8/21/2007

Touch of Evil, Orson Welles

Sobald man Citizen Kane sah, fragt man sich, warum man das nicht längst tat. Welles Kamerasprache ist einzigartig, auch heute noch. Plakativ benutzt er Winkel und ungewöhnliche Perspektiven. Somit machte und macht er die kinematographischen Sehgewohnheiten des Konsumenten deutlich.

Bei Touch of Evil ist das wunderbarerweise genau so, obwohl Welles sich im Vergleich zu Kane wohl etwas zurücknahm. Dies mag darin begründet sein, dass es sich hier um einen Genre-Film handelt: Touch of Evil ist noir fiction. Hier kamen Bogarts Brauen erst richtig zur Geltung und die Femininitäten waren oft fatal. Zuviele Experimente würden hier die Klischees aufbrechen, die so nötig sind und ihren eigenen Charme (ein vollkommen anti-noir-iger Terminus) entwickeln.

Als Grundthema mag man den Begriff der Nähe nennen: die blonde Frau (Janet Leigh, adrett und kompetent) ist den Verbrechern nah und fühlt sich unangenehm berührt (ge-touch-t eben) - sie könnte gehen doch bleibt. In den furchtbar einsamen Motel (Norman lässt grüssen) ist sie dem Rocknroll-Gejaule von Außen ausgesetzt und hört durch die Wand das warnende Flüstern. So nah und doch so fern. Heston ist der zivilisierte Mexikaner, der viel edler erscheint als sein gesetzbiegender weisser Antagonist - durch seine (obskur angeschminkte) Hautfarbe macht er sich im Grenzland verdächtig. Ausserdem hat der Caballero eine weisse Frau geheiratet - eine unerhörte Intimität. Der Showdown wird auch von der Frage der Nähe getragen: er findet auf einer Brücke statt, einer Verbindung zweier Welten. Das geographische crossing wird mit dem Weg vom Verbrechen zur Aufklärung selbigem versinnbildlicht. Ausserdem hört Heston eine Wanze ab, welche Welles überführen soll. Kommt er zu nah, hört dieser ihn - ist er zu weit weg, verliert er das Signal. Keep your distance, don't let go, watch your step. Das ist noir, Gestöber im Dunkeln, in Perfektion.

Welles selbst ist ein Bollwerk voller Häme und Gier, ein schmieriger Brocken voll Misanthropie und Zynismus. Er ist unbeschreiblich - und weiss es. Und die Dietrich ist es auch. Welch sonorer Akzent! Danke auch dafür.

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