3/20/2010

All the Sad Young Literary Men, Keith Gessen

Angry white men? Nö. Traurig sind sie. Warum? Wegen der verflixten Literatur! Und der Wirtschaft! Und der Politik. Und einander.

ATSYLM ist fast schon Populärliteratur, aber es umgeht die Beliebigkeit des Genres. Gessen versammelt einige Absolventen, die sich in den 1990ern auf den Berufsjahrmarkt begeben und an monogamen Lebensplanungen versuchen. Und scheitern. Und wieder scheitern. Aber auch (Einsicht) gewinnen. Das alles geschieht während der Starbucksifizierung der USA, die sich vor allem mit Praktikantinnengarderobe beschäftigen.

Ein gutes Buch. Unaufgeregt und ehrlich, ohne in Coupland-Groteskerien zu verfallen.

Cryptonomicon, Neal Stephenson, Teil 2

Vollbrachter Konsum. Uff.

Und warum fehlen in diesem Eintrag die euphorischen Ausrufungszeichen? Weil Crytonomicon wirklich zu lang ist. Doch, das scheint es zu geben bei solchen Schmökern. Stephenson macht es einem leicht: sein Epos treibt einige wenige Erzählstränge sinnvoll voran und vermeidet irreführende Episoden. Gut so. Trotzdem zuviel. Dabei ist es auf gar keinen Fall die historische und geographische Tragweite des Projekts, die irgendwann nervt - mitnichten. Aber wenn man gerade keinen Strandurlaub zur Hand hat oder sonstwelche liegende Ödnis, dann dauert das Fortschreiten des Konsums einfach zu lange.

Stephensons stets frische Ideen hätten für drei Bücher gereicht; im Falle vom Cryptonomicon hätten 800 Seiten dem Ding besser gestanden. Bei seinem Barock-Zyklus (noch nicht konsumiert) hat Stephenson sein Hirn effizienter auf Papier gequetscht: der hat drei wuchtige Bände und raubt dem Konsumenten flux jedwede Hoffnung auf fixe Eroberung. Besagte Serie ist übrigens inhaltlich mit Cryptonomicon verflochten. Wäre sonst ja auch zu einfach.

Auftrag Rache, Martin Campbell

Irgendetwas lief schief... irgendwo ist ein uneingeladener Wurm drin. Warum kracht der Film nicht? Mal überlegen.

Es liegt ein Film vor, der das einzige Thema behandelt, das im dritten Jahrtausend noch echten Eifer verursachen kann: Rache (trotzdem ist der deutsche Titel schon wieder dümmlich: "Edge Of Darkness" klingt nun wirklich stimmiger). Im Graben wurde ja auch 96 Hours kommentiert. Schöne Sache, die Rache. Tarantino kann ein Pfeifkonzertchen davon dirigieren.

Aber Auftrag Rache kokelt eher, als das er brennt. Freilich ist es schön, mal wieder Herrn Gibson in Breitwand zu sehen. Uneitel und fähig ist er und wohl auch einer von den Guten (seine evangelische Schlingerfahrt macht ihn nur menschlich, den Hallodri). Aber die vorliegende Geschichte ist zu klein, zu häuslich: ist der sogenannte Ökothriller nicht ein Relikt der 1990er? Schade. Auftrag Rache ist ein kleiner Film und vielleicht passt Gibson nicht mehr in kleine Filme. Diese Reibung verleidet einem das Spektakel. Sieh es ein, Mel: manchen Kostümen bist Du entwachsen!

Der Konsumgräber kreuzt noch immer die Daumen für Sequels von Gibsons Greatest Hits: Lethal Weapon, Mad Max oder Passion of Christ.

Bilder von KBWN und iambubble.wordpress.com.