5/06/2011

Blood into Vine, Ryan Page

Hier und hier. Und so wahr und richtig. Önologische Erkenntnisse in Arizona, durchgeführt von einem bekannten Musikanten und seinem Kollegen. Glücklicherweise ist dieser Film kein verstecktes Popfeuilleton-Vehikel sondern eine wirklich stimmige Abhandlung über Geschmacksverstärkung und -kultivierung. Wie kommt der Wein in die Flasche bzw. aus dem Boden? Vielleicht ist das der Grund, warum Konsumanleitungen und Geschmacksfibeln so einen Erfolg haben: da wird ein Ding an einen Ort und eine Zeit gebunden. Gerade beim Wein ist die Mär vom Unikat ja sehr beliebt (Jahrgang, Hanglage, Beigaben, Lagerung, Abfüllung, herrje, was man da alles manipulieren kann und womit man dann erstmal klarkommen muss). Anregend.

5/02/2011

Infinity: Der Turm, Wolfgang Hohlbein

War ein Geschenk. Schwingt wie 1996. Das ist fünfzehn Jahre her. Wenn dem Herrn immer vorgeworfen wird, King zu kopieren, dann ist der Titel "Der Turm" eher ungünstig, wenn man denn auf Kontrast setzen würde. Muss man aber nicht, denn die Klientel stört es nicht. Die Produktionsleistung von Hohlbein ist enorm. Warum sollte Moby Dick ernsthafter sein als dieses Ding hier? Weil mehr Menschen es kennen? Seit wann hat die Mehrheit Relevanz? Aber das sind Fragen, die Werk und Autor getrost ignorieren können... nur verunsicherte Konsumenten plagen sich damit herum, die ihrer eigenen Nostalgie ansichtig werden.

Inhalt: Naniten, und Biotech in einer Zivilisation nach der Singularität, die bequemerweise auf eben ein Bauwerk angewiesen ist und die Raumfahrt längst aufgegeben hat (zu weit, zu gefährlich, zu umständlich) und rundherum die sogenannten Barbaren, die ähnlich aufgemotzt sind. Ein wenig Eberron ist schon dabei. Es wird nicht gereist, die Geschichte befasst sich eher mit einer außenpolitischen Allegorie auf Innen|Außen und Mehrheit|Minderheit. Bewährt. Schnell durch. Seltsamerweise ist die Geschichte eher unspannend - die Schauplätze werden nicht in Cinemascope zusammengeführt. Ob da ein Sequel in Planung ist? Bestimmt.

5/01/2011

The Age of Stupid, Franny Armstrong

Hier. Noch mehr Ernsthaftigkeit, diesmal mit einer kleinen narrativen Trickserei: die Dokumentation ist das Manifest eines der letzten Menschen, der in einigen Dekaden die Beklopptheit der jüngst vergangenen erklären möchte, gespielt von Pete Postlethwaite (RIP). Aus Datenbits und kleinen Szenen wird eine weltumspannende Tendenz beziffert, die sowohl den Raubbau in Afrika als auch den Kampf um englische Landschaftspanoramen einschließt.

Die Informationen sind nicht neu, aber die Komposition ist gut griffig und prägnant. Eine unbequeme Wahrheit ist ja meistens auch ein Angriff. Die einen flüchten in Skepsis und die anderen zu amazon.de. Beides ändert wenig. Was täte es denn? Erstmal aus hier: Gummistiefel kaufen, ein Schlauchboot, und vielleicht einen dieser Stromgeneratoren mit Pedalen. Hinein in eine weitere Bestätigung misanthropischer Tendenzen.

Inside Job, Charles Ferguson

Hochhäuser bringen Ärger, nichts als Ärger. Hinter gleichförmigen Fensterfeldern verflechten sich die Dinge und die Ströme und die finsteren Machenschaften der Hochhausinsassen.

Erzählt wird die furchtbare Geschichte des Bankensterbens und die damit in Verbindung gebrachten Arbeitslosen, Bankrotte und Verfilzungen. Furchtbare Geschichte? Wohl eher unberührbare Geschichte. Denn wie soll man den Kapitalfluss der Gegenwart in Worte fassen? Freilich gibt es Nahaufnahmen entgeisterter Gesichter, Nachrichtenszenen und sonstige Emotionsträger. Freilich sind die Dinge sinnschaffend gereiht, doch am Ende bleiben viele Fragen offen, die sich "Eingeweihte" vielleicht nicht stellen: wie kann so etwas passieren? Moral und Ästhetik, die alten Schlachtrosse des publikumswirksamen Erzählens, können in der Wirtschaft, die sich längst entmenschlicht (nicht im Sinne von Ethik und solch Firlefanz, eher "vielgeschaltete Maschinen" i. e. S.) hat, nicht einhaken. Wirtschaft ist das Unerzählbare. Rein oder raus, vermitteln geht hier nicht mehr. Für die da drinnen macht das alles bestimmt mehr Sinn. Oder ist das wieder eine dieser dämlichen Menschenhoffnungen?