwei Körpern. Herr Cage kann ja machen, was er will, ab und zu trägt er zu grandiosen Stücken bei. Hier ist er der Autor und die Geschichte und verkörpert die furchtbare Aufgabe, Geschehenes in eine kommensurable Form zu pressen.

Freilich sind die üblichen Verdächtigen nicht weit: bewährte Begriffe wie Original und Fälschung, Bewegung und Zeit, sowie Gehirn und Gespür treten in Konflikt. Das alles vor herrlich inkompatiblen Kulissen, nur mit der Geschichte und der Geschichte zweiter Ordnung vor der Kamera. Klingt alles verkopft, ist aber schmissig und verspielt und zur richtigen Zeit wieder ernsthaft. Es endet im Sumpf, wo Bewegung schwierig und spannend wird. Man verlässt das bekannte Territorium der Flächen und plumpst in den Morast - wie beim Konsum feiner Geschichten. Recht so.

10/26/2012

Building Stories, Chris Ware

Hier. Dies ist ungelogen das Schönste und Nachhaltigste, was seit Wochen auf und durch Papier in den letzten  Monaten genossen wurde. Ware gibt sich auf beeindruckende Art und Weise mit dem regulären Buchformat *nicht* zufrieden: in einer recht großen Papp-Box kommt BS daher und beinhaltet farbige Druckwerke unterschiedlicher Art. Zeitungen, Handzettel, Bilderbuch. Ware aktualisiert das Verhältnis von Medium und Inhalt und schafft es dabei auch noch, betont flache Innenräume zu einem weiten Kosmos zu verflechten.

In jedem Teil des Ganzen ist eine Geschichte der Bewohner dieses einen gewissen Hauses notiert. Die Geschichten überkreuzen und beeinflussen sich. Mit jeder neuen Einheit wird die abstrakte Geschichte des gesamten Gebäudes weiter geschrieben und verdichtet. Es ist keine Lesereihenfolge vorgegeben, und so ergibt sich bei stetiger Lektüre ein einmaliger Blick auf den Stand und den Verfall der Dinge.

Die flachen Innenräume, die strenge isometrische Perspektive unterstreicht die Flachheit des Jetzts zugunsten der Komplexität der Erinnerung. In filigraner Feinarbeit stellt sich Ware nicht gegen die Bildboxen, Dialogblasen und Monologkisten, sondern verbindet sie nachhaltig. Das könnte Melancholie im weitesten Sinne sein, das ist jedenfalls das Nachsinnen alter Wohngegenden. Spuren auf dem Teppich, Sprünge im Geschirr, unpassende Vorhänge. Alles Indizien der schlechten Entscheidungen. Jeder von Wares Helden denkt und räsoniert und resümiert und müht sich ab. Jedes Gebäude ist eine potentielle Ruine - der Moment des Glücks ist derjenige, bevor man neues Glück braucht (irgendwie hängt das Gespenst von Don Draper in diesem Gebäude fest). Und trotz der künstlich-kargen Optik bringt Ware den Leser zum Mitfühlen und fordert detektivisches Gespür für Wurzeln von Verzweiflung und materielle und spirituelle Ermüdung.

Uncharted: Drake's Fortune, Naughty Dog, Cerny Games

Hier. Ein feines rundes Ding. Kurzweilig wie nur was, da alle bekannten Abenteuerprodukte sich durch jeden Pixel ziehen. Lara, Indy, was auch immer. Die Bewegungen sind fein flüssig und sinnvoll und eine große Menge cut scenes treibt die Handlung, die sich in einem Rutsch abspult, voran.

Ungut allerdings der sehr massenhafte Einsatz von Schusswaffen. Da wären mehr Rätsel feiner - natürlich haben die Aztekenmayatlantis-Schergen damals ihre Katakomben an jeder Ecke mit Hebeln, Steinverschiebe- und Bilderrätseln ausgestattet.

Letztlich ist "episch" aber anders: das Gehüpfe und Geballere hält eine sehr konservative Geschichte zusammen (Zombiefluch, verschwitzte Ladies zum Wegretten, Kolonialismuskritik mit der Dichte einer Milchschnitte, etc.). Mehr Landschaft! Vulkanausbrüche! Mehr Kometen, bitte! Vielleicht bei Teil 2?

10/25/2012

Green Lantern: Rebirth, Ethan Van Sciver, Geoff Johns

Schon wieder Kopfschmerzen. Hier. Sehr viel Grün und sehr viele unterschiedliche Kostüme: das hat man nun davon, wenn die Superkraft ein intergalaktischer MacGuffin ist, der aus einer kosmischen Fabrik kommt und somit auch nicht wirklich einzigartig ist. Neineinein, der Green-Lantern-Ring ist keine billige Kopie des Einen Rings (to rule them all and in darkness bind them) und auch kein Hinweis auf die erzählerische Struktur.

Der Ring ist eigentlich ein Vehikel, um es dem Zeichner einfach zu machen. Soll der Riesenroboter mit einem Riesenhammer bekämpft werden? Da ist er, in grün. Und riesig. Bauz! Warum Grün? Und was sagt der Kryptonier dazu?

Rebirth könnte also als Ringstruktur arrangiert werden, wurde es aber nicht. Es ist eher ein Durcheinander von diversen Kostümvariationen und der, äh, gelben Gefahr, die von Sinestro ausgeht. Ja, so ist das hier. Farben haben Gewicht.

10/15/2012

Savages, Oliver Stone

Hier und hier. Der Film konnte nicht gefallen, da er zu lang war. Er hat sich nach zwei Dritteln neue Protagonisten gesucht. Er hat das bekannte Glitzer-Gewalt-Kalifornien gezeigt, dass man aus MTVnfizierten Alpträumen kennt. Der Film hat keine Protagonisten, denen man eine Entwicklung zutraut oder wünschen kann.

Die wundervollen Blockbusterarbeiter del Toro und Hayek ergeben sich der mexploitation, da sie mittlerweile getrost darüber stehen können. Sie sind Lichtblicke in einem ansonsten gleißenden Neonalptraum, doch auch sie sind fundamental als Nebendarsteller eingebaut und bekommen außer feinen Einzelszenen nichts zugestanden. Das ist ärgerlich.

Der Thriller selbst ist teils sehr unlogisch. Jaja, Geld ist im Internet. Scharfschützen liegen immer in der prallen Sonne. Vom Kiffen wird der Strand noch strandiger. Autos detonieren von alleine. Ach, Mr. Stone. Was soll nur aus Ihnen werden?

10/12/2012

Infinite Crisis, Geoff Johns

Hier. Lies doch mehr DC, haben sie gesagt. Du musst deine Hausaufgaben machen, haben sie gesagt. Du verstehst die Wucht der Zahl und Marke "52" nie ohne Infinite Crisis, haben Sie gesagt.

Dass es hier um einen bösen Superboy geht, der mit einer Teilrüstung erst durch eine Sonne geschmissen werden muss, um von seinen Verwüstungen abzulassen, davon sagten sie nichts. Es geht bei Infinite Crisis eher um einen atmosphärischen Kampf: das alte DC Universum mit seinen Helden und lachenden Vagabunden und bunt-kosmischen Herrlichkeiten will das neue(re) DC Universum ausschalten. Letzteres ist nämlich zu dunkel, die Charaktere sind hier zu selbstzweifelnd und Batman weint im Schlaf und manche sidekicks haben Heroin genommen ("Speedy!!!").

Das ist natürlich ein verlegerischer Alptraum. Und es ist wahrlich eine gute Idee, diesen formalästhetischen Konflikt für einen serienübergreifenden Rundumschlag zu nutzen. Da kann man dann so DC lesen und sich voll literaturtheoretisch stimuliert fühlen.

