1/27/2011

Call of Duty: Modern Warfare 2, Infinity Ward

Premiere! Endlich Krieg im Konsumgraben. Endlich etwas Echtes. CODMW2 ist eines von vielen erfolgreichen Ego-Shooter-Kriegsspielen. Ist es auch eine Kriegssimulation? Keine Ahnung, Krieg gibt's nur im Fernsehen, aber nie mit so gutem Ton wie hier. Der originale Krieg soll ja ziemlich ernüchternd sein. Kein Strom, keine smoothies und keine Wasserspülung. Miese Akustik da draußen. Kaum Resonanzen. Auch kein Platz für Sarkasmus, dort.

Wunderbarerweise ist das Spiel ein Spiel und lässt Clausewitz herein aber das Humanistengedünkel draußen. Zur Sache, meine Herren.

Eine konsumierbare Posse mit autoritären Zügen - kann man das über Krieg, das Spiel, oder beides sagen? Jedenfalls geht es um die frischesten Möglichkeiten der Kriegsführung, vom snipen bis zum snuffen und kurz vor der rail gun. Das ist echt, das ist real, das ist da draußen. Wir machen keinen Mist, deine Mudda darf Aliens jagen und Gangster austüten aber wir machen was echt Echtes. Es ist alles auf Cinemascope 2.0, auch der daily news feed. Augen auf, Mund zu. Mit Aggression hat das wenig zu tun - und damit gewinnt man auch nichts. Im Krieg ist das bestimmt genau so. Das Echte zählt. Dies ist kein Kinderkram. Sprinten oder Zielen, man muss sich entscheiden, so muss es sein! Go Army, da hast du was Echtes, was Reales, eine Ausbildung oder Rentenanspruch und Krankenversicherung. Was zählt, ist die Mission: der stete Wechsel der Spielfigur stellt die 'warfare' in den Vordergrund. Das einzig Wahre halt.

Die Szenerien sind international und bekannt: es geht von Bohrinseln bis in die Schützengräben vor dem weißen Haus. Die beige Totale namens Desert Storm gibt es natürlich auch. He, hat der echte Curtis Jackson da am Soundtrack (insgesamt ist der von Hans Zimmer) mitgemacht? Ah, im voice acting. Eine echte Signatur. Der Verweis ist klar: wozu hat der Humvee sonst einen iPod-Halter?

Die sogenannten Antikriegsfilme hatten ihre Zeit - die nahmen nämlich an, dass es die Reinen und die Unwissenden gibt, die dann Schwerter zu Pflugkatalogen schmieden. Firlefanz. Keiner ist unschuldig. Warum auch? Unschuld ist ein Merkmal von langfristiger Langeweile und dafür hat nun wirklich keiner Zeit. Das bringt einen zu einer Bemerkung zur Zielgruppe: die Jugend will sich von der Unschuld entledigen. Und deshalb ist dieses Spiel ein Werbespiel für den größten Jugendverschicker der Welt, der fast jeden nimmt und fast jeden Körper zum Zermalmpotential addieren kann. Wer in Dumbstuck, Iowa, sitzt, will mit großen Steinen werfen. Kann man jedenfalls mutmaßen. Und die Maschinen hier sind echt, echt teuer und echt wunderschön. Gewinnendes Design, quasi.

Die Geschwindigkeit ist enorm. Und die Erzählung nutzt das aus: Anweisung rechts, links, zack, friendly fire, huch, links, rechts, nachladen, daneben, zack, Granate werfen, Deckung. Da wird auch Schneemobil und Schlauchboot gefahren. Hauptsache schnell.

Wunderschön die Weltall-Perspektive. Atompilz von oben. Erhabene Stille. Und dann weiter, in den strahlenden Schlamm.

Woher kommt der Spielerschweiß? Körperlich anstrengend ist das Betreiben von je zwei Daumen und Zeigefingern nicht. Aber erschreckend der audiovisuelle Input. Nicht erschreckend im Sinne von Moralgefasel sondern gute alte Reizüberflutung. Man will doch nur gut sein. Überleben. Den nächsten Spielabschnitt sehen. Die nächsten Dialoge über Funk mithören. He, klingt fast wie das echte Leben. Wenn die Spiele eine Dimension dazugewinnen wird dieses franchise voran gehen. Pionierarbeit leisten, in unbekanntem Terrain.

