6/03/2007

Remainder, Tom McCarthy

Da hat wohl jemand den Poststrukturalismus nachgeschlagen. Der Held hat tüchtig eins auf den Kopf bekommen, dann hat er Laufen und Sprechen neu lernen müssen. Er bewegt sich mit äusserster Bewusstheit durchs Leben, somit nimmt er die Dinge anders war: langsamer, genauer, komplizierter.

Noch dazu hat er fix ganz viel Geld bekommen, von irgendwo her. Somit kann er seine besondere Epistemologie ausleben, und zwar in Form von re-enactments, Wiederholungen, Neu-Inszenierungen. Eigentlich eine wilde Idee: der Herr hat ein Deja Vu und bezahlt dann eine Horde Menschen, die ihm diesen Prozess, diese Perspektivenkette nachstellen.

Die Sprache ist englisch und klar, aber betont kühl. Ein wenig viel Endzwanziger-Gehabe.

Mit dem Helden kann man leider gar nicht warm werden, auch nicht auf böse Art.

Interessant ist das Buch auch für Nicht-Studenten, da es den Blick auf die Konstruiertheit der Welt legt. Es wird nie in Epen gedacht, nein: vielmehr stellen Polaroids den Bogen. Kann das Epos wieder entzündet werden, wenn man nur akribisch genug die Bilderkette wiederholt?

Zum Ende hin schmeckt die Sache aber ein wenig nach dem palahniukanischen Project Chaos. Schade eigentlich, aber Fight Club war nunmal zuerst da. Das war auch wuchtiger. Wie ein Tritt. Remainder ist eher ein Nachmittag voller Tapezieren - das kann aber auch ganz schön verstören, nicht nur wegen des Kleisters.

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