Nachteil an IC ist die Wonne und die Hingabe der Illustratoren. Leider kann der Konsument kaum drei oder vier Seiten blättern, ohne dass ihm vor lauter Farben, split frames und Detonationen schlecht wird. Dieses Produkt hat tatsächlich geschafft, was ein Film nie schaffte: eine optische Übersättigung, ein Zuckerschock. Dadurch kann man der Handlung auch nur bedingt folgen... der Wikipedia-Eintrag klärt (monochromatisch) über die Details auf.

Die letzte DC-Neuerung scheint derweil aber wieder andere Ziele zu folgen: eine deutlichere Orientierung an der Filmwirtschaft und eine Abkehr von den halberwachsenen Fans, die eh nur nörgeln, hin zu den Kindern, die mit bunten Kostümen noch nachhaltig unterhalten werden können. Wo man wieder bei Superboy wäre: der hat ein neues Schwarz-Rotes-Naniten(?)-Ding an, das besser ist als jede Variation des klassischen Superman-Leibchens.

10/07/2012

The Horse Soldiers, John Ford

Hier und hier. Täratetäretääätetäääreteräää! Zwei edle Streiter für das Gute mit unterschiedlichem m. o. werden durch das große Projekt des rechtschaffenen Krieges geeint und dürfen ihre unterschiedlichen Meinungen und Fähigkeiten präsentieren.

Dies ist eine embryonale Vorstufe des Buddy-Movies - hier wird nicht zusammen geblutet, hier wird vielleicht mal die Hand geschüttelt. Das muss reichen und für echte Kerle reicht das auch.

Die Handlung erhält Bewegung durch den Bürgerkrieg, der mit edlem Pathos als humanistische Notwendigkeit ohne klare Abwertung des Gegners inszeniert wird. Ist klar, denn der Duke ist ja auch im Süden beliebt. Verblüffend dabei die beiden Frauen: die sehr weiße southern belle muss erst vom nordischen Rauhbein gezähmt werden, um dann unfrisiert und abgeregt endlich mitzuhelfen. Die schwarze Frau ist besorgt und eifrig und vollkommen unsichtbar. Dann gerät sie ins Sperrfeuer und dient der weißen Frau zur Entrüstung und zur Inbetriebnahme eines südstaatlichen Stolzes im Sinne der Nordstaaten.

Allen zeitgeistigen Irritationen zum Trotz: John Ford ist großartig in seiner Deutlichkeit und Kraft; seine Bilder erzählen von ganz allein, wie die Welt ist oder zumindest, wie sie zu sein hat. Hier wird nicht angedeutet, hier wird abgeschossen.

The Perks of Being a Wallflower, Stephen Chbosky

Hier. It was the best of times, it was the worst of times. Zum Glück verschwendet Chbosky keine Zeit und keine Zeiten sondern erzählt präsent und stetig von der ersten Seite an von den Abenteuern und Erkenntnissen des pubertären Helden. Selbiger scheint zerebral irgendwie besonders: ein teils beklemmender Autismus zieht sich durch den Briefroman (die Kapitel sind direkt an den unbekannten Leser gerichtet), der teils aber auch als etwas exaltierte Ausdrucksweise durchgehen mag.

Am tollsten an diesem Roman ist der Sex, denn der ist weder sensationell, noch lächerlich oder traumatisch. Diese Dimension tut sich einfach allmählich auf und das Mauerblümchen hat eine einmalige Perspektive auf das Geschehen, ohne sich am Ende dafür rächen zu wollen. Dies scheint ein Menschenbuch zu sein, für Menschen bevor sie ausziehen und eigene Menschen produzieren und somit etwas anderes werden.

Bald im Kino nebenan.

10/04/2012

Spook Country, William Gibson

Hier, loser Nachfolger von jenem. Jaja, den Cyberpunk hat der Herr erfunden - damals in den 80ern, als sich der technologische Irrsinn erst so langsam mit Fiepfahpfuhp-Modems abzeichnete. Derweil ist er in der neueren Geschichte angelangt und schickt die Heldin Hollis durch das Jahr 2006 um seltsamen Journalismus und Projektmanangement zu betreiben.

Hervorragend ist die Darstellung der Geo-3D-Kunst, die mit VR-Brillen echten Orten falsche optische Echos "überstülpt". Die Idee des Bildschirm wird, ähnlich wie bei Scanner Darkly, internalisiert und fatalisiert. Gibson reißt die Frage nur an doch trotzdem bekommt der Leser Angst vor der Antwort: was wird sein, wenn hinter dem sogenannten Monitor (dem "Zeiger", ha!) mehr Daten versammelt sein werden als davor? Oszilliert die Realität dann in die andere Richtung? Und was sagen wir eigentlich, wenn wir "Richtung" sagen?

Nach dem OKen Pattern Recognition und diesem besseren Spook Country landet der dritte Teil der Reihe namens Zero History auf der ToDo-Liste. Erst der Ort, dann die Zeit? Alles stülpt und windet sich...

The Expendables 2, Simon West

Auweia. Hier. Da muss man eigentlich nicht viel zu sagen.

Die Ökonomie des Films war deutlich: wir brauchen große Namen und schneidern die Szenen so, dass sie in einer Stunde fertig sind und wir die Beteiligten trotzdem aufs Poster wuppen können. Ein paar geile Einzeiler für den Trailer brauchen wir auch. Ironie ist sehr OK, aber Ironie hat immer mit Auslese und Absetzung zu tun. TE2 will aber allen gefallen, er zielt auf größtmögliche Akzeptanz. Unterhaltsam ist die Schlammschlacht aber schon. Werktagsunterhaltung.

Am seltsamsten und am deformiertesten ist Dolph Lundgren, dem man alles Gute wünscht. Am sympathischsten ist wieder Jason Statham, der hoffentlich noch sehr lange durch die Gegend detoniert.

Action Comics Vol. 1: Superman and the Men of Steel (The New 52), Rags Morales & Grant Morrison

Hier. Der gewaltige Stapel an Comics reduziert sich weiter, diesmal geht es um ein in der Fachpresse sehr gelobtes reboot (?) der Superman-Geschichte. Und weil man das mit den Augen versteht, steht bei diesem Produkt das neue Kostüm im Mittelpunkt: es hat jetzt rote Details auf dem blauen Grund. Einen Kragen gibt es und die Stiefel sind hübsch geriffelt. Es geht jetzt auch ein wenig über die Handgelenke.

Wem bringt das was? Allen, denn DC ist kein Produzent von Literatur sondern von Schaustücken. Jede ihrer Bildergeschichten, jedes Heft von der Tankstelle oder vom Kiosk, beinhalten mindestens ein großformatiges Bild des Heldenkörpers in Aktion. Das Kostüm ist eine Art monopolisierte Uniform und Kern der Sache und kulminiert im "S" auf der Heldenbrust.

Inhaltlich gewinnt AC1 vor allem, da Superman vor dem hübschen neuen Kostüm ein improvisiertes an hat - Stiefel, die bei Supergeschwindigkeit auseinanderfallen und die Babydecke aus der Kryptonkapsel als Cape. Nur das T-Shirt mit dem "S" hält. Das trägt dazu bei, diesen Clark als einen deutlich dynamischeren jungen Superman (aber nicht als Teenager-Superboy) zu begreifen, der vielleicht auch in der Wand landet, aber dann mit umso größerer Motivation wieder auf die feindlichen Mega-Roboter o. ä. eindrischt. Und selbst mit einem blauen Auge kann er die Geretteten dann anlächeln. Das macht ihn sympathischer als das schwebende kosmische Gotteswesen, das Probleme mit einem gelangweilten Laseraugeneinsatz löst.

Unerwartet gutes Ding, das. Speziell, aber unerwartet gut.

