5/19/2007

A Scanner Darkly, Regie: Richard Linklater

"Uh! Avantgardistische Bildtechnik! Voll verfremdet und so! Und Keanu gibt uns sowas wie Matrix dreieinhalb damit!"

Äh, nö.

Visuell ist der Film sicher beeindruckend, und man kann nur dankbar sein, dass ein Filmstudio endlich den Mut für sowas hatte. Aber diese Technik kann nicht Standard werden, da es dann doch zu drastisch ist. Es passt wunderbar zu diesem fabelhaften Chamäleon-Anzug, den die Ermittler tragen. Wenn man zu lang hinschaut, wird einem aber trotzdem schlecht.

Bemerkenswert ist der Umstand, dass keine UFOs vorkommen, keine Laserwaffen und keine Roboter. Die Geschichten von Mr. Dick waren schon immer diese gemeine Art Science-Fiction, die einen nicht in ferne Galaxien (vor langer langer Zeit) entkommen sondern angesichts der Gegenwart frösteln lässt. Es geht um Vertrauen auf vielerlei Ebenen - Vertrauen in Freunde, in die Zukunft, in technische Wahrheitsfabrikation.

Mit Verblüffung muss die geistige Verwandtheit von Phil K. Dick und Tom Pynchon zur Kenntnis genommen werden.

Ob die Schauspieler ein gutes Gefühl dabei hatten, ihre Gesichter so verfremden zu lassen? Der Zuschauer hat auf jeden Fall keines und irgendwann bleibt nur die Frage, wieviel Scanner hinter diesem Bildschirm sind und wieviel Vertrauen die toten Dinge unrechtmässig geniessen.

5/17/2007

Brick, Regie: Rian Johnson

So muss das sein. Brick bedient sich ohne jedweden Scham an den Klischees der 40er-Jahre-Gangster-Filme und das macht sehr viel Spass. Der gebeutelte Brendan durchstreift Suburbia, die Schule und manche Keller um den Verbleib seines Darlings zu klären. Dabei trifft er auf alles, was ein Noir-Plot ausmacht: Bullen, Bosse, Bräute. Niemals wird das ganze albern, nie wird eine Farce draus.

Freilich wird allerhand umhergekloppt - Phil Marlowe musste ja auch immer erstmal einstecken, bevor die Lösung ausgepackt war. Wofür sich einst Erwachsene die Nächte und die Colts um die Ohren schlugen, machen jetzt die Teenager unter sich aus. Dabei droht Brick nie in dumpfe Sozialkritik umzuschlagen, im Vordergrund steht die Ästhetik der menschlichen Härte. So muss das sein.

5/16/2007

Gravity's Rainbow, Thomas Pynchon, pt. 3

"The White Visitation" - ein Ort, eine Bar, ein Agententreffpunkt vielleicht.

Old Brigadier Pudding hat schon im WW1 gekämpft und kann mit diesem neuen Krieg kaum was anfangen. Er verteidigt einen antiken Ehrenkodex, verrennt sich aber gern in verdächtig-objektive Statistiken.

Mr. Pointsman, einer der Leser von The Book, einer Über-Fibel bezüglich psychologischer Manipulation (?). Er denkt mit Mexico darüber nach, ob Slothrop eher den Flug der Raketen beeinflusst, als ihre Flugbahn nur anzuzeigen.

Das wars bis Seite 97. Noch 663 übrig.

The Invisible, Regie: David S. Goyer

Hatte Haley Osmond keine Zeit? Achso, der hatte ja schon mal so eine Gespenstergeschichte gemacht. Da musste wohl notgedrungen ein anderer ran. Justin Chatwin, bekannt als Tom C.'s Baseball-Bengel aus dem Krieg der Welten (ein guter Film, dochdochdoch), hat das Charisma eines neuen Ikea-Schrankes. Hübsch und nützlich, aber eben nicht gekommen um zu bleiben. Jedenfalls nicht in diesem Teenpop-Filmchen.

Und wo war die verfluchte Töpfer-Szene, hu? Filme ohne Patrick Swayze sind eben doch blöd.

Logische Klippen werden im Plot keineswegs gekonnt umschifft. Die weibliche Hauptdarstellerin stirbt viel zu spät. Die Dame darf sich auf keinen Zebrastreifen mehr trauen, denn erboste Zuschauer könnten sie nach dem Filmgenuss mit Inbrust und Zurücksetzen durch den Asphalt quetschen wollen. Was für eine Kuh.

Der Soundtrack ist für Menschen jenseits der 24 kaum mehr ertragbar. Dieses akustikgitarrerorische Gejammer macht erst verlegen und dann sauer. Achso, spielt ja in Seattle. Was war da doch gleich ausser Regen und Wald?

Albern. Schickt die Zombies rein.

5/14/2007

Gravity's Rainbow, Thomas Pynchon, pt. 2

Slothrop zeigt sich physisch erregt, wenn eine Rakete im Anflug ist.

Ein Hund spricht. Ein paar Doktoren (darunter die Pavlovianer, die Probleme mit Hunden haben) wollen S. statt eines prophetischen Seesterns untersuchen.

Eine Mitarbeiterin von Slothrop heisst Mexico. Sie ist offensichtlich in einen gewissen Roger verliebt. Oder nur mit ihm zusammen und in S. verliebt.

Er taucht in ein Klo, hat dabei Vergewaltigungsängste, denn sein Hintern will lange Zeit nicht durch die Öffnung passen und ein paar farbige Ober, darunter ein gewisser Malcolm, machen entsprechende Andeutungen. S. schafft es dann allerdings und gelangt an einen höchst widerlichen Ort.

Mit dem Kenosha Kid erfolgt ein Briefwechsel.

Seite 71 wurde erreicht. 689 verbleiben.

5/13/2007

Child of God, Cormac McCarthy

Angefacht von The Road wurde Child of God eine zweit-Verdauung zu Teil. Vor über einem Jahr ist das Romänchen das erste Mal bewältigt worden, nun reichten wieder zwei Sitzungen für die Re-Kapitulation.

Child of God ist gute drei Jahrzehnte älter als der aktuelle McCarthy-Titel. Merkt man das? Mitnichten. Der episch-dreist knappe Stil war schon damals das Mass aller Dinge. Die Handlung findet etwa gegen Ende der 50er statt und inhaltlich geht es um ein Gotteskind, welches als Gratwanderer zwischen dem Rand der amerikanischen Hinterwäldler-Welt und dem Neolithikum wechselt. Ed Gein war auch hier eine Inspiration, wie auch bei anderen Produkten wie diesem Klassiker. Hat McCarthy sich etwa dem Markt unterworfen?

Und wenn schon.

Vom simplen Sätzlein "you fuckin lowlife" wird hartnäckig jede Lesart ausgezutzelt, was dem Konsumenten freilich die Galle zwischen die Ohren schiessen lässt. White Trash ist ein Kosewort, auf Roseanne und Eminem zugeschnitten, und passt hier nicht im geringsten.

Child of God ist jenseits von grauenhaft und führt geradewegs und beklemmend nah an der Dunkelheit vorbei, denn anders als bei reiner U-Literatur gibt es keine bekannten Fallstricke und Halteseile. Es ist einfach die Geschichte eines kranken, einsamen Mannes.

Kauf da.