Ähnlich wie das Phantom Krieg ist CODMW2 technisch in jeder Hinsicht atemberaubend, vom Knochen bis zur Panzerkette und vor allem die Verbindung dessen. Ein richtig gutes Ding. Seltsamerweise hat der Konsumt Zombies und suspense und trallala vermisst - das sagt einiges über den örtlichen eskapistischen Grundbedarf aus. Der Multiplayer-Modus' kann da nur echte Spezialisten verlangen.

1/24/2011

Red Dead Redemption, Rockstar Games

Noch ein amerikanischer Erwachsener mit Schusswaffe. Das Jahr 1911 war ein kniffliges Jahr, denn nach ihm wurde auch ein Colt benannt. Der Colt "Government". Und eben jene Regierung macht nun den Wilden Westen den Westmenschen streitig, indem es seine miesen eigenen Pläne verfolgt. Der Held hier, ganz in der Tradition der Rockstar-Games-Sandbox, ist gebeutelt und korrumpiert und kann ja gar kein (ödes) Normaloleben führen. Grundlage einer guten Geschichte.

Der Hype ist berechtigt. Die Begeisterung für das Produkt lässt sich kaum in ein paar windige Zeilen zwängen. Rockstar Games haben mehr als nur Hausaufgaben gemacht und sich mit enorm viel Hingabe (jawohl: Liiiiebe) einem der traditionsreichsten Themengebiete der Unterhaltung gewidmet. Jeder Konsument kennt den Avatar des Cowboy - wahrscheinlich als allererstes Vehikel der Zerstreuung. Cowboys, Piraten, Ninjas, Astronauten... da kann man schnell Opfer der Klischeemaschine werden. Doch nicht hier.

Das Duell ist eine Hoffnung auf Lebenserleichterung. Im zwingenden Pragmatismus der unerschlossenen Territorien können die infamsten Probleme mit dem Zeigefinger geregelt werden. So unkompliziert war die Welt nie wieder. Ein Höhepunkt ist das Duell mit dem manischen Deutschen, der einen Poker-Betrug vermutet. Er lag richtig, aber wen fressen jetzt die Geier? Eben. Rockstar Games verstand das, diese erhabene Logik von Hahn, Abzug, Trommel und Wille.

Alle Territorien der USA sind vorhanden in diesem Paralleluniversum: Rockies bis Texmex mit Louisiana und dem Mittleren Westen dazwischen. Metropolen gibt es wenige - dafür endlose Prärie und Bärenangriffe und Postkutschen und pfeifende Revolutionswirren bei den Proto-Chicanos. Und die Soundkulisse! Viel Munition wurde verbraucht bei der Hasenjagd - nicht wegen eines Hasenhasses sondern wegen des Wohlklangs aller Schießwerkzeuge. Das Lied vom Tod, als Nachspiel? Egal, nachladen.

Vielleicht ist dies das erste Spiel, bei dem man sich auch gern nur einmal den Sonnenuntergang anschaut. Pferd scharrt herum, der Held checkt die Winchester... und Bibliotheken voller Wildwestromantik ergießen sich durch das HDMI-Kabel.

Das Ende. Das Ende. Alle Dinge enden. Mit einem Ende kann auch Mittelgutes besser enden. Hier haben wir etwas wundervolles, das irgendwann endet... endet es gut? Es endet hervorragend. So wird es gemacht. Das ganze Pack da draußen, die ganzen (Dreh-) Buchautoren und Unterhalter und Fotographen und Filmer, die sollen sich daran ein Beispiel nehmen. Es ist red, es ist dead, es ist redemption. Zieh!

Im vorletzten Absatz noch was zum Nörgeln ansprechen...? Nein. Vielleicht das: im vorliegenden Spiel hat es gespukt. Der Konsument vermutet hier die letzten Spuren einer anders geplanten Endsequenz: in der Scheune auf der heimischen Farm ist eine eigenartige Schrift im Obergeschoss, unter dem Dach. Sinnvolle Worte, unheilvolle Worte. Und kurz vor Schluss fällt die Tür hinter der Familie zu, und wer bleibt mit dem Helden im Inneren und am Ende seiner Geschichte gefangen? Das Gespenst seines Sohnes, das mit versengtem Blick in die Zukunft starrt. Der Konsument vermutet ein Ende, das die letzten Spielszenen als Wunschtraum entlarvt - aber bei RDR gibt es keine Wünsche, keine Träume. Nachladen.

Prachtvoll. Jetzt noch eine Partie Hold'em. Papa braucht neue Kugeln für den Büffeltöter. Nachladen.