10/01/2012

Donnie Darko, Richard Kelly

Freilich jener, hier. Dieser Film ist einer der besten seines Jahrzehnts und einer der wenigen, die über das bloße Erzählen einer Geschichte erhaben ist. Damit wendet er sein Kernthema (die blanke Möglichkeit des Erzählens, Zeitschleifen, endlose Lokalisierungen) auch gleich an und stellt es nicht nur beispielhaft vor.

Das DD vorangestellte Genre ist vielleicht die gute alte coming-of-age-Kiste, die sich mit dem strauchelnden Verlassen der sogenannten Kindheit beschäftigt. Da kann man dann normalerweise auch gleich humanistische Sozialkritik einbauen und sich ereifern, was das denn für eine brutale Welt sei und so. Aber der Film verläßt die bewährten Pfade des Schwärm- und Klatschviehs recht schnell um sehr viel interessantere Kategorien wie Zeit und Raum und Materie zu erörtern. Angesiedelt ist das Ganze in der preiswerten und routiniert abfilmbaren Vorstadthölle (wo Zeit und Raum und Zeug klaustrophobische Affekte erzeugen) - und trotzdem schaffen es Bild und Ton, den Film eine tiefe Dunkelheit zu geben. Für das Klatschvieh postuliert der Film eine unerhörte Botschaft (wenn man denn den Botschafts-Sensor angeschmissen hat): vielleicht ist es besser, man sei früh verstorben, um die Umwelt nicht noch weiter zu kontaminieren.

DD ist so dunkel wie eben das diesen Planeten umgebende Weltall ist. Gyllenhall trägt seinen Teil bei und schaut herrlich lobotomisiert in die Umgebung. Der Film ist enorm detailliert und dicht, von den lapidaren 80s-Hits bis hin zu den minutiösen Entwicklungen der Nebencharaktere. Kelly hat diese Prägnanz nicht mehr erreicht (jedenfalls war sie nicht mehr so leicht erkennbar wie bei DD) - hoffentlich schafft er das noch einmal.

9/30/2012

Deadpool: Wade Wilson's War, Jason Pearson, Duane Swierczynski

Hier. Warum Deadpool? Weil er eine der lustigsten Comic-Parasiten ist, die Marvel zu bieten und zu verkaufen hat. Als stetig brabbelnder Psychopath rahmt er die erwartbaren Gewaltorgien mit mehreren Ebenen, die dann zum Schluss fein kollidieren.

Parasitär heißt auch, dass Deadpool für sich allein recht simpel ist. Selbstheilung, Kostüm, Waffen. Aber ersten erstens macht er fiese Witze über Krebs und Eiter. Zweitens ist es der rauschende Meta-Zug, wegen dem man ihn zu bleiben einlädt: wie er sich durch die Gewaltklischees und bekannte Aktionsmotive eumelt, ist schon fein. Die Gesamtheit der lauten Unterhaltung ist ihm Untertan.

Hier ist er also vor Gericht und erzählt, wie es dazu kam. Soweit, so einfach. Aber Deadpool redet Mist und belügt nicht nur seine Mitmenschen. Auch der Leser und er selbst können nicht sicher sein, wann wer wieviele Messer in den Kopf bekam (dass es cool aussah, wissen aber alle Beteiligten).

Mit Comics wie diesen muss man die Marke Deadpool von der Schmach befreien, die sie bei Wolverine: Origins erhalten hat. Reynolds war nicht Schuld, der ist ja die Grüne Laterne (aber wohl auch nicht mehr lange).

9/29/2012

The Weather Man, Gore Verbinski

Hier und hier. Hier wurde mehr erwartet und es wurde nicht abgeliefert. Die Symbolik mit dem Bogenschießen wird ein wenig zu sehr bemüht. Nicolas Cage stellt den fast Abgehängten schon recht abgehängt dar (in Adaption hat er das viel besser gemacht) und die konservative Montage lässt seine Entwicklung höchstens erahnen. So kann das Ende nicht befreien, es wurde einfach nicht genug Interesse im Vorfeld gesammelt.

Eine Zeile von Michael Caine ist sehr fein, die äußert er zum Schluss, im Auto. Überhaupt bleibt seine Figur des aufgeräumten, nicht-tyrannischen und trotzdem problematischen Vaters am ehesten im Gedächtnis. Daraus könnte man einen eigenen Film bauen.

Gab es da nicht auch einen Nachrichten-TV-Hotzen-Film namens Anchorman? Will Ferrell, hu? Ganz andere Baustelle.

9/27/2012

Mass Effect 3, BioWare

Hier. Jetzt doch noch Teil eins? ME3 trat das erste Mal an dieser Konsumentenfront in Erscheinung, da es in der Spartenpresse furchtbar gehypt und ersehnt wurde und dann ob eines zu dürftigen Endes eine öffentliche Schmähung erfuhr. Es sei zu unepisch, sagten die Kritiker. Die vorliegende ermäßigte Version kam gepatcht und gewuppt und getunt, also kann das nicht mehr nachvollzogen. Aber ein seltsamer Vorgang, das. Publikumsbeteiligung? Fan fiction(s) der anderen Art?

Bei ME3 wird wieder sehr grob ge-RPG-t, klare Priorität haben die Teammitglieder und ihre Sprechrollen. Werden die Dinge dadurch episch? Man braucht anscheinend den Abgrund, den Breitwandinvasorenreigenhorizont und kosmische Stürme auf der einen und eben bekannte affektierte Gesichter auf der anderen. Überhaupt sind die Dialoge fast schon dümmlich lang. Oft wünscht man sich, dass diese Menschen und Aliens einfach mal das Hackbrett geschlossen halten und der Architektur nicht die Luft wegnehmen. Die Levels dürfen länger sein und vielleicht ein wenig komplexer. Deckung, schießen, nachladen. Granate. Wiederholen. Was ist denn aus den guten alten Zahnradrätseln geworden? Oder "finde roten Schlüssel für rote Tür" oder so.

ME3 ist ein also Massenbegeisterer, ok. Deshalb müssen es selbst dressierte Königspudel noch spielen können. Könnte nicht jemand ein Hack&Slay im SciFi bauen? Irgendwas mit wenig Dialogen? Im Weltraum hört einen doch keiner schreien. Warum erzählen die dann alle von ihrer schweren Kindheit?

9/25/2012

Justice, Alex Ross, Jim Krueger, Doug Braithwaite

Hier und hier. Das Tollste sind freilich die Rüstungen. Erstens sehen die supergut aus - Ganzkörperharnische mit kosmischem Metall und so. Die Macher dieses Comics haben mal eben die gesamten DC-Kostüme als Hardcore-Varianten neu initiiert.

Zweitens macht ihr Auftreten in der Rahmenhandlung großen Sinn, denn es geht nicht um individuelle Superhelden, sondern um ihre Gesamtheit als Gruppe und Ethikfraktion. Die Justice League kann nur episch, so viel versammelte Heldenmacht kann ohne entsprechenden Gegenpol nicht funktionieren. Das schreit nach Alex Ross. Kann der Herr eigentlich auch 'leise'? Zwei, drei Planeten müssen wahrscheinlich bei jeder seiner Bildergeschichten zerbersten. Sei's drum: das staunende Auge erfreut es arg. Und so sind auch die Szenen beim Superhelden-Erlebnisrestaurant letztlich episch: Kostüme kann jeder anziehen (und Shakes servieren). Kostüme tragen und benutzen, das kann freilich nur die Justice League.

Mit das seltsamste an dem Ding: Aquaman hat eine große Rolle und ist gar nicht mal der seltsamste Charakter. Von wegen Meerjungfraumann.


9/16/2012

Everyman, Philip Roth

Hier und hier. Ach, Herr Roth, hier also ein gelobtes kurzes Spätwerk. Was ist eigentlich nicht Spätwerk bei Ihnen? Bei Everyman stirbt ein Jedermann (zu spät? Auf jeden Fall zu früh für sich selbst...) und reflektiert über seine Dekaden davor. Frauen, Kinder, Jobs, die Ostküste. Routiniert und mit sehr, sehr, selbstsicheren Absätzen werden die Eskapaden abgehandelt und Bitternis wird auch Bitternis genannt. Was ist denn da nun die große Pointe? Dass der Tod keine hat? Seit wann ist das neu? Wem soll das die Furcht nehmen?

Schöne Szenen hat das kleine Ding, die schönste ist das Treffen mit dem Spatenmann, der immer die Gräber aushebt. Der Spaten als Allegoriemetaphersympolheititei für die Endlichkeit und die Ehrlichkeit der materiellen Arbeit. Der grim reaper ist Sisyphus und eine kosmische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Nach einem Roman von Roth wird die Welt nicht stiller, aber das Quieken und Keifen der Lebenden wird noch ein wenig nebensächlicher als ohnehin.

Grosse Pointe Blank, George Armitage

Hier. Dieser Klassiker wird viel zu wenig rekonsumiert. Augen auf (zu?) bei der Berufswahl: Cusack ist der professionelle Auftragsmörder, der kein faustisch-schweres Herz mit sich herumträgt und eben nicht mit seinem Schicksal und überhaupt verzweifelt: nein, die tägliche Arbeitsfront lässt ihn schwitzen. Da ist die Konkurrenz, da sind die Mitarbeiter, und da ist die schwierige Verbindung mit dem sogenannten Privatleben. Eine romantic comedy wird der Film freilich erst durch die bezaubernde Minnie Driver, die nicht im Verborgenen Existentielles verrichtet, sondern (als Radio-DJ) im öffentlichen Äther alltäglichen Pop und Menschlichkeit verbreitet.

GPB könnte sich auf seine "Frechheit" verlassen und einfach nur achso böse Pointen abfeuern, tut es aber nicht. Mord ist nicht zwangsläufig zynisch und auf keinen Fall zwingend unromantisch oder unlustig. Der Film schafft damit eine angenehmes ethisches Vakuum, ohne seinen Ort zu vergessen: freilich ist das Ehemaligentreffen schwierig und freilich sind die meisten Pappnasen von damals noch schlimmer geworden - das wären sie aber auch, wenn Cusack ein gefeuerter Müllmann wäre. Teils rechtfertigt dies sogar den herrlich hysterischen showdown, wo der Job einem einmal wieder bis nach Hause verfolgt.

The Unwritten #1, Mike Carey, Peter Gross

Volume 1: Tommy Taylor and the Bogus Identity. Hier. Das schlimme an diesem Vehikel ist, dass Menschen, die nicht genau hinschauen, es mit einen Harry-Potter-Verschnitt assoziieren könnten. Das ist allerdings ungerecht sondergleichen, kommentiert the Unwritten doch nichts geringeres als die ganze Weite englischer Literatur. Kipling und Wilde haben einen Auftritt und auch eine sehr süffisante Aufbereitung der Frankenstein-Thematik: ein Schöpfungsmythos vom Schöpfungsmythos, ein Text².

Allerhand In- und Evokationen. Und ist das Ganze dabei sperrig und großkopfert und kopflastig und kaputt? Mitnichten. Freilich hat sich Literatur schon immer mit dem Schreibenden und dem Geschriebenen und dessen Unterscheidung auseinandergesetzt. Aber The Unwritten kommt mit klaren, feinen Bildern daher und fasst das endlose (und beliebig intellektualisierbare) Thema in eine jetzt schon spannende und weiterhin vielversprechende Handlung zusammen. Was würde wohl Paul Auster dazu sagen?

9/11/2012

The Cabin in the Woods, Joss Whedon, Drew Goddard

Hier. Jawohl, jawohl, jawohl! Der beste Film des Jahres in dieser Preisklasse. Whedon kann tolle Dinge, nicht nur Marveldisney Geld einbringen. Hier führt er unser aller Lieblingsgenre vor und fügt ihm mit Leichtigkeit zwei, drei Dimensionen hinzu. Man wagt den Vergleich mit From Dusk Til Dawn, zumindest war das Konsumerlebnis ähnlich. Eine große Gaudi mit etwas Gore, eine sehr süffisante Zurschaustellung und keine Bloßstellung der zentralen Wirklichkeit jugendlichen Filmfleisches.

Absolute Konsumpflicht, am besten jährlich.



Spoiler-Info: saD nrohniE sseil hcim rov ennoW uz nedoB neheg. llovrednuW.

9/10/2012

Dazed and Confused, Richard Linklater

Dies, nicht dies. Weil die 1990er ja so wenig zu bieten hatten lobte man sich mal wieder eine aufregendere Zeit herbei, nämlich die 1970er. Dies ist das Zeitfenster, in dem verwirrende Unterhaltungselektronik noch nicht so allgegenwärtig die Blicke leerte und man daheim vor selbiger vor sich hin kiffte. Nein, damals rottete man sich zu mehreren auf Feldern und Wiesen und unter Bäumen dazu zusammen. Überhaupt wurde mehr geredet - nicht so anstrengend in eine Richtung hinein wie in den 1960ern sondern eher performativ zum Zeitvertreib. Überhaupt teilen sich in DaC viele Leute mit. Aber niemand leidet so richtig. Das vermeintliche seelische Trauma körperlicher Züchtigung durch Ältere (die Schule ist aus und die Oberstufe verpaddelt die Mittelstufe mit derbem Hölzern) ist eigentlich gar nicht so schlimm.

Die Nähe zu American Graffiti ist verblüffend: auch hier stehen cruisende Autos mit ihren Insassen im Mittelpunkt und man weiß nicht genau ob sie ein episches Gleichnis auf moderne Menschheiten sind oder ihr Fehlen schlichtweg verstören würde. Vermutlich letzteres: Linklater hat einen sehr, sehr lockeren Film abgeliefert, der auf Sympathien baut und keine Zerwürfnisse zulässt. Sie eint die Generationen vor der Leinwand. Harmlos? Vielleicht. Boys will be boys. Bei DaC ist das ein freundliches Versprechen.

9/09/2012

Kingdom Come, Alex Ross & Mark Waid

Dieser. Ka-Boooooom! KC ist eine erdige, markante, unprätentiöse, bildgewaltige DC-Heldenorgie. Es geht freilich wieder um das Ende der Welt und um die Rolle von Helden und Vorbildern darin und wie die Kostüme innen und außen sitzen. Schon wieder ist es die nahe Zukunft, mit alternden Umhangträgern. Schon wieder müssen sie sich ganz gerontologisch kokett aufstellen und sehr kosmische Rhetoriken austauschen.

Alex Ross hat auch Earth X für Marvel gemacht, da ging es dann um die rasante Inflation der Supermenschen. Das ging auch gut, für eine Miniserie. Vielleicht ist Ross ein genuiner Meta-Comic-Macher, einer der die Grundprinzipien in wahrhaft orgiastischen Bildern herunterbricht und für zukünftige Generationen konserviert: seine Charaktere erinnern zumindest eher an antike Helden als verpeilte Teenager mit Spinnensinn. Hier ist Wucht am Werk und sogar so seltsam alberne Charaktere wie "Shazam" Captain Marvel machen Sinn und provozieren Staunen.

Pink, Gus van Sant

Dieser. Der Regisseur schreibt also ein Buch. Dieses befasst sich freilich mit dem Filmemachen und stellt die raumzeitlichen Techniken einer kinematographischen Raumfahrt in Frage. Es gibt da einen Zwischenraum, einen oszillierenden Riss, und der heißt Pink. Mit der Manipulation von Bild und Ton kann man dort eintauchen, und es ist ein bisschen wie Zen nur irgendwie hipper und der Jugend von heute gefällt es so sehr, dass sie konspirativ drum herum schleichen kann.

