3/08/2013

Erasure, Percival Everett

Hier. Der Literaturbetrieb als Fegefeuer der Eitelkeiten mit Betonung auf die sogenannte "Echtheit" der afro-amerikanischen Erfahrung. Der Held ist eigentlich Literat, doch nur mit einer kommerziellen anti-orthographischen Gangster-Posse kommt er zu Ruhm und Ehre und einem immer schwerer auf ihm lastenden Pseudonym.

Everetts Satire ist so schmerzhaft, da sie kaum bestreitbar ist. Freilich verkaufen sich Bücher gut, die Erwartungen bestätigen, denn das Klatschvieh will seinen Kurs nicht korrigieren. Niemand soll in den Trog speien. Eine der zukunftszerstörendsten Erwartungen ist die der chancenlosen schwarzen Ghetto-Insassen, die lieber bitches schwängern als lesen zu lernen. Erasure hat dann noch eine Geschichte in der Geschichte in der Geschichte, quasi eine zentral hineingefaltete Satire. Das trägt dazu bei, dass beim schnellen Erreichen der letzten Seite sehr laut geseufzt werden muss.

3/07/2013

Bullet Park, John Cheever

Hier. Die Hölle, das sind die anderen. Insbesondere in der Vorstadt, einst der Traum der modernen zivilen Existenz, wurde die Misanthropie zwischen Einbauküchen und Vorgartenroutinen exzessiv geschildert und gelebt. Cheever war einer der ersten, der das verlogene Pack der ehrlichen Mittelschicht in all seiner dumpfen Unzulänglichkeit prägnant und erbarmungslos schilderte.

Hier geht es um zwei sich kreuzende Linien: auf der einen die krankmachende Enge der Familie und der Gemeinschaft und auf der anderen der Psychopath von außen, der sich durch entsprechende Lügen Zugang verschafft. Hammer und Nagel gehören zusammen, treffen einander, kollidieren und verändern die Gesamtsituation.

Besonders beeindruckend ist die Schilderung der scheinbar unverrückbaren Depression des Teenagers (die Erstarrung der Zukunft), die sich durch die Hilflosigkeit der Eltern freilich noch verschärft. We're afraid of Americans, we're afraid of the world.

Hansel & Gretel: Witch Hunters, Tommy Wirkola

Hier. Ein Brett von einem Film, der zunächst an den hervorragend bekloppten Van Helsing erinnert, sich dann aber zugunsten einer hemmungslosen Prügelorgie mit hässlichen Weibsbildern noch steigert. Automatik-Büchsen! Spezial-Armbrüste! Detonierendes Gesindel!

Ein Fest von einem Film, der das ultrabrutale Erbe der traditionellen Märchen in eine zeitgemäße und audiovisuell äußerst ansprechende Form verunglimpft. Ding, dong, die Schlampe muss sterben.

Silver Linings Playbook, David O. Russell

Hier. Überraschend unverlittene Geschichte eines Seelenlädierten, der aus den richtigen Gründen wieder Anschluss an die sogenannte echte Welt findet (welche aus dem Elternhaus in der Vorstadt besteht). Auch nicht allzu literarisch verkrampft ("basedonatruestoryMYASS") und vor allem hinreißend dargestellt von Filmarbeitern, denen man das gar nicht zugetraut hätte. Und de Niro in einer endlich einmal nicht-lustigen Nebenrolle. So will man den.

Oscar-Material? Och...

Rise of the Guardians, Peter Ramsey

Hier. Pixelquatsch den ich meinen Kindern nie zumuten würde. Schnell und wirr und klar an den Strukturen von Videospielen orientiert - anders als Kaputtmacher Ralph, der in eine feine Geschichte eingewoben ist. Next!

Oh Boy, Jan Ole Gerster

Hier. Dieser überraschend schwere deutsche Film ist Schwarzweiss und erzählt die ewig aktuelle Geschichte des coming-of-age-Debakels, diesmal mit einem etwas verspäteten Protagonisten. Dessen Darsteller ist eine Wucht, da er in manchen Szenen quasi wie vierzehn aussehen kann, dann aber wieder die routinierte Apathie der frühen Dreißiger hinbekommt.

Ach, Berlin. Ach, gäbe es doch nur endlich irgendwo einen ganz normalen Kaffee ohne alles. Wie früher. Oh, boy.


The Campaign, Jay Roach

Hier. Konnte gefallen durch die komödiantischen Schwergewichte. Wer echte Politsatire erwartet wird enttäuscht werden: hier geht es eher um brachialere Varianten des Humors. Ein Baby wird ge-suckerpunch-t. Hähä!

Sehr toll die Überspitzung amerikanischer/globaler Televisionspräsenzen: auf der einen Seite ultra-slick und auf der anderen beeindruckend unbedarft. Beides kann letztlich nicht als Volksvertretung herhalten, aber darum ging es bei Kampagnen ja wohl eh nie.

Hotel Transylvania, Genndy Tartakovsky

Hier. Noch mehr Animationen. Eine Liga unter Wreck-it Ralph anzusiedeln, nicht nur weil der dämliche Adam Sandler dabei ist. Es ist diese Schmonzette, die nervt. Julia und Romeo, einmal mit Fangzähne und einmal ohne, und dann kriegen sie sich halt obgleich Daddy Drake da was gegen hatte. Kann die Zielgruppe gleich mitreden, bei der Pizza danach.

Die Monsterklischees werden zugegebenermaßen wunderbar bedient, obgleich selbst diese Verballhornung schon untot ist. Der Werwolf mit too many puppies? Ausgezeichnet.

Wreck-It Ralph, Rich Moore

Hier. Genau, hau's kaputt, Ralph! In zuckrig-feinen Metapixel-Bildern wird hier eine vortreffliche Geschichte erzählt, die alle Arten von Humor (angezogen) bedient. Nostalgie hoch zehn: endlich wieder Zeitverschwendung mit einzeln erkennbaren Leuchtkästen. Da will man sich gleich noch einmal das Mario-Theme besorgen. Oh, hier ist es ja.

Aber warum sind die dann so lange in Zuckerhausen? Und musste ausgerechnet ein Autorennen als finaler Aktionsselektor hinhalten? Das war ja schon bei Tron kaum anders. Wann macht endlich jemand einen süffigen Film über Computerwelten, die diese spezifische Umwelt auch respektiert? Dämliche Echtzeitverankerung des Menschenviehs.

Seven Psychopaths, Martin McDonagh

Hier. Ja, es sind sieben, man kann sie zählen. Die Auflösung ist leider vorhersehbar und der letzte Akt wird durch den Mangel an Schusswaffen (was ja eigentlich auch wieder lustig ist) unnötig in die Länge gezogen.

Ansonsten ist dies ein Ensemble-Film: die Typen sind einfach von sich aus schon eine Schau. Teils spielen sie freilich nur Klischees ihrer selbst, das dann aber mit einer Wonne, dass man nur zulächeln kann. Irgendwann wird dann doch noch tüchtig gestorben, das rundet diesen kompakten Film dann doch noch ab.