4/14/2010

My Dead Body, Charlie Huston

Worte wie gemeißelt. Absätze mit Zähnen. Wahrheit mit Gedärm. Joe Pitt kann sich das Kettenrauchen leisten, als Untoter. Ein stimmiger Abschluss. Ein Abschied auf Zeit? Bitte.

Das Blut tost durch Manhatten und die Raffzähnchen machen Krieg, das ist nichts Neues. Halbneu allerdings die Exegese der evolutionsbiologischen Implikationen des Vyrus (uh, mit "y", jawohl) - das macht Laune und erklärt viele andere Critter.

Noirtypisch ist Pitt die Arena des Schmerzes. Durstig und geschunden verliert er Knochen, restliche Hemmungen und Hoffnungen. Mehr Huston, bitte: es wäre eine Schande, wenn der vor oder hinter der Theke verkommen würde. Keiner schreibt so hypertrocken. Unnachahmlich. Wo kann man das lernen? In den tiefen Katakomben mit den Kratzspuren an der Wand? Sein neues Produkt heißt Sleepless und könnte auch ohne Joe Pitt derb schütteln.

Brooklyn's Finest, Antoine Fuqua

Da Germanen den Titel freilich nicht verstehen, heißt er in Germanien so wunderdoof "Gesetz der Straße". Warum werden eigentlich immer nur bekiffte Praktikanten CEOs von Film-Marketing-Abteilungen? Harumpf.

Training Day II? Nein. Aber auch nicht besser. Drei Biographien laufen in einem Knoten zusammen und im finsteren Brooklyn wird die existentialistische Wucht des Polizistenberufs deutlich. Drama, baby. Mit Schusswaffen ein Muss.

Die Bilder sind schwitzig und verwischt - eigentlich will man nur das fertig machen, was man gerade macht und wieder nach Hause. Besagter Ort ist freilich ein Luftschloss bzw. Gefängnis. Dieser urbane Kosmos ist eine Welt nach Travis Bickle und nach NWA und nach "No Child Left Behind" und solchem Quatsch - und die Hautfarben werden dabei einfach nicht kommentiert. Das ist vielleicht das verstörendste an diesem Thriller: die stumme Zurschaustellung des Afro-Amerikanischen Alptraums. Sehr gern würde der Konsumgräber eine Rezension von Spike Lee dazu lesen. Durfte Antoine Fuqua diesen Film auf diese Art machen, weil er selber kein Weißer ist?

Von den Darstellern ist überraschenderweise Richard Gere (ja, der!) der beeindruckendste. Ist es die Aura des Alters? Die reglosen Züge und der offensichtliche Bankrott? Die Pose des kraftlosen alten weißen Mannes? Aber insgesamt leistet sich das Ding keine mimischen Totalausfälle. Keiner der beteiligten Akteure sollte umschulen... schön wäre es, wenn jetzt alle eine romantische Komödie drehen und ein wenig Torte essen oder so. Die Aniston hat bestimmt Zeit.

4/11/2010

Babel-17, Samuel R. Delany

Aua, das schöne Gehirn.

Hier der wiki-Text. Delany ist hier dank Hogg bekannt. Und [*überraschung*] Babel-17 ist ganz anders. Der sehr schlanke Roman befasst sich mit einer Sprache, die eigentlich ein Code ist, der eigentlich ein Bewußtsein ist, das eine Sprache benötigt, um zu funktionieren. Die epischen Sci-Fi-Elemente sind herb zurückgeschraubt und nur in knappen Sätzen wird ein wenig space-porn betrieben - eigentlich geht es um die uralte Frage, wer "Ich" sagt und was dann passiert.

Delany ist ultragescheit, bei Hogg aber auf andere (weil deutlich herbere) Art und Weise. Ein wenig unheimlich ist das schon, denn in der sogenannten Genre-Literatur befasst er sich mit akademischen Themen, die erst Jahrzehnte später mit dem sogenannten Mainstream die Massen erreichen. Aber vielleicht ist auch dieser beobachtete Prozess nur eine Erzählung von einem versteckten Ich, dass irgendwie die Sinnschablone anlegt und dabei auf dem Rücken die Finger kreuzt. Wenn der Weltraum und die Sprache eine Lektion lehren können, dann dass man als Reisender keinem vertrauen kann, hu? Das wird leicht vergessen.