Noch ein amerikanischer Erwachsener mit Schusswaffe. Das Jahr 1911 war ein kniffliges Jahr, denn nach ihm wurde auch ein Colt benannt. Der Colt "Government". Und eben jene Regierung macht nun den Wilden Westen den Westmenschen streitig, indem es seine miesen eigenen Pläne verfolgt. Der Held hier, ganz in der Tradition der Rockstar-Games-Sandbox, ist gebeutelt und korrumpiert und kann ja gar kein (ödes) Normaloleben führen. Grundlage einer guten Geschichte.
Der Hype ist berechtigt. Die Begeisterung für das Produkt lässt sich kaum in ein paar windige Zeilen zwängen. Rockstar Games haben mehr als nur Hausaufgaben gemacht und sich mit enorm viel Hingabe (jawohl: Liiiiebe) einem der traditionsreichsten Themengebiete der Unterhaltung gewidmet. Jeder Konsument kennt den Avatar des Cowboy - wahrscheinlich als allererstes Vehikel der Zerstreuung. Cowboys, Piraten, Ninjas, Astronauten... da kann man schnell Opfer der Klischeemaschine werden. Doch nicht hier.
Das Duell ist eine Hoffnung auf Lebenserleichterung. Im zwingenden Pragmatismus der unerschlossenen Territorien können die infamsten Probleme mit dem Zeigefinger geregelt werden. So unkompliziert war die Welt nie wieder. Ein Höhepunkt ist das Duell mit dem manischen Deutschen, der einen Poker-Betrug vermutet. Er lag richtig, aber wen fressen jetzt die Geier? Eben. Rockstar Games verstand das, diese erhabene Logik von Hahn, Abzug, Trommel und Wille.
Alle Territorien der USA sind vorhanden in diesem Paralleluniversum: Rockies bis Texmex mit Louisiana und dem Mittleren Westen dazwischen. Metropolen gibt es wenige - dafür endlose Prärie und Bärenangriffe und Postkutschen und pfeifende Revolutionswirren bei den Proto-Chicanos. Und die Soundkulisse! Viel Munition wurde verbraucht bei der Hasenjagd - nicht wegen eines Hasenhasses sondern wegen des Wohlklangs aller Schießwerkzeuge. Das Lied vom Tod, als Nachspiel? Egal, nachladen.
Vielleicht ist dies das erste Spiel, bei dem man sich auch gern nur einmal den Sonnenuntergang anschaut. Pferd scharrt herum, der Held checkt die Winchester... und Bibliotheken voller Wildwestromantik ergießen sich durch das HDMI-Kabel.
Das Ende. Das Ende. Alle Dinge enden. Mit einem Ende kann auch Mittelgutes besser enden. Hier haben wir etwas wundervolles, das irgendwann endet... endet es gut? Es endet hervorragend. So wird es gemacht. Das ganze Pack da draußen, die ganzen (Dreh-) Buchautoren und Unterhalter und Fotographen und Filmer, die sollen sich daran ein Beispiel nehmen. Es ist red, es ist dead, es ist redemption. Zieh!
Im vorletzten Absatz noch was zum Nörgeln ansprechen...? Nein. Vielleicht das: im vorliegenden Spiel hat es gespukt. Der Konsument vermutet hier die letzten Spuren einer anders geplanten Endsequenz: in der Scheune auf der heimischen Farm ist eine eigenartige Schrift im Obergeschoss, unter dem Dach. Sinnvolle Worte, unheilvolle Worte. Und kurz vor Schluss fällt die Tür hinter der Familie zu, und wer bleibt mit dem Helden im Inneren und am Ende seiner Geschichte gefangen? Das Gespenst seines Sohnes, das mit versengtem Blick in die Zukunft starrt. Der Konsument vermutet ein Ende, das die letzten Spielszenen als Wunschtraum entlarvt - aber bei RDR gibt es keine Wünsche, keine Träume. Nachladen.
Prachtvoll. Jetzt noch eine Partie Hold'em. Papa braucht neue Kugeln für den Büffeltöter. Nachladen.
1 Kommentar:
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