Kann man da nun queere Thesen heraus-/hineindestillieren? Nur, wenn man unübersichtliche Menschenpolitik gut findet. Das transversale, filmontologische Moment ist aber viel spannender: wie ist das, wenn einer die ganze Zeit "infomercials" dreht und dann auf einmal in echte Filmkunst hineinstolpert? Kommt man dann nicht unweigerlich zu kniffligen und letztlich erhabenen Fragen über Zeit, Raum, Menschen, Richtung, Bewegung, Erinnerung, Horizonte (siehe Gerry) und dergleichen? Die Künstlerkolchose des Protagonisten ist jedenfalls ein herrlicher Nährboden für derlei Ausflüge und alle Beteiligten können sich, einmal dem windigen Tagesgeschäft der Seilschaften und den PR-Projekten entkommen, den wichtigen Dingen der Existenz zuwenden. Und das geht freilich nur durch Kameras, also Gehirne.

Y: The Last Man #5, Brian K. Vaughan, Pia Guerra

Das Finale. Mit Wonne und Wehmut und Weltschmerz wirft man sich die Fluten der Zukunft und lässt eine Welt voller Östrogen zurück. Y ist eben doch nicht der allerletzte Buchstabe im Alphabet und so beinhaltet dieser Endpunkt nicht nur eine Auflösung aller Handlungsstränge sondern schafft es sogar, die ganze Gaudi auf eine neue Stufe zu heben. Eine Geschichte kann immer nur so gut sein wie ihr Ende und hier stimmt einfach alles: es wird noch einmal gestorben und gelebt, getäuscht und elaboriert, und dann wird auch noch eine vernünftige, oder zumindest plausible, Zukunftsvision in luftigen Bildern aus der Stadt der Liebe umgesetzt.

Diese armen, irren Männer. Waren die vor dem "gendercide" schon irre? Oder wird ihr Wahnsinn danach im Untergrund weitergehen? "Y" darf nie, nie fortgesetzt werden, denn dafür ist dieses Ende zu rund... an einer Verfilmung als Blockbuster sollte aber gearbeitet werden.

Deus Ex: Human Revolution, Square Enix, Eidos Montreal

Jenes. Was war das damals vor siebenhundertdreiundachtzig Jahren für ein Fest: schleichen, Sonnenbrillen, kybernetische Augmentierungen... man kann Fertigkeitspunkte in bloße Gewalt stecken oder Schleichen lernen oder beides ein bisschen. Es gibt die bekannte MultiCorp-Dystopie und Roboter und EMPs und Terminals...

Jedenfalls haben die Produzenten dieses Produktes den Reiz des Urahns verstanden und ihn zeitgemäß mit Dialogstrecken und feinen Animationen aufgebrezelt. Inhaltlich soll es ein Prequel sein. Passt auch. Ähnlich wie bei Dragon Age 2 werden die maps auch gern einmal wiederverwendet: die Zeit des hektischen Durchrennens und Abhakens sind vorbei. Diese Ökonomie mag sinnvoll sein, aber DE:HR ist so schön, so graphisch einladend, dass man sich einfach nur mehr Räume wünscht.

Das Design von Räumen, Menschen, und Gegenständen ist keineswegs übertrieben und ultrafuturistisch sondern bringt die ganze Thematik mit den kybernetischen Gliedmaßen in eine nüchterne materielle Ökonomie zwischen Teflon, Plastik, und Budget: billige Cyber sieht auch billig aus, wohingegen die drei Zwischengegner herrlich durchgestylte und sehr, sehr teure Maschinenmenschkreaturen sind. Das hat das Produkt verstanden: Kybernetik kann man als Prothese und als Erweiterung verstehen, als Pflicht und Kür und einiges dazwischen - und das sieht man auch. Sehr gut.

Freilich gibt es auch mehrere Enden zu dieser Parabel. Das Schönste veranlasst man im Nebenraum, abseits der menschelnden Fraktionspolitiken: es ist die Selbstaufgabe, die Hingabe des längst durchterritorialisierten (Protagonisten-) Körpers im Niemandsland der Arktis. Gut so.

The Lost Weekend, Billy Wilder

Hier. Prost. Dies ist keine Komödie, sonder trifft das, was man beim Begriff "Melodram" denkt. Der zentrale Trinker ist Opfer und Täter und ist sich der Zuneigung einer Frau einer nicht gewiss genug (und trinkt) oder zu gewiss (und schämt sich dessen und trinkt weiter).

Vielleicht ist TLW einer der ersten populären Spielfilme, die die Massenbeschäftigung namens Saufen in all seiner Brisanz zeigen wollte: interessant wieder der Link zum trinkenden Intellektuellen, zum tragischen Künstler. Wie lang war Hemingway's Schatten wirklich? Muss man, um einen Gatsby zu erdichten, saufen wie Fitzgerald? Ist das Licht im August eigentlich nur der morgendliche Kopfschmerz von Herrn Faulkner? Großes Leid wird also mit moralischen und ästhetischem Kapital aufgeladen und ist somit freilich vollkommen inkompatibel mit den Drogen- und den Drogenfilmen, die auf dieses Kleinod folgen werden. Nicht zu unterschätzen auch das Konzept des "trockenen" und "nassen" Alkoholikers, der sich später bei den AA(c) in einer Pseudoreligion eine neue, eigene Spiritualität erdursten kann. Aber vielleicht können so auch nur nicht-Initiierte daherreden.

Prost. Irgendwie will der Konsument jetzt eine Platte von Pantera hören.

Y: The Last Man #4, Brian K. Vaughan, Pia Guerra

Nach diesem und jenem und dem. Wird abgeliefert? Klar wird abgeliefert. Yorick erreicht immer noch nicht die verschollene Liebste in Australien und noch immer kann er als letzter männlicher Mensch nur mit Atemmasken und Vollverschleierung in die Doppel-X-Apokalypse stolpern.

Dieser Band brennt fix dahin, da in der ersten Hälfte des Epos bereits so viel Schwung gesammelt wurde, dass das dicke Ende auch herbeirasen sollte. Außerdem geht es auch zu einem großen Teil um Affenliebe und Fäkalien, da ist man freilich sehr fix bei der Sache.

9/07/2012

God Bless America, Bobcat Goldthwait

Hier und hier. Dies ist ein sehr, sehr feines Produkt, das an seiner radikalen Prämisse nicht scheitert. Das ist ein politischer Film. Er befasst sich mit etwas, was selten direkt in Erscheinung tritt und trotzdem eine Vielzahl von Aktivitäten in sogenannten Gemeinschaften verursacht: blanker Hass und Verachtung.

Mit dem Hass und der Wut und der Verachtung verhält es sich wie mit dem Teufel: der größte Trick, das schlimmste daran ist, dass alle die Existenz selbiger Begriffe leugnen.

Die Verachtung ist hier ehrlich und offenbar und wird zelebriert und treibt Taten voran, die nicht gruselig sind sondern eine feine Genugtuung verursachen, da sie auf die kollektive Wut, die sonst nur mit beiläufigem Hohn und Spott ausgedrückt wird, aufbauen. Dieses Wort war zumindest beim Konsum im Raum. Bei keinem Kinobesuch erlebte der Konsument so viel Szenenapplaus im vollbesetzten Saal - also ist ein "böses" Gefühl für ein "gutes" Gefühl (oder ein "bittersüßes"?) verantwortlich? Ist das Katharsis, gute, alte Reinwaschung und Erlösung durch Schmerz?

