8/26/2007

The Plot Against America, Philip Roth

Eigentlich erinnert die Grundidee des Romans an ein aus Star Trek Folgen bekanntes Erzählgerüst. Es ist eine "was wäre wenn" Geschichte, in diesem Fall: Was wäre, wenn statt FDR Charles Lindbergh Präsident geworden wäre - damals, 1940. Lucky Lindy war damals sehr berühmt und Roosevelt hatte ja bereits zwei consecutive terms gedient.

Lindbergh ist Isolationist und gilt für viele als Antisemit - soll Europa doch seine Konflikte alleine aushauen. Hitler findet er weit weniger schlimm als FDR es tat. Kein D-Day nötig. Welch Möglichkeiten für einen Roman. Das ist Weltgeschichte! Grundlage für ein bitterschweres politisches Essay, einen scharfen Text der mit der "sympathy for the devil" der Lenker und Denker abrechnet! Oder aber auch nicht.

Roth, der wohl prominenteste jüdische Schriftsteller in den USA, schreibt nur bedingt politisch. Sein Erzähler ist ein Junge, der genauso heisst wie er und Anfang der Vierziger so alt war wie Roth selbst. Die Linie zwischen Autor und Erzähler war bei Roth immer ein wenig ungenau. Der kleine Phil hat erstmal nur seine Familie im Auge, die unter den politischen Entwicklungen und der antisemitischen Stimmung leidet und zerbricht. Die Metaphern sind reichhaltig: der ältere Cousin (ein bruderähnlicher Charakter) geht zur kanadischen Armee und lässt sich ein Bein abschiessen. Deutsche zu bespucken war ihm dabei sehr wichtig. Als verlorener Sohn (und aufstrebender Gangster) prügelt er sich Jahre später mit Phils Vater durch die Küche. Phils anderer Bruder lässt sich von Regierungsprogrammen gegen seine jüdische Herkunft aufstacheln und strebt dem Cowboy-Ideal hinterher. Dann gibt es noch Tanten, Rabbis und dümmliche Freunde. Berüchtigte Italo-Amerikaner treten auch auf.

Phil wünscht sich bezeichnenderweise oft, dass er eine Waise wird bei den bizarren Christen-Nonnen ein paar Strassen weiter.

Ein kluges Buch, ein komplexes Buch. Die ganze Debatte, inwiefern denn nun Geschichte eine Geschichte (oder eben andersrum) ist, kocht hoch und fesselt. Machen Familien Geschichte oder umgekehrt? