8/29/2007

The Big Sleep, Raymond Chandler

Klassisch in jeder Beziehung.

"'I don't like it,' I said. 'But what the hell am I to do? I'm on a case. I'm selling what I have to sell to make a living. What little guts and intelligence the Lord gave me and a willingness to get pushed around in order to protect a client.'"

Erhaben.

"Innocence gets you nowhere."

Sterben für Anfänger, Frank Oz

Nach einiger Zeit kommt das Ding auf Touren und dann aber auch schön derb. Das Schlüsselwort mag hier "Zivildienst" sein. Wo sonst hat man mit Entgeistigten, Zerdröhnten, Entgleisten und Fäkalien zu tun? Wahrscheinlich liegt es in der Natur der Sache, dass so niederschmetternde Erlebnisse wie Beerdigungen aus sicherer Entfernung das grösste Schadenfreude-Potential haben. Der Film ist höchst vergnüglich und man braucht keine Magnum-Packung After Eight dafür.

Seltsamerweise ist Frank Oz der Frank Oz, der einst Yoda spielte. Ja, Yoda (den aus Gummi). Hat Frank Oz je Zivildienst geleistet? Bowfinger und In & Out hat er jedenfalls auch gemacht. Allerhand.

8/26/2007

Out of Sight, Steven Soderbergh

Bunt, bunt! Welch Farben! Und das für einen eigentlich klassischen Gangster-Film. Die bezeichnende Bildsprache ist wohl Soderberghs grösste Gabe an den Filmbetrieb, er setzte sie so trefflich bei den Oceans fort. Der jüngst konsumierte (schwarzweisse) "Good Night, and Good Luck" sticht somit doppelt hervor. (Kann einem ja keiner erzählen, dass George das alles ganz alleine machte. Oder war es eine Trotzreaktion auf das Bunte? Diese anstrengenden Amerikaner.)

Die Geschichte selbst ist ja eher simpel. Unterhalten wird man aber trotzdem, einmal durch die Farben (erst die von Florida, dann die von Detroit) und zum anderen durch die selbstauferlegten Grenzen des Films. Nur weil Jenny und George mitmachen wurde kein feuerspeiender Super-Blob gefilmt, sondern eben ein im Ansatz kleiner Film. Zusammen mit Jackie Brown beleuchtet Out of Sight die enorme Qualität des Elmore Leonard, hat er doch die jeweiligen Geschichten geschrieben. Leonard's Werke können also klug verwurstet werden - aber nur, wenn der jeweilige Regisseur die Einfachheit versteht, die das Genre ausmacht.

The Plot Against America, Philip Roth

Eigentlich erinnert die Grundidee des Romans an ein aus Star Trek Folgen bekanntes Erzählgerüst. Es ist eine "was wäre wenn" Geschichte, in diesem Fall: Was wäre, wenn statt FDR Charles Lindbergh Präsident geworden wäre - damals, 1940. Lucky Lindy war damals sehr berühmt und Roosevelt hatte ja bereits zwei consecutive terms gedient.

Lindbergh ist Isolationist und gilt für viele als Antisemit - soll Europa doch seine Konflikte alleine aushauen. Hitler findet er weit weniger schlimm als FDR es tat. Kein D-Day nötig. Welch Möglichkeiten für einen Roman. Das ist Weltgeschichte! Grundlage für ein bitterschweres politisches Essay, einen scharfen Text der mit der "sympathy for the devil" der Lenker und Denker abrechnet! Oder aber auch nicht.

Roth, der wohl prominenteste jüdische Schriftsteller in den USA, schreibt nur bedingt politisch. Sein Erzähler ist ein Junge, der genauso heisst wie er und Anfang der Vierziger so alt war wie Roth selbst. Die Linie zwischen Autor und Erzähler war bei Roth immer ein wenig ungenau. Der kleine Phil hat erstmal nur seine Familie im Auge, die unter den politischen Entwicklungen und der antisemitischen Stimmung leidet und zerbricht. Die Metaphern sind reichhaltig: der ältere Cousin (ein bruderähnlicher Charakter) geht zur kanadischen Armee und lässt sich ein Bein abschiessen. Deutsche zu bespucken war ihm dabei sehr wichtig. Als verlorener Sohn (und aufstrebender Gangster) prügelt er sich Jahre später mit Phils Vater durch die Küche. Phils anderer Bruder lässt sich von Regierungsprogrammen gegen seine jüdische Herkunft aufstacheln und strebt dem Cowboy-Ideal hinterher. Dann gibt es noch Tanten, Rabbis und dümmliche Freunde. Berüchtigte Italo-Amerikaner treten auch auf.

Phil wünscht sich bezeichnenderweise oft, dass er eine Waise wird bei den bizarren Christen-Nonnen ein paar Strassen weiter.

Ein kluges Buch, ein komplexes Buch. Die ganze Debatte, inwiefern denn nun Geschichte eine Geschichte (oder eben andersrum) ist, kocht hoch und fesselt. Machen Familien Geschichte oder umgekehrt? Es ist nicht die Diagnose eines akut kränkelnden Amerikas, doch wohl eine Basisbetrachtung des Patienten im Allgemeinen. Dank an Phil und Dank an Mr. Roth.