Unser Held (nein, MEIN Held, an manchen Tagen mehr und an manchen Tagen weniger) ist freilich ein Redner und seine Rolle ist nicht auf gekünstelte Realitätsreflexionen angelegt sondern auf das, was Wut am besten kann: die Wirklichkeit vereinfachen. Wenn die Idioten einmal identifiziert sind, dann kann auch etwas unternommen werden. Natürlich kann der Held niemanden überzeugen. Viele Menschen (nach GBA-Logik die Idioten) werden ihn und seine Geschichte für übertrieben und geschmacklos halten - andere sehen sie als Zeichen der Hilflosigkeit der Menschen, die gern ein positives Interesse an der Außenwelt entwickeln wollen. Letztere werden aber ständig auf die letztlich un-ironisierbare Nichtigkeit, Widerlichkeit und Idiotie der sogenannten Mehrheit hingewiesen. Es ist richtig, das GBA Gewalt gegen Kinder beinhaltet, denn das sind ja auch nur zukünftige Idioten. Natürlich ist Gewalt eine böse Lösung, aber nur nach dem "Bosheits"-Begriff der Idioten. GBA zelebriert eine Befreiung - aus der Ferne winkt ein verflachter Nietzsche, als der Kugelhagel die Kamele zu Löwen und dann zu Kindern werden lässt.

Ob die Wut mit dem Alter vergeht, zeigt der Film freilich nicht. Hier wird niemand erwachsen, auch keine behüteten koketten Mädchen.

9/06/2012

Gerry, Gus Van Sant

Hier und hier. Da gehen dann eben zwei Typen in die Wüste und verwüsten die Erwartungen an ein Drama. Wortlos und karg und eindimensional bleibt alles, und trotzdem findet Van Sant Zugang zum suspense: denn das Gehirn des Zuschauers hält freilich nicht still und spekuliert los: wer könnte da was für ein Motiv haben? Ist das ein Mord? Ist er geplant, wurde er wie geplant durchgeführt und was faselt der eine da am Lagerfeuer? Achso, er spielt sowas wie Civi2 oder ähnliche Langzeitstrategiekisten. So weit, so normal. Macht das den anderen so wütend? Zeigt er seine Wut? Gibt es Indizien? Wer ist denn nun dieser Typ von dem die beiden reden und den sie als Adjektiv, Verb, Subjekt/Objekt benutzen?

Fein die gewaltsamen Kameraeinstellungen, die in ähnlicher Art und Weise freilich auch die anderen beiden Filme der Death Trilogy durchwehen. Da wird eben minutenlang Sediment gezeigt. Die Steine liegen steinig herum und dem Sand ist das getreten werden herrlich egal. Das ist nicht anti- oder posthumanistisch, das ist eine Ganzheitlichkeit, die den Menschen als kurzzeitige Störung identifiziert. Die letzte Einstellung ist eine Ansammlung dieser elementaren Wucht: ein Meer aus Salz (?) und eine einzige Horizontlinie und darin sich krümmende Leiber. Alles verschwindet. Alles verteilt sich in die Unkenntlichkeit.

9/02/2012

The Lovely Bones, Peter Jackson

Jener. Da hat sich einer auf seine Bilder verlassen. Ok, die Stimmung ist herrlich und das knallbunte Fegefeuer (Limbo? Wartesaal?) macht einen Riesenspass. Das Thema der Trauerarbeit verschwimmt auf ungewöhnliche Weise mit Spannungselementen, die mit der coolsten Oma seit langem garniert sind.

Am Ende wird man um die Wut betrogen. Der genial gespielte und inszenierte Kindermörder kommt einfach zu leicht davon. Das bisschen Genickbruch langt nicht: er liegt nicht in Benzin, er liegt nicht im Gedärm und er wird auch keines offenen Splitterbruches gewahr. Da macht man schon sehr laut "hmm" und isst noch ein Stück Käse.

Da hat sich einer auf die Bilder verlassen. Hat Peter Jackson seinen Cameo unbedingt im Fotoladen haben müssen? Dieser Halunke. Und soll die Rückkehr der Mutter einen Heilungsprozess beenden oder beginnen? Jackson hat mit Wonne die Genres gesprengt - in den 1990ern hätte man mindestens drei filme daraus gemacht: Kindermord (Thriller), Familientrauma (Melodram), coole Oma (Komödie, mit zwei bis drei Sitcom-Stars). Hier sind sie alle vereint im jenseitigen CGI-Reigen. Hui, alles funkelt...

The Invention of Lying, Ricky Gervais & Matthew Robinson

Hier. Im Kopf super, auf der Leinwand ein wenig herb.

Die Ausgangsdystopie ist ja schon sehr krass: es hat noch nie jemand gelogen und die Menschen sagen sich immer die Wahrheit. Das ist sehr faszinierend zu betrachten, aber in den wenigen Sekunden Verschnaufpause fragt man sich dann doch: warum weinen die nicht, wenn die das hören? Das ist dann eine sehr abstrakte Komödie, deren Argument und dessen Ausführung absolut neu und mutig ist.

Die Szenen selbst funktionieren als sehr, sehr clevere Sketche und hätten in einem Episodenfilm herrlich funktioniert. Der Hieb auf die Religion und auf die weibliche Gensuche sind dann fast schon zu plump bei so einer findigen Grundidee. Ein sequel wäre somit drin, denn man könnte jetzt auch den "nichtlügenden Politiker" als neuartigen Freak inszenieren.

Where the Wild Things Are, Spike Jonze

Dieser. Der Film ist eine feine kleine Ode an das Toben, das zwischen friedlicher Agitation und echter Wut pendelt. Jonze lässt den Jungen nicht reden, er erklärt sich nicht, er tobt und weint und lacht und es ist eine wahre Freude. Jonze hat wieder einen Mittelfinger in seinem Film versteckt und man versteht die Richtung der Geste.

Die Kreaturen sind, und so muss das auch sein, eine Schau: eine feine Physis wird offenbar, wenn sie sich wuchtig durch die Gegend werfen. Man denkt ja immer, dass so große Muppets viele filigrane Stangen und Seilzüge im Inneren haben und zuckt dann so zusammen: hier wird aber die CGI dezent zur Hilfe genommen, um ordentlich Krach zu schlagen. Trotzdem zuckt man, denn James Gandolfini spricht das zentrale Wilde Ding. Beklommen denkt man an die abgründige Herzlichkeit bei der wichtigsten Familie New Jerseys. Die Charaktere verschwimmen und der plumpe Beschützer wird zu einer noch komplexeren Figur. Der Abschied ist dementsprechend schlimmer als bei Old Yeller. Gut, dass es ||-Schalter gibt.

Das ganze Ende ist phantastisch. In diesem kleinen Moment am Esstisch wird das Wunder der Aufzucht von Kindern und Eltern offenbar - nicht als große Allegorie inszeniert sondern als erstaunliche, entsetzliche, erhabene Routine.

8/30/2012

Neuropath, Scott Bakker

Hier oder hier. Eigentlich ist das ein Strandreißer mit fixem Plot, bedrückender Thematik und einer vertraulichen, menschlichen Erzählstimme. Aber eigentlich ist dies ein neurowissenschaftlicher Seitenhieb, ein Roman der famose Entwicklungen zwischen Körper und Geist zum Thema hat und daraus eine verstörende Ethik formuliert.

Der Mörder ist hierbei ein Hirnmanipulator der den Menschen auf seine synaptischen Schaltkreise und weiche Fleischlichkeit reduziert. Und eben weil er es kann, wird die einem Kriminalroman zwingende Hintergrundsethik (dieser humanistische Quatsch mit Vokabeln wie Verbrechen, Schuld, Sühne, Verantwortung...) deutlich invertiert. Wer ist denn wirklich am Werk bei bösen Taten: der Teufel? Ein Opfer? Die Amygdala? Hormonelle Stimmungsschwankungen?  Bakker schafft es, "the argument" so richtig fein auszuformulieren und dialogisch aufzubereiten. Die unangenehme Erkenntnis: das sogenannte "böse" ist eine unter vielen Nervenverschaltungen. Man kann es auch abschalten.

