6/08/2009

Accelerando, Charles Stross

Ja, immer diese Geschwindigkeit. Im All und auch auch in der Masse ist sie ein Thema, denn der Grad der Beschleunigung bestimmt die Bewegung der Partikel. Äh, ja.

Stross wurde hier im Graben noch nie konsumiert. So ein rücksichtsloser Stil wäre im Gedächtnis geblieben: der Herr macht HiEnd-SciFi und entschuldigt sich nicht einmal dafür. Auf jeder Seite muss gedacht werden: übers Klonen, digitale Schatten, AIs unterschiedlicher Art, Avatare, Matrizen aller Art, Zeitschiffe, Raumbrüche und menschlichen Unfug.

Es geht auch um Hummer: die werden nämlich digitalisiert und in die Ferne transferiert, wo sie eine autonome Kolonie bilden. Und es gibt ein Kätzchen. Die drei Teile des enorm griffig-prägnanten Romans sind drei Generationen vorbehalten: der Vater ist Zeuge des elektronischen Erwachens auf der Erde, die Tocher macht sich auf in ferne Galaxien und der Enkel muss die Geschichte um Scheidungskinder und alte Rechnungen zu Ende führen.

Es geht auch um Humor: immer wird süffisant auf die (Un-)Endlichkeiten der Charaktere und ihrer Welt hingewiesen. Allerdings ist Accelerando kein Anhalter-Roman und will es auch nicht sein: die Faszination für die singuläre Zukunft bleibt unbeschadet. Alles wird in intelligente Materie transformiert werden (Merkur zuerst) und die Sonne verdunkeln: was soll daran komisch sein?

Warum wurde der Konsum von Accelerando überhaupt vollzogen? Wegen jenes faszinierenden Themas der Singularität. Und dieses wird ja am populärsten und mit gotischen Untertönen unter dem Schlagwort Skynet bearbeitet. Als Kaffeetisch-Sachbuch-Autor hat Ray Kurzweil seltsam euphorisch darüber geschrieben (dabei mahnt der Titel doch: The Singularity is Near).

Kurzum: Accelerando ist eine Wucht, aber viel zu erhaben um allein dem eskapistischen Weltraumschranz zugeordnet zu werden, welcher ja auch seine Reize hat.