10/06/2007

King Kong, Peter Jackson

Der Ur-Kong wurde nie konsumiert und deshalb dachte man zuerst, dass Jackson hier ein wenig übertreibt. Das tut er aber eigentlich gar nicht. Heute würde freilich keiner mehr Saurier mit Affen kämpfen lassen, hu? Da kann man ja gleich Filme über riesige Roboter machen. Bei dem dicken Affen merkt man mal wieder, wie sich das ikonenhafte Bild von der Ur-Erzählung gelöst hat. Und schon raubt er die Prinzessin und Mario muss über die Fässer springen und den Hammer finden.

Hulk smash.

Aber schön wars - Filmgeschichte und dreistündige Verzuckerung zugleich. Mit wuchtigen Bildern kennt sich der Regisseur ja aus und er zögert auch nicht, dieses Wissen einzusetzen. Alles bleibt stimmig, da auch die Felsen um Skull Island herum designt wurden und auch der Broadway von damals. Jackson filmt fürs Kino und soll das auch weiter tun, ob nun Dreiteiler oder nicht. Etliche Kleinigkeiten bereichern das Ding - vor allem die Lektüre von Heart of Darkness vom Schiffsjungen ("Das ist gar keine Abenteuergeschichte!").

Naomi Watts ist goldig und kann neben den Polygonen bestehen - sie macht aus Ann weder eine Irre noch eine Blöde, nur weil die Rolle eben Affenliebe vorsieht.

Die Skyline von New York damals schrammt ein wenig an der Falling Man Thematik herum, doch das hat Herr Jackson sicher nicht gewollt. Los, weiter. Kong II geht schlecht und Godzilla hat leider auch schon einer neu aufgegossen. Muss also der Hobbit dran glauben.

10/05/2007

Falling Man, Don DeLillo

Alles nicht so einfach. Zunächst kann man denken, dass der womöglich wichtigste amerikanische Schriftsteller der Gegenwart mit seinem 9-11-Roman endlich Licht ins Dunkel bringt und die Verdauung des Ereignisses erleichtert. Das ist freilich falsch. DeLillo lässt es nicht zu, als lichtbringender Dämonenbezeichner zu fungieren: Falling Man ist bereits ein berühmtes Foto und hat bereits Texte und mediale Bearbeitungen inspiriert. Sollte DeLillo dies beim Schreiben gewusst haben, so kann man das als weiteren Bezug zur massenmedialen Gewaltkultur ansehen: der Autor begreift sich als ein weiterer Koch in einer unendlichen Küchenlandschaft.

In früheren Romanen hat DeLillo schon ein berühmtes Pferd gesattelt: any plot moves deathward, so wie bei Libra und White Noise. Der Tod ist mehr als Huibuh sondern geheiligtes Ende in der Zeichenkette dieser Epoche. Auch in Falling Man kann man diesen Gedanken aufspüren, doch das Pferd wird beileibe nicht geschunden. Der Performance-Künstler Falling Man stellt den Sturz nach, der Tod wird evident und zum Spektakel. Wieder ist es das kollektive Betrachten, das Massengefühl, welches unausweichlich mit dem event (ha!) verbunden ist. Wenn der Mann immer wieder fällt, taumeln dann auch die Türme immer wieder zu Boden? Wann hören die Bilder auf? Dem entgegen steht die grossartige Truppe Alzheimer-Patienten, die einen creative writing Zirkel bilden. Deren Tod ist nah doch ihr Geist schwebt woanders.

Besonders erwähnenswert ist DeLillos Art, Kinder darzustellen: wie schon Heinrich und Wilder in White Noise ist "The Kid" in Falling Man eine fast schon groteske alternative Lebensform - passiv doch aufmerksam, durchsichtig und doch massiv.

Freilich gibt es noch viele andere interessante Ideen. Dies ist keine Novelle, so wie The Body Artist. Und so kommt man auch zu dem eventuellen Haken bei der Evaluierung dieses Textes, sollte man das denn vorhaben: der Fallende Mann (ob in echt oder auf Foto oder beides) kennt nur eine Richtung, nämlich zum Tod hin. DeLillos kurzer Text hingegen bewegt sich seitwärts und schlingert sogar. Der Roman Falling Man kann nicht einstimmig gelobt werden. Die Erwartungen waren schlichtweg zu gross. Die vielen Perspektiven und Ideen (das existentialistische Erwachen durch Poker-Kultur etwa) verfransen sich ineinander und DeLillo weigert sich fast, eine Bühne für EIN wuchtiges Bild zu schaffen. Vielleicht ist es das, was er zeigen will: die Vielheit zwischen den Türmen und ihrer Zerstörung, die Vielheit zwischen diesem einem Datum und heute.