Wenn man ein Weltbild hinzuaddiert, welches den Menschen als homo rapiens, als überbordenden Pilzbefall auf der Kruste des dritten Planeten dieses Sonnensystems begreift, verfinstert sich die Krimilektüre weiterhin. Gut so. Die Lektion des Neuropathen: es gibt Domänen, die gerinnen in die Nichtigkeit, wenn man sie überhaupt manipulieren kann. Das Gehirn ist kein Uhrwerk, keine zentrale CPU (die manchmal tickt und manchmal stockt): es ist ein immanenter Realitätsmörtel und keinesfalls ein neutraler Spieler im argumentativen Feld.

Dragon Age 2, Bioware

Hier. Und da. Sehr anders als der Vorgänger: weit stromlinienförmiger, schnittiger für die sogenannten Gelegenheitsspieler (?): ordentlich viele cut scenes, Dialoge ohne Ende, und ganz früh ganz dicke Drachen. Ist ja auch auf der Verpackung, so'n Ding!

Es ist das Surrogat der traditionellen RPG-Prinzipien und man kann das halten wie ein Dachdecker: ja, der Plot ist dadurch persönlicher und epischer, ja, der Spielcharakter hat einen festen Namen und eine Stimme und, ja, die Mitstreiter gewinnen dadurch auch an Tiefe.

Blöd nur, wenn man gerne Zahlen verteilt, wenn man sich gern Rüstungsklassen ausrechnen will und so. Diese Statistiken nimmt einem DA2 auch ab, sogar ein praktisches Sternesystem hilft, nützliche items von Ramsch zu unterscheiden. "Ramsch" ist generell eine vorgegebene Kategorie im minimalistischen Inventarsystem: besteht ein RPG nicht zu großen Teilen mit eben jener Unterscheidung, mit der Ramschigkeit von "Streitkolben +2" und "Wurfäxten des Donnerhagels"? DA2 ist für Touristen und die muss es ja auch geben, da sie Devisen in entlegene Gebiete bringen.

Wie schon beim ersten Teil verwundert und erfrischt die Beischlafoption: man kann tatsächlich unter Zwergen, Elfen und Menschen auch durchaus vielerlei abgreifen. Wenn Teil 3 endlich Orks und Trolle integriert und man dann auch die zum Kerzen(-licht-)dinner einladen kann sollte der Erfolg garantiert sein. Ist das dann Zoophilie? Ah, dieses verwirrende Genre...

8/25/2012

On the Waterfront, Elia Kazan

Dieser. "Conscience... that stuff can drive you nuts!"

Brando könnte ein Synonym für Klassiker sein, die Definition eines Schauspieler-Berühmtheit-Charismaarbeit-Hybriden. Ein Vehikel mit eigener Schwerkraft, ein Stern im wahrsten Sinne des Wortes. Und er ist in DotW tatsächlich grandios und unanzweifelbar, vor allem, da der Film wie um ihn herum gestrickt scheint: seine Rolle lässt ihn als unruhigen, zornigen und fehlerhaften jungen Mann erscheinen, der (sich) mit den etablierten Gesetzmäßigkeiten unter den Hafenarbeitern erst arrangiert, dann kontaminiert und schließlich kollidiert.

Es ist klassisches Tragödienmaterial, jedoch ist der Held nicht mehr ganz so jugendlich und stolpert auch nicht unverhofft in die Geschehnisse hinein: er macht sich zunächst deutlich schuldig und es dauert, bis er sich diese Schuld eingesteht. Natürlich muss das Ganze dann körperlich ausagiert werden und Brando muss und darf dann das tun, was Männern selten strittig gemacht wurde: er darf zur Arbeit humpeln. Vielleicht ist das das Ende der Jugend.

8/24/2012

Incognito: Bad Influences, Ed Brubaker, Sean Phillips

Hier, Sequel zu jenem. Wie sagt man so nett? Ein Schritt zur Seite, keiner nach vorn.

Noch immer gibt es hier eine seltsame, aber irgendwie schlüssige Welt von old-school-Superhelden, die von den Superschurken kaum zu unterscheiden sind. Es gibt Rehabilitationen, aber auch Rückfälle und Trugschlüsse. Die Umhänge hier können nicht über ihre Träger hinwegtäuschen: keiner ist edel, keiner hat ein reines Gewissen. With great power comes... great power. Und so füllt man in der Welt von Incognito das Vakuum mit menschlichen, allzu-menschlichen Bestrebungen.

Die Zeichnungen sind wundervoll, eine Mischung aus räudig und exakt. Sie entsprechen dem noirigen Inhalt: auf der einen Seite die Verwandtschaft zu acht Dekaden Schundunterhaltung, auf der anderen Seite die absichtliche Ernsthaftigkeit, um die finstere Stimmung zu vermitteln.

Famos die stark in Szene gesetzte Strahlenkanone. Sie sieht sehr, sehr albern aus, doch sie veralbert nicht ihren Träger und markiert Incognitos einmalige Stellung im besten Genre der Welt.

Fallout: New Vegas, Obsidian Entertainment & Bethesda Game Studios

Hier, bang-bang. Ist das ein sequel? Nein. Spin-off? Auch nicht. Es ist Fallout 3, wie es auch hätte sein können: da das Vehikel ja so erfolgreich war und solche Sandkisten-RPGs schnell süchtige Fans verursachen, hat man eben dieses Teil publiziert. Die Marke gibt es her. Denn sie will es ja auch.

Und was schon beim chronologischen (aber nicht evolutionshistorischen) Vorgänger froh machte, macht hier auch froh: grau-beige Apokalypse, Ruinen, Dialoge ohne Ende und wundervolle Schrotflinten, die immer wieder Köpfe in Einzelteile zerlegen können. Wieder fliegen Teile des Kiefers und Augäpfel meterweit. Ist halt eine herbe Gegend - statt der nukularisierten Umgebung von Washington gibt es hier freilich das neue Vegas zu erforschen, inklusive Hoover-Damm und Wüsten-Chic. Neue Römer gibt es, und auch Ghule im Weltall. Und Roboterhunde mit Leihhirn. Fein. Bekloppt, aber fein.

Was nicht gut war und auch nie gut sein wird: inhaltlich gesehen fehlt die Anfangssequenz, die einem den Protagonisten ans Herz legt. Hier muss nur fix ein Name eingehackt werden, Geschlecht-Frisur-Wangenknochen kalibriert werden und ab. Die Kleinkindphase bei FO3 war schon fein. Aber vor allem, und das macht den Umstand, dass das Ding trotzdem durchkonsumiert wurde, geradezu entmutigend, ist folgender gravierender Umstand, der die Marke wohl auf ewig entstellen wird: FO:NV hat noch mehr Käfer als FO3. Es hakt und stockt und lädt und flockt. Es nervt. Der Showdown wird mit einer Mischung aus Genugtuung, Erleichterung, und abklingendem Masochismus begangen. So dauert es mindestens sechs Monate, bis ein neuer Durchlauf in Erwägung gezogen werden könnte.

8/22/2012

Shooting Elvis, Robert M. Eversz

Hier. Wir brauchen keine Einleitung, wir brauchen keine mehrzeilige Introspektion und auch keine Mehrperson-Reflektion. SE geht voran und wenn man das Ding nicht mag, dann vielleicht wegen der recht eindimensionalen Schilderungen der an Warhol angelehnten Boheme-Kunst-Avantgarde-Coolness-Kiste. Denn die missverstandene junge Frau gerät in die große Stadt und kommt zur Kunst, als Muse und als Alibi. Der Autor nutzt das gleich für einen kleine Pop-Grundkurs, der der Heldin freilich gut tut, da er nichts mit dem prügelnden Vati zu tun hat.

