6/04/2008

Funny Games U.S., Michael Haneke

Dieser Film ist kein Slasher. Anstatt die (nerdige, perverse, abgestumpfte) Schaulust zu bedienen (was ja auch Spass machen kann) rückt der Film selbiges Phänomen in die Mitte.

Natürlich endet das Ganze böse und der Konsument sitzt im Sessel, schaut in die betont clockworkesquen Äuglein des Michael Pitt und fragt sich, warum er für so viel Verstörung am Feierabend auch noch Geld ausgegeben hat. Allerdings ist das Medium Film eben mehr als nur Indy 4 und nach (beglückendem) Konsum selbigem kann man sich solch ein brachiales (aber doch an-intellektualisiertes) Ding wie Funny Games U.S. ruhig mal antun.

Ach, die Musik. Die anti-idyllischen Krachereien sind von einem John Zorn bzw. der Band Naked City. Gerüchten zufolge wird hier Metal durch Metal parodiert. Den Oscar für den besten Score wird das nicht erhalten, aber stimmig ist diese Lautmalerei allerdings. Hier der Abspann:



Und wenn wir schon mal dabei sind. Diesbezüglich und vor allem wegen der Idee der Provokation ohne wirkliche Agenda sei hier auf den Ohrenschmaus "Stress" von Justice verwiesen, der es mittlerweile sogar bis auf 3sat geschafft hat und sowieso alle möglichen Menschen achsoschockiert. Metal ist das nicht, aber trotzdem total evil.

Die Invasion der Randale-Knaben ist weder bei Haneke noch bei Justice etwas für die, die nur hinter der Nebelmaschine Gin Tonics trinken und stundenlang an der Wand lehnen. Dort nicht, hier nicht, nirgendwo. Das hat hier alles irgendwie mit Medienmündigkeit zu tun. Aber wer darüber reden will, der hat schon verloren, bei Funny Games wie auch beim Track namens Stress. Los, jetzt, TANZEN! KOKSEN! KOTZEN! DRUFF, DRUFF, DRUFF (?)!



Ist eben alles nur ein lustiges Spiel.

Underworld: Evolution, Len Wiseman

Vampirwochen bei McKonsum. Nachdem jüngst zwei Blades zerkaut wurden muss nun auch das Sequel vom Werwolf-Blutsaug-Beziehungsdrama Underworld den Graben durchwandern.

Underworld Numero Uno war so erfolgreich, dass Wiseman die Kuh auf dem Eis lassen musste. Den dritten Stirb Langsam durfte er auch gleich machen und das Underworld Prequel soll in Planung sein. Zähne, Zähne, Zähne.

Euphorie ist aber anders. Diese ganze Fleischjagd, -werferei und -beschauung wirkt auch im graublauen Osteuropa nicht wirklich originell. Schön ist die Befreiung des Werwolfs aus dem Schlagschatten eines Teen Wolfs der 1980er. Wie bei den Blades geht es freilich um genetische Manipulation, unheilige Mutanten und letztlich kybernetisches/evolutionäres Grauen. So traditionsreiche Monster wie Vampire und Werwölfe brauchen freilich ein entsprechendes Update.

Das reicht jetzt aber erstmal.

Und es muss noch erwähnt werden, dass Underworld auch der Titel eines epochalen und großartigen Romans von Delillo ist. Der hat dann aber auch wirklich gar nichts mit dem Film hier zu tun.

6/02/2008

The Terminator, James Cameron

1984 ist eine markante Zahl. Da kam nämlich dieser Film ins Kino, der den jungen Gouverneur mit automatischen Waffen in einer Diskothek (und in 1980ern waren Diskotheken ja eh viel erschreckender als heute) zeigt. Unter der Leuchtschrift "Tech Noir" rotzt er Blei in die Umgebung.

Damals in den 1990ern war dieser Film im TV die erste Sichtung von Totenschädeln unter Panzerketten. Der Gedanke, dass dieses Bild in einer Geschichte die Zukunft darstellt, hat die Gespräche auf dem Schulhof und das anschließende Konsumverhalten nachträglich formiert.

Drollig ist aus heutiger Sicht die Tricktechnik, aber nur objektiv. Brauenlose Plastikpuppen sind als solche erkenntlich aber nicht weniger subjektiv gruselig. Vermutlich aber auf andere Art und Weise.

Rant, Chuck Palahniuk

Viel wurde erwartet, Begeisterung stellte sich ein.

Mit Rant begibt sich Palahniuk in wiederum andere Gefilde als in den Büchern davor, hier ist er P. K. Dick und Ballard so nah wie nie.

In der Mitte steht Buster Casey, aber er kommt nie zu Wort: die Erzählung ordnet sich in kurze Augenzeugenberichte, gesammelt nach dem Dahinscheiden des Protagonisten. Feinde, Freunde und Familie schildern in (zunächst scheinbar) wahlloser Folge ihre Begegnungen und Erlebnisse mit Casey und seinen Umtrieben. Als Rant wurde er bekannt, als er sich aus der White-Trash-Hölle erhob und als geistig/physikalische Epidemie und Superinfektion zu Ruhm und Narben kam.

In der Mitte steht mit Buster nicht weniger als die Tollwut. Sie verbreitet sich durchs Beißen und eben auch durchs Küssen.

Was bleibt nach Zorn? Anstelle einer Spoiler-Warnung wird die enorm überraschende zweite Hälfte des Buches hier nicht weiter erwähnt. Rant ist was besonderes. Er ergötzt sich an road kill, dem Umgang mit Zähnen aller Art und kaut dazu Asphalt. Und er ist vielleicht noch viel mehr.

Das schöne an diesem Buch ist, dass es den Leser abholt, ihn an einen furchtbaren Ort in der nahen Zukunft bringt und dann diese spukhaft beleuchtete Finsternis noch einmal um 100% furchtbarer macht. Palahniuk steigt quasi hinter die Begrifflichkeit der urban legends und postuliert atemberaubend abwegige Thesen, die auf gemeine Weise Sinn machen.

Der Rest ist Legende. Oder doch nicht? Irgendetwas juckt doch immer. Hauptsache, der Mops trinkt nicht aus dem Klo. Was soll(-te) bloß aus diesem Jungen werden?

Kann man da was machen, Herr Doktor?

Rant ist ein Buch wie kaum ein anderes, und hoffentlich kann Snuff (es soll zentral um das Konzept des Gang Bangs in Theorie und Praxis gehen) dieses Niveau (ob hoch oder derb oder niedrig oder furchtbar bleibt auszudiskutieren) halten. Die Website des Autoren ist immer einen Klick wert. Hier geht es auch weiter zum Teaser der fertiggestellten Verfilmung von Choke.