9/16/2012

Everyman, Philip Roth

Hier und hier. Ach, Herr Roth, hier also ein gelobtes kurzes Spätwerk. Was ist eigentlich nicht Spätwerk bei Ihnen? Bei Everyman stirbt ein Jedermann (zu spät? Auf jeden Fall zu früh für sich selbst...) und reflektiert über seine Dekaden davor. Frauen, Kinder, Jobs, die Ostküste. Routiniert und mit sehr, sehr, selbstsicheren Absätzen werden die Eskapaden abgehandelt und Bitternis wird auch Bitternis genannt. Was ist denn da nun die große Pointe? Dass der Tod keine hat? Seit wann ist das neu? Wem soll das die Furcht nehmen?

Schöne Szenen hat das kleine Ding, die schönste ist das Treffen mit dem Spatenmann, der immer die Gräber aushebt. Der Spaten als Allegoriemetaphersympolheititei für die Endlichkeit und die Ehrlichkeit der materiellen Arbeit. Der grim reaper ist Sisyphus und eine kosmische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Nach einem Roman von Roth wird die Welt nicht stiller, aber das Quieken und Keifen der Lebenden wird noch ein wenig nebensächlicher als ohnehin.

Grosse Pointe Blank, George Armitage

Hier. Dieser Klassiker wird viel zu wenig rekonsumiert. Augen auf (zu?) bei der Berufswahl: Cusack ist der professionelle Auftragsmörder, der kein faustisch-schweres Herz mit sich herumträgt und eben nicht mit seinem Schicksal und überhaupt verzweifelt: nein, die tägliche Arbeitsfront lässt ihn schwitzen. Da ist die Konkurrenz, da sind die Mitarbeiter, und da ist die schwierige Verbindung mit dem sogenannten Privatleben. Eine romantic comedy wird der Film freilich erst durch die bezaubernde Minnie Driver, die nicht im Verborgenen Existentielles verrichtet, sondern (als Radio-DJ) im öffentlichen Äther alltäglichen Pop und Menschlichkeit verbreitet.

GPB könnte sich auf seine "Frechheit" verlassen und einfach nur achso böse Pointen abfeuern, tut es aber nicht. Mord ist nicht zwangsläufig zynisch und auf keinen Fall zwingend unromantisch oder unlustig. Der Film schafft damit eine angenehmes ethisches Vakuum, ohne seinen Ort zu vergessen: freilich ist das Ehemaligentreffen schwierig und freilich sind die meisten Pappnasen von damals noch schlimmer geworden - das wären sie aber auch, wenn Cusack ein gefeuerter Müllmann wäre. Teils rechtfertigt dies sogar den herrlich hysterischen showdown, wo der Job einem einmal wieder bis nach Hause verfolgt.

The Unwritten #1, Mike Carey, Peter Gross

Volume 1: Tommy Taylor and the Bogus Identity. Hier. Das schlimme an diesem Vehikel ist, dass Menschen, die nicht genau hinschauen, es mit einen Harry-Potter-Verschnitt assoziieren könnten. Das ist allerdings ungerecht sondergleichen, kommentiert the Unwritten doch nichts geringeres als die ganze Weite englischer Literatur. Kipling und Wilde haben einen Auftritt und auch eine sehr süffisante Aufbereitung der Frankenstein-Thematik: ein Schöpfungsmythos vom Schöpfungsmythos, ein Text².

Allerhand In- und Evokationen. Und ist das Ganze dabei sperrig und großkopfert und kopflastig und kaputt? Mitnichten. Freilich hat sich Literatur schon immer mit dem Schreibenden und dem Geschriebenen und dessen Unterscheidung auseinandergesetzt. Aber The Unwritten kommt mit klaren, feinen Bildern daher und fasst das endlose (und beliebig intellektualisierbare) Thema in eine jetzt schon spannende und weiterhin vielversprechende Handlung zusammen. Was würde wohl Paul Auster dazu sagen?