Aber allzu berechenbar wie ein Punksong ist dieser sehr rasante (auweia, "rasant" sagen doch nur Zeit- bzw. Hörzuleser, oder?) Text doch nicht, denn er hält bis zum Schluss seine Geschwindigkeit durch. Die kleine Irre lässt sich nicht kleinkriegen. Erst Knüppel lassen sie niederknien. Jawohl, es geht vor Gericht - jawohl, Disney wird sich wohl eher nicht die Filmrechte sichern.

Ein famoses young-adult-Ding, aber der adult-to-be sollte nicht allzu young sein, denn die Jugend soll sich ja nicht alles verbauen, mit Massenmord, Verrat und Raub oder ähnlichem.

8/17/2012

Batman: Year One, Frank Miller, David Mazzucchelli

Hier, endlich. Urlaubszeit ist Batman-Zeit. Dieser fängt hier an und hat noch ganz stumpfe Ohren und ganz sicher keinen Urlaub. Dann wird er auch noch angeschossen und taumelt umher. Vielleicht lohnt sich ein Umzug nach Metropolis? Aber nein, wird schon. Wissen wir ja.

BYO ist also eins dieser Prequels in dem Genre, das die origin stories eigentlich erfunden hat. Jaja, Gammastrahlen, Spinnenbiss, galaktischer Schmuckversand... Hier geht es nun um die Zeit zwischen den toten Eltern und den ersten Batarang-Würfen. Frank Miller durfte ran weil er schon die Phrase "Dark Knight" mit dem alten Batman publik machte und vielleicht einer der ersten (zumindest einer der erfolgreichsten) war, der Superhelden als Wesen mit Biographie begriffen hat. Sein Bruce Wayne, ein nicht augmentierter Menschen, ist ein feiner Leidensknoten und nur in zweiter Hinsicht der Fokus von allerlei Aktion und Krawall. Das ist/war neu. Ob dadurch comics zu graphic novels werden und an sogenannter "Tiefe" gewinnen, sei dahingestellt. Batman Begins ist ohne BYO nicht möglich gewesen, und wieder finden sich hier einige panels, die eins zu eins in Nolans Film übertragen wurden.

Commissioner Gordon ist auch noch nicht Commissioner. Da haben sich ja zwei gefunden - so können sie den Mythos des Anfangs von zwei Seiten bespielen. Die Freude beim Konsum liegt wie bei jedem prequel: man erkennt Aspekte und Fluchtlinien, die auch beim etablierten Kernprodukt bestand haben werden. BYO schafft Ordnung in einem eigentlich schon sehr ordentlichen franchise.

8/15/2012

Prometheus, Ridley Scott

Freilich jener. Was bleibt? Ein ähnlich lange erwartetes Produkt wie der finale Batman wurde nun endlich konsumiert und zieht sich doch ein wenig in der Verarbeitung... zu hohe Erwartungen, die zwangsläufig enttäuscht wurden? Mitnichten. Denn dieses Prequel-Sequel-SpinOff-Reboot löst sich auf feine Art und Weise von den Bilderwelten der Vorgänger (Nachfolger), indem es den düsteren Industrie-Charme der Korridore und Hallen durch eine vollstveredelte Großgeldlandschaft ersetzt: dieses Raumschiff (auch wieder mit einer "Mutter" und einem "Vater") hat Helligkeit, glatte Oberflächen und fast schon gemütliche Kurven. Bestimmt gibt es eine Freisprechanlage mit Siri drin. Eine wahrlich schöne Maschine. Das Cockpit ist nicht diese Front aus Knöpfen, diffusen Leuchtreihen im Dunklen, nein, es ist ein Glaskasten und homo rapiens darf sich stabil an eine Art Bar stellen. Der Mensch baut sich quasi dem rasenden Raum gegenüber auf. Die Raumanzüge sind ebenfalls deutlich weniger beklemmend. Recht so.

Ja gut, wenn die Probleme anfangen, werden auch die schönen Wände besudelt aber die herrliche "Cut-R-Up"-Selbstchirurgiestation ist immerhin hell und touchscreened und effektiv.

So wird dann das Grauen auf dem Planeten noch besser in Szene gesetzt - die engineers sind biotechnologische Hybriden, die mit der Technologie verschmolzen und zu etwas anderem wurden - Maschinenmenschen zweiter Ordnung. Letztlich ergeben sie eine grausame Maschine mit einer angeschlossenen Maschinerie - und hier kommt das gute alte Alienmotiv wieder: der Navigationssitz des space jockeys wird in aller phallischer Macht inszeniert und zeigt auf das objective. Eine WMD innerhalb einer noch viel größeren WMD.

Und zwischen den zwei Maschinerien, der schönen und der grausamen, steht das beste Crewmitglied der Welt - ein Androide wie es noch nie einen Androiden gab. HAL? Data? Wally? Nein, nein, nein, das einzig relevante Kunstwesen heißt David und ist der Sohn der nie Vater wird und der somit sowohl die Hoffnung als auch der Schrecken jeder paternalistischen Gesellschaft sein dürfte. Genial gespielt von Herrn Fassbender  darf dieses Wesen überleben und muss vor allem nicht die Menschheit retten, denn es ist besser als sie. Es ist der nächste Schritt, es ist immun gegen die Xenomorphs, die engineers und ihre Stammbäume: David hat sich befreit. Gespannt wartet man auf die wohl ähnlich wuchtige Fortsetzung dieses Prequel-Sequel-SpinOff-Reboots - da muss es dann doch einen Goliath geben, hu?

8/13/2012

Lonesome Dove, Larry McMurtry

Das hier. Erstmal Gesicht trocknen. Diese fast eintausend Seiten sind ein treues Brikett vorm Gesicht, eine grob gedruckte Einheit aus Recyclingpapier und Kleister. Dieses Ding lauert in Bücherregalen jahrelang, nur um dann in verblüffend hoher Geschwindigkeit zerkaut zu werden.

Es ist eigentlich eine Seifenoper im Wilden Westen. Es gibt eine Handvoll kämpfender Kämpfer und reitender Reiter und dann gibt es den Horizont. Die Frauen sind freilich entweder Mutter oder Prostituierte, meistens letzteres, und bezüglich der Lebenshärte dem Land teils ebenso angepasst wie die Männer. Es wird geschossen. Und dann wird notdürftig gewohnt und ausgehalten, bis wieder weiter geritten und geschossen werden muss. Es gibt keine singulären Helden, das dicke Ding gewinnt vor allem durch die Vielzahl der Statisten, Fluchthelfer und Bauernopfer an Fahrt. Die Dialoge sind markig, prägnant und nie zu reflexiv. Auf nach Montana, keine Zeit für Quatsch.

McMurtry ist noch epischer, als der Umfang des Konsumguts erahnen lässt - mit seiner sachlichen Erzählweise, die sich eher an den Bewegungen (nicht aber der Beweglichkeit) der Dinge und der Verletzungen (nicht aber der Verletzlichkeit) der Körper fest macht, kann er durch bloßes Weglassen den ganzen mythischen Horizont des Westens hinaufwuchten. Aus der Summe der großen und kleinen Taten der Helden und Heldinnen steigt das dicke W empor und man will zum einen erfahren, wer denn nun überlebt und wer nicht und man will auch mehr von diesem Bild haben, von diesem Horizonteffekt. Das ist vielleicht eine Küchenepik, aber immerhin: auf Seite neunhundert zeichnet sich ein rotglühendes Cinemascope-Ende ab, das einen weiter aus der Küche heraus entführt und dann rhythmisch seufzen lässt. Bei McCarthy ist das anders, da seufzt man ob der Menschenleere, ob der erschöpften Materialien. Bei McMurtry seufzt man ob des geschundenen Chors, ob der zähen Menschenmenge, die den Kühen, Flüssen und Steinen doch irgendetwas abringt - und sei es ein wöchentlicher Kuchen.