1/23/2008

Der Nebel, Frank Darabont

Verfilmungen von Stephen-King-Stoffen können auch schief gehen. Diese hier nicht. Darabont hat schon die erfreuliche Green Mile und die grandiose Shawshank Redemption gemacht. Als er sich dann mit The Majestic eine blutige Nase holte, ging er anscheinend fix zurück zum Bewährten.

Der Nebel ist nicht der Nebel sondern der Nebel: The Fog hat mit diesem Nebel, im Original The Mist geheißen, nichts zu tun. Das verwirrt ein wenig. The Fog ist ja so einer dieser 70er-Jahre-Klassiker (nagut: 1980), die wie TCM für eine frische Schar Teenies neu aufgelegt wurde. Doch The Mist ist frisch.

Dieser Nebel hat wildes Viehzeug und das Szenario erinnert ein wenig an das Universum von Half Life. Allerdings ist es hier die ländliche Kleinfamilie, die erst getrennt und dann vor die Hunde geht. Schön dabei ist die Klaustrophobie im matt-körnig bebilderten Supermarkt und die genretypische homo-homini-lupus Dramatik. Tom Jane macht das alles sehr gut und auch das Kinnhaken-Ende weiß nicht zuletzt durch seine Darstellung zu überzeugen.

RIP, gutes Konsumgewissen

Eine kleine Anmerkung bezüglich des unglücklichen Ablebens des Schauspielers Heath Ledger, nicht mehr und auch nicht weniger.

Der erste Gedanke beim Lesen der Nachricht betraf den bald anlaufenden zweiten Batman-Film von Christopher Nolan. Der Gedanke lautete nicht: ein junger Mensch starb viel zu früh, sondern: hoffentlich hat er den Film abgedreht. Hoffentlich muss der Kinostart nicht verschoben werden. Hoffentlich müssen die Produzenten nicht aus lückenhaftem Material eine neue, unbefriedigende Version zusammenhacken.

Das ist nicht nett.

Man beachte den unbedachten Tonfall im Konsumgraben-Eintrag bezüglich Batman Begins.

Es bleibt spannend, wie das Marketing auf das Ableben der zweiten Hauptrolle reagieren wird. Schließlich ist der Joker einer der bekanntesten Comic-Charaktere bei DC überhaupt. Man denke nur an Jack Nicholson, der ihn in Tim Burtons Erst-Neuauflage von 1989 verkörperte. Der Joker stand immer für eine einmalige Kombination von rasierklingenscharfer Ironie und war stets ein Bollwerk grotesker Düsternis, einer dem nichts heilig ist und der *aufteufelkommraus* nicht ernst sein konnte. Ein Massenmörder der Unterhaltung, der für das persönliche Amusement auf spektakuläre Art und Weise Menschen meuchelt - kindgerecht und publikumswirksam. Nicholson konnte damals so gut sein, da er vorher einmal das Shining hatte und somit schon einmal jokeresque Wege beschritt. Das Publikum hat ein Elefantengedächtnis.

Doch keine Angst, ihr Nerds. The Dark Knight ist abgedreht und angesetzt. Die Welle rollt und Ledgers Tod wird für das Einspielergebnis sicherlich von Vorteil sein. Das Echte, das Wirkliche hat eine (teure, aber freilich auch triviale) Comic-Verfilmung veredelt. Die finstere Aura des Jokers bekommt nun einen Beigeschmack der Einmaligkeit, der Letztmaligkeit. Schaun wir mal, was passiert. Es sei hier kurz an Hollywoodland verwiesen, einen Film der das Thema U-Produkt und den "Echten Tod" auch recht klug behandelt. Manche Dinge wiederholen sich anscheinend.

Die Filmplakate werden wohl überarbeitet werden. Die Frage "Why so serious?" lässt sich einfach zu gut beantworten.