Interessanterweise lässt sich das dicke, dicke Underworld eher als Schlüssel zu 9-11 lesen als Falling Man. Hier gibt es die amerikanische (Gegen-)Idylle im Breitwandformat. Eine bezeichnende Randnotiz ist freilich, dass DeLillos dickstes Buch von 1997 die Twin Towers auf dem Cover hatte.

10/03/2007

Das Bourne Ultimatum, Paul Greengrass

Eigentlich gibt es ja noch zwei Bourne-Romane, doch die Filme werden jetzt aber wohl ihr Ende finden. Erstens sind Trilogien eine runde Sache und zweitens ist schon Teil Drei ganz knapp am Überflüssigsein vorbeigeschrammt - das aber auf höchst sympathische Weise.

Ja gut, es gibt auch einen dicken Plot-Haken, der erfolgreich genommen wird. Aber ansonsten sind die drei Teile einander sehr ähnlich. Was macht Bourne aber anders als Bond oder auch McClane? Zumindest lässt er die Ironie weg. Damon macht seine Sache gut, allerdings nur dadurch, dass sein Ausdrucksvermögen recht begrenzt ist. Mr. Affleck scheint das gleiche Problem zu haben - in Stoffen, die das berücksichtigen, kann die Leistung aber beim einen wie beim anderen sehr gut sein (siehe Hollywoodland).

Es ist das Fehlen von Humor, dass diesen Film so besonders macht. Ja, es ist ein dritter Teil und ja, wir werden wohl mehr über die mit Bourne verbundenen Fragen erfahren aber egal. Innovation durch Nicht-Innovation. Feiern der Nüchternheit. Keine Gadgets, keine Auren. Mit einer Vorführung von Bourne könnte man keine Appläuse im Saal verursachen, wie das bei Sin City der Fall ist. Man fühlt sich an Bournes Opa erinnert: das wäre wohl Clancys Jack Ryan, einst so stumpf-normal verkörpert von uns' Harrison. Achja: Ryan wurde auch einst vom Affleck verkörpert (sogar von einem Baldwin). Da schliessen sich wieder die Kreise zum Bourne hin.

Die deutsche Synchronstimme macht Matt zum ewigen Maschinenbau-Drittsemester. Unglücklich.

Hu, und der Brühl macht den Bruder der Potente. Funny Germans, indeed.

Beim Abspann: ist das Moby? Der gute alte Moby! Mach Sachen! Allahand! Den gibts noch? Der Song ist dem Film ähnlich: bewährt, sauber und zeitgemäss, doch leicht draussen aus dem üblichen Geschwurbel und somit durchaus passend.

Jason Bourne, unser Hafen der ellenbogenbrechenden Ruhe.

9/30/2007

Sin City, Frank Miller + Robert Rodriguez

Der wiederholte Konsum hat sich doch gelohnt, da auf der xxl-recut-trallala Edition eine theater version drauf ist: man hört die Reaktionen des Publikums bei der Premiere in Austin. Da weiss man, was man sieht, denn der Mob kann sich nicht irren. Ein anderes DVD-Schauen ergibt sich: der vereinzelte Applaus, die Zwischenrufe, das Gelächter bei den Schüssen ins Becken.

Normalerweise ist Bonus-Geschwurbel bei einer DVD immer so ein Kleingeldquetschen, das die Verpackung schöner macht aber dann eben doch nie angeschaut wird. Hier aber nicht wirklich: neben der besagten Tonspur enthält das Ding unter anderem auch noch eine recht aufschlussreiche Kochstunde von Herrn Rodriguez (breakfast tacos) und eine Version ohne Graphik-Einsatz, also mit purem greenscreen. Der Box soll auch ein Original Miller Comic beiliegen.

Das ist doch mal nett.

Der Film selbst begeistert noch immer. Bestehende Genre-Konventionen werden überzitiert und somit sehr, sehr sichtbar. Graphisch und inhaltlich ein Heidenspass. Die Episoden aus der schwarzweissroten Version von Los Angeles könnten ewig weitergehen.

Das filmgeschichtliche Kapitel, das Sin City begonnen hat, führt zwar auch zu solch skurrilen Geschossen wie 300, aber das kann dem Markt ja nicht schaden. Solange die Maschinen nur die Bilder machen, die die Hirne erst erdenken müssen, ist alles in Ordnung.

Die Vorfreude auf II und III steigt durchaus. Kauf da, sei ein Teilnehmer.