6/06/2007

Pirates of the Caribbean: At World's End, Regie: Gore Verbinski

Man hat's geahnt: überfrachtet in fast jeder Beziehung ist dieses Produkt. Vorweg muss man sagen, dass sein Konsum angenehm war und dass die Verdauung recht gut vorangeht. Die Bildästhetik ist ganz herrlich und man muss den Graphikern für so viele Details danken.


Genau wie bei Spider-Man 3 gab es emotionale Vor-Investitionen, diesmal in Form von ewig alten PC-Spielen. Aber anders als bei jenem anderen sequel-sequel war die Enttäuschung nicht spürbar.

Erfreulich ist Jack Sparrow. Er wird mit Spiegelungen seiner selbst bestraft. Aus literaturtheoretischer Perspektive ist das freilich wunderbar, denn da wird bezüglich der Identität der Charaktere ja auch immer umhergekaspert. Jack als Kopie von Jack, dem Piraten-Simulakrum. Fein. Und lustig ist er auch!

Knifflig wird es allerdings, wenn die Motivlage der einzelnen Charaktere ausgelotet werden muss. Jeder will wirklich etwas anderes. Da ist das Zusammensein in nur einem Boot sehr schwierig, und in gleichem Maße auch der Verständnisprozess des Konsumenten. Das Meer verlangt Koordination vom Menschen, Gleichmut und Harmonie: sowohl das Festlegen der Route als auch Bereisen selbiger. Hieran kann einiges Zerbrechen, bei Moby Dick wie auch der Piraten-Oper.

Dieser Schinken-Komplex lebt, wie auch andere seiner Art, von dem Motiv der Bewegung und der Freiheit. Eskapismus in Form und Inhalt, quasi. Somit ist es nur recht, wenn im dritten Teil, dem Finale, ein wenig mit diesem Motiv gespielt wird. Erst muss man den Horizont drehen, um die Vektoren neu auszurichten. Dann muss man den Kompass (wie bereits bekannt) nicht nautisch sondern im spezifischen Sinnzusammenhang sehen. Meine Karte, deine Karte: wo gehen wir hin, wenn wir doch gehen müssen?

Das Ende macht ebenso Sinn. Freilich wird das Frauchen-Klischee bedient. Aber Will braucht einen Fixpunkt, eine Erdung, um weiterhin als Kontrast zum treibenden Jack zu bestehen.

Dank also nicht nur an die Stunt-Sklaven sondern auch an die Drehbuchschreiber.

Achja, das Meer. Hier und dort und und immer stets fort.

Aber was mag das nächste Ziel sein?

6/03/2007

Remainder, Tom McCarthy

Da hat wohl jemand den Poststrukturalismus nachgeschlagen. Der Held hat tüchtig eins auf den Kopf bekommen, dann hat er Laufen und Sprechen neu lernen müssen. Er bewegt sich mit äusserster Bewusstheit durchs Leben, somit nimmt er die Dinge anders war: langsamer, genauer, komplizierter.

Noch dazu hat er fix ganz viel Geld bekommen, von irgendwo her. Somit kann er seine besondere Epistemologie ausleben, und zwar in Form von re-enactments, Wiederholungen, Neu-Inszenierungen. Eigentlich eine wilde Idee: der Herr hat ein Deja Vu und bezahlt dann eine Horde Menschen, die ihm diesen Prozess, diese Perspektivenkette nachstellen.

Die Sprache ist englisch und klar, aber betont kühl. Ein wenig viel Endzwanziger-Gehabe.

Mit dem Helden kann man leider gar nicht warm werden, auch nicht auf böse Art.

Interessant ist das Buch auch für Nicht-Studenten, da es den Blick auf die Konstruiertheit der Welt legt. Es wird nie in Epen gedacht, nein: vielmehr stellen Polaroids den Bogen. Kann das Epos wieder entzündet werden, wenn man nur akribisch genug die Bilderkette wiederholt?

Zum Ende hin schmeckt die Sache aber ein wenig nach dem palahniukanischen Project Chaos. Schade eigentlich, aber Fight Club war nunmal zuerst da. Das war auch wuchtiger. Wie ein Tritt. Remainder ist eher ein Nachmittag voller Tapezieren - das kann aber auch ganz schön verstören, nicht nur wegen des Kleisters.

Breakfast at Tiffany's, Regie: Blake Edwards

Ein Kandidat für einen Schulaufsatz, wenn Schule interessant wäre. Nicht nur ist der Film eine eloquente Ausweitung des Inhalts der etwas dumpferen (trotzdem sympathischen) Doris-Day-Komödien seiner Zeit, sondern auch ein Beitrag zur urbanen Weisheit.

Holly's Probleme sind fast schon als existentialistische Zweifel zu bezeichnen: war nicht Kierkegaard der mit den Entscheidungen, die das Leben erst lebenswert machen können? Somit muss Holly zum Ende hin lernen, ja zu sagen: ja zur Katze, ja zu Paul, ja zum Ende der Ungezwungenheit.

Ein Gewinn. Interessant ist der Umstand, dass Blake Edwards für die Verfilmung des Capote-Stoffs verantwortlicher war, also jener Mann, der auch The Pink Panther und The Party mit Herrn Sellers machte. Eine glorreiche Zeit muss das gewesen sein, Anfang der 60er, als seicht nicht doof sein musste.