Aber Mr. Ledger wird demnächst nicht nur als Todes-Clown zu sehen sein. Nein, er spielt auch eine Version von Bob Dylan - höchstwahrscheinlich popcorn-inkompatibel und etwas geistvoller. Dylan selbst ist ja auch eine fast mythische Figur, ein Etwas zwischen Ikone und Individualität in dem Mensch, Name, und Aura seltsam verschwimmen und ggf. auch polarisieren. Die Entscheidung, den alternden Musiker von diversen Schauspielern verkörpern zu lassen unterstreicht das komplexe Feld zwischen Massenkultur, Reproduktion und dem Un-Wort Person.

Der Titel jenes Films ist ebenfalls nicht frei von düsterer Komik: er heißt I'm Not There.

Die Bilder sind von der FAZ und von der offiziellen Seite von The Dark Knight.

1/22/2008

Thumbsucker, Mike Mills

Bei der Jugend nicht viel neues. Oder doch? Am Daumen zu lutschen ist wohl das berühmteste aller freudianisch interpretierbaren Symptome - der Film nimmt es als plakativen Ausgangspunkt für allerlei intrafamiliäres Drama. Oh wie schön ist Oregon!

Justin ist ja nicht der einzige Leider in dem Film. Der Kampf um Orientierung und Zielsetzung wird auch von Vater und Mutter (Tilda Swinton spielt erfrischend un-ätherisch) ausgestanden. Mal wieder ist das prä-adoleszente Kind der Familie sonderbar altklug und alltagsweise, so wie die Helden von South Park oder die Gören in Delillos Büchern. Besondere Erwähnung verdient schließlich uns' Keanu als hippiesquer Zahnarzt, der kein bloßer Mentor ist sondern ebenfalls diverse innere Renovierungen erledigen muss.

Den direkten Vergleich mit Hallam Foe verliert Thumbsucker knapp. Dafür sind die die Bilder ein wenig zu bekannt, die Weisheiten ein wenig zu breitgetreten. Das heißt freilich keineswegs, das die Welt nicht noch mehr von dieser Art Filme braucht. Coming-Of-Age-Geschichten müssen notwendigerweise beliebt sein, denn nirgendwo sonst können antike Dramen so leicht implementiert werden und nirgendwo sonst können Sex und Gewalt so unschuldig (sic) ausprobiert werden. Insbesondere Thumbsucker stellt artig die Frage, wieviel Pharmazie in die erkrankte Jugend hineingetragen werden sollte und wie man sich einen gesunden Teenager vorzustellen hat.

Hallam Foe und Thumbsucker stinken freilich beide gegen The Graduate ab, aber das war ja zu erwarten. Der Tauchanzug ist das Goldene Kalb der Adoleszenz.

1/20/2008

Black Sheep, Jonathan King

Dich mähen wir auch noch. Ja, es geht um Zombie-Schafe auf einer neuseeländischen Farm und ja, Neuseeland ist das Land wo Peter Jackson herkommt und ja, es erinnert an dessen Frühwerk Bad Taste.

Alles, was ein Film haben muss.

Control, Anton Corbijn

Corbijn ist sich seiner Sache sicher und hat seinen bekannten Stil in bewegte Bilder verpackt. Und irgendwie passt die Musik ziemlich gut zu schwarzweißem Grobkorn.

Control schmeckt für ein Musikanten-Biopic angenehm europäisch. Die gängige Stationenfolge von naivem Mut, Enttäuschung und finaler Seligsprechung durch die kreischende Masse steht als Referenz in weiter Ferne. Allerdings ist eine Ikone wie Ian Curtis existenzbedingt rauh und grob und der rundgelutschten Mainstreamerzählkultur eher verschlossen. Nein, Corbijn hätte Ray wohl eher nicht machen können.

Joy Division sind eh komplizierter als gedacht. Erstens: die entsprechenden Alben sind hier durchaus bekannt doch das Ganze klingt soviel besser im Kino. Der Postpunk von vor der MTV-Explosion braucht wohl doch Bilder (und die liefert Sam Riley ziemlich gut). Ob er wirklich wie Curtis wirkt, müssen Augenzeugen entscheiden. Zweitens stehen Joy Division in Verbindung mit dem Manchester Hype, anscheinend eine Art englisches frühes Seattle. Hier weiß man noch recht wenig davon aber Control macht auf jeden Fall neugierig. Ah, diese Briten.