8/25/2012

On the Waterfront, Elia Kazan

Dieser. "Conscience... that stuff can drive you nuts!"

Brando könnte ein Synonym für Klassiker sein, die Definition eines Schauspieler-Berühmtheit-Charismaarbeit-Hybriden. Ein Vehikel mit eigener Schwerkraft, ein Stern im wahrsten Sinne des Wortes. Und er ist in DotW tatsächlich grandios und unanzweifelbar, vor allem, da der Film wie um ihn herum gestrickt scheint: seine Rolle lässt ihn als unruhigen, zornigen und fehlerhaften jungen Mann erscheinen, der (sich) mit den etablierten Gesetzmäßigkeiten unter den Hafenarbeitern erst arrangiert, dann kontaminiert und schließlich kollidiert.

Es ist klassisches Tragödienmaterial, jedoch ist der Held nicht mehr ganz so jugendlich und stolpert auch nicht unverhofft in die Geschehnisse hinein: er macht sich zunächst deutlich schuldig und es dauert, bis er sich diese Schuld eingesteht. Natürlich muss das Ganze dann körperlich ausagiert werden und Brando muss und darf dann das tun, was Männern selten strittig gemacht wurde: er darf zur Arbeit humpeln. Vielleicht ist das das Ende der Jugend.

8/24/2012

Incognito: Bad Influences, Ed Brubaker, Sean Phillips

Hier, Sequel zu jenem. Wie sagt man so nett? Ein Schritt zur Seite, keiner nach vorn.

Noch immer gibt es hier eine seltsame, aber irgendwie schlüssige Welt von old-school-Superhelden, die von den Superschurken kaum zu unterscheiden sind. Es gibt Rehabilitationen, aber auch Rückfälle und Trugschlüsse. Die Umhänge hier können nicht über ihre Träger hinwegtäuschen: keiner ist edel, keiner hat ein reines Gewissen. With great power comes... great power. Und so füllt man in der Welt von Incognito das Vakuum mit menschlichen, allzu-menschlichen Bestrebungen.

Die Zeichnungen sind wundervoll, eine Mischung aus räudig und exakt. Sie entsprechen dem noirigen Inhalt: auf der einen Seite die Verwandtschaft zu acht Dekaden Schundunterhaltung, auf der anderen Seite die absichtliche Ernsthaftigkeit, um die finstere Stimmung zu vermitteln.

Famos die stark in Szene gesetzte Strahlenkanone. Sie sieht sehr, sehr albern aus, doch sie veralbert nicht ihren Träger und markiert Incognitos einmalige Stellung im besten Genre der Welt.

Fallout: New Vegas, Obsidian Entertainment & Bethesda Game Studios

Hier, bang-bang. Ist das ein sequel? Nein. Spin-off? Auch nicht. Es ist Fallout 3, wie es auch hätte sein können: da das Vehikel ja so erfolgreich war und solche Sandkisten-RPGs schnell süchtige Fans verursachen, hat man eben dieses Teil publiziert. Die Marke gibt es her. Denn sie will es ja auch.

Und was schon beim chronologischen (aber nicht evolutionshistorischen) Vorgänger froh machte, macht hier auch froh: grau-beige Apokalypse, Ruinen, Dialoge ohne Ende und wundervolle Schrotflinten, die immer wieder Köpfe in Einzelteile zerlegen können. Wieder fliegen Teile des Kiefers und Augäpfel meterweit. Ist halt eine herbe Gegend - statt der nukularisierten Umgebung von Washington gibt es hier freilich das neue Vegas zu erforschen, inklusive Hoover-Damm und Wüsten-Chic. Neue Römer gibt es, und auch Ghule im Weltall. Und Roboterhunde mit Leihhirn. Fein. Bekloppt, aber fein.

Was nicht gut war und auch nie gut sein wird: inhaltlich gesehen fehlt die Anfangssequenz, die einem den Protagonisten ans Herz legt. Hier muss nur fix ein Name eingehackt werden, Geschlecht-Frisur-Wangenknochen kalibriert werden und ab. Die Kleinkindphase bei FO3 war schon fein. Aber vor allem, und das macht den Umstand, dass das Ding trotzdem durchkonsumiert wurde, geradezu entmutigend, ist folgender gravierender Umstand, der die Marke wohl auf ewig entstellen wird: FO:NV hat noch mehr Käfer als FO3. Es hakt und stockt und lädt und flockt. Es nervt. Der Showdown wird mit einer Mischung aus Genugtuung, Erleichterung, und abklingendem Masochismus begangen. So dauert es mindestens sechs Monate, bis ein neuer Durchlauf in Erwägung gezogen werden könnte.

8/22/2012

Shooting Elvis, Robert M. Eversz

Hier. Wir brauchen keine Einleitung, wir brauchen keine mehrzeilige Introspektion und auch keine Mehrperson-Reflektion. SE geht voran und wenn man das Ding nicht mag, dann vielleicht wegen der recht eindimensionalen Schilderungen der an Warhol angelehnten Boheme-Kunst-Avantgarde-Coolness-Kiste. Denn die missverstandene junge Frau gerät in die große Stadt und kommt zur Kunst, als Muse und als Alibi. Der Autor nutzt das gleich für einen kleine Pop-Grundkurs, der der Heldin freilich gut tut, da er nichts mit dem prügelnden Vati zu tun hat.

Aber allzu berechenbar wie ein Punksong ist dieser sehr rasante (auweia, "rasant" sagen doch nur Zeit- bzw. Hörzuleser, oder?) Text doch nicht, denn er hält bis zum Schluss seine Geschwindigkeit durch. Die kleine Irre lässt sich nicht kleinkriegen. Erst Knüppel lassen sie niederknien. Jawohl, es geht vor Gericht - jawohl, Disney wird sich wohl eher nicht die Filmrechte sichern.

Ein famoses young-adult-Ding, aber der adult-to-be sollte nicht allzu young sein, denn die Jugend soll sich ja nicht alles verbauen, mit Massenmord, Verrat und Raub oder ähnlichem.