10/04/2012

Spook Country, William Gibson

Hier, loser Nachfolger von jenem. Jaja, den Cyberpunk hat der Herr erfunden - damals in den 80ern, als sich der technologische Irrsinn erst so langsam mit Fiepfahpfuhp-Modems abzeichnete. Derweil ist er in der neueren Geschichte angelangt und schickt die Heldin Hollis durch das Jahr 2006 um seltsamen Journalismus und Projektmanangement zu betreiben.

Hervorragend ist die Darstellung der Geo-3D-Kunst, die mit VR-Brillen echten Orten falsche optische Echos "überstülpt". Die Idee des Bildschirm wird, ähnlich wie bei Scanner Darkly, internalisiert und fatalisiert. Gibson reißt die Frage nur an doch trotzdem bekommt der Leser Angst vor der Antwort: was wird sein, wenn hinter dem sogenannten Monitor (dem "Zeiger", ha!) mehr Daten versammelt sein werden als davor? Oszilliert die Realität dann in die andere Richtung? Und was sagen wir eigentlich, wenn wir "Richtung" sagen?

Nach dem OKen Pattern Recognition und diesem besseren Spook Country landet der dritte Teil der Reihe namens Zero History auf der ToDo-Liste. Erst der Ort, dann die Zeit? Alles stülpt und windet sich...

The Expendables 2, Simon West

Auweia. Hier. Da muss man eigentlich nicht viel zu sagen.

Die Ökonomie des Films war deutlich: wir brauchen große Namen und schneidern die Szenen so, dass sie in einer Stunde fertig sind und wir die Beteiligten trotzdem aufs Poster wuppen können. Ein paar geile Einzeiler für den Trailer brauchen wir auch. Ironie ist sehr OK, aber Ironie hat immer mit Auslese und Absetzung zu tun. TE2 will aber allen gefallen, er zielt auf größtmögliche Akzeptanz. Unterhaltsam ist die Schlammschlacht aber schon. Werktagsunterhaltung.

Am seltsamsten und am deformiertesten ist Dolph Lundgren, dem man alles Gute wünscht. Am sympathischsten ist wieder Jason Statham, der hoffentlich noch sehr lange durch die Gegend detoniert.

Action Comics Vol. 1: Superman and the Men of Steel (The New 52), Rags Morales & Grant Morrison

Hier. Der gewaltige Stapel an Comics reduziert sich weiter, diesmal geht es um ein in der Fachpresse sehr gelobtes reboot (?) der Superman-Geschichte. Und weil man das mit den Augen versteht, steht bei diesem Produkt das neue Kostüm im Mittelpunkt: es hat jetzt rote Details auf dem blauen Grund. Einen Kragen gibt es und die Stiefel sind hübsch geriffelt. Es geht jetzt auch ein wenig über die Handgelenke.

Wem bringt das was? Allen, denn DC ist kein Produzent von Literatur sondern von Schaustücken. Jede ihrer Bildergeschichten, jedes Heft von der Tankstelle oder vom Kiosk, beinhalten mindestens ein großformatiges Bild des Heldenkörpers in Aktion. Das Kostüm ist eine Art monopolisierte Uniform und Kern der Sache und kulminiert im "S" auf der Heldenbrust.

Inhaltlich gewinnt AC1 vor allem, da Superman vor dem hübschen neuen Kostüm ein improvisiertes an hat - Stiefel, die bei Supergeschwindigkeit auseinanderfallen und die Babydecke aus der Kryptonkapsel als Cape. Nur das T-Shirt mit dem "S" hält. Das trägt dazu bei, diesen Clark als einen deutlich dynamischeren jungen Superman (aber nicht als Teenager-Superboy) zu begreifen, der vielleicht auch in der Wand landet, aber dann mit umso größerer Motivation wieder auf die feindlichen Mega-Roboter o. ä. eindrischt. Und selbst mit einem blauen Auge kann er die Geretteten dann anlächeln. Das macht ihn sympathischer als das schwebende kosmische Gotteswesen, das Probleme mit einem gelangweilten Laseraugeneinsatz löst.

Unerwartet gutes Ding, das. Speziell, aber unerwartet gut.

10/01/2012

Donnie Darko, Richard Kelly

Freilich jener, hier. Dieser Film ist einer der besten seines Jahrzehnts und einer der wenigen, die über das bloße Erzählen einer Geschichte erhaben ist. Damit wendet er sein Kernthema (die blanke Möglichkeit des Erzählens, Zeitschleifen, endlose Lokalisierungen) auch gleich an und stellt es nicht nur beispielhaft vor.

Das DD vorangestellte Genre ist vielleicht die gute alte coming-of-age-Kiste, die sich mit dem strauchelnden Verlassen der sogenannten Kindheit beschäftigt. Da kann man dann normalerweise auch gleich humanistische Sozialkritik einbauen und sich ereifern, was das denn für eine brutale Welt sei und so. Aber der Film verläßt die bewährten Pfade des Schwärm- und Klatschviehs recht schnell um sehr viel interessantere Kategorien wie Zeit und Raum und Materie zu erörtern. Angesiedelt ist das Ganze in der preiswerten und routiniert abfilmbaren Vorstadthölle (wo Zeit und Raum und Zeug klaustrophobische Affekte erzeugen) - und trotzdem schaffen es Bild und Ton, den Film eine tiefe Dunkelheit zu geben. Für das Klatschvieh postuliert der Film eine unerhörte Botschaft (wenn man denn den Botschafts-Sensor angeschmissen hat): vielleicht ist es besser, man sei früh verstorben, um die Umwelt nicht noch weiter zu kontaminieren.

DD ist so dunkel wie eben das diesen Planeten umgebende Weltall ist. Gyllenhall trägt seinen Teil bei und schaut herrlich lobotomisiert in die Umgebung. Der Film ist enorm detailliert und dicht, von den lapidaren 80s-Hits bis hin zu den minutiösen Entwicklungen der Nebencharaktere. Kelly hat diese Prägnanz nicht mehr erreicht (jedenfalls war sie nicht mehr so leicht erkennbar wie bei DD) - hoffentlich schafft er das noch einmal.

9/30/2012

Deadpool: Wade Wilson's War, Jason Pearson, Duane Swierczynski

Hier. Warum Deadpool? Weil er eine der lustigsten Comic-Parasiten ist, die Marvel zu bieten und zu verkaufen hat. Als stetig brabbelnder Psychopath rahmt er die erwartbaren Gewaltorgien mit mehreren Ebenen, die dann zum Schluss fein kollidieren.

Parasitär heißt auch, dass Deadpool für sich allein recht simpel ist. Selbstheilung, Kostüm, Waffen. Aber ersten erstens macht er fiese Witze über Krebs und Eiter. Zweitens ist es der rauschende Meta-Zug, wegen dem man ihn zu bleiben einlädt: wie er sich durch die Gewaltklischees und bekannte Aktionsmotive eumelt, ist schon fein. Die Gesamtheit der lauten Unterhaltung ist ihm Untertan.

Hier ist er also vor Gericht und erzählt, wie es dazu kam. Soweit, so einfach. Aber Deadpool redet Mist und belügt nicht nur seine Mitmenschen. Auch der Leser und er selbst können nicht sicher sein, wann wer wieviele Messer in den Kopf bekam (dass es cool aussah, wissen aber alle Beteiligten).

Mit Comics wie diesen muss man die Marke Deadpool von der Schmach befreien, die sie bei Wolverine: Origins erhalten hat. Reynolds war nicht Schuld, der ist ja die Grüne Laterne (aber wohl auch nicht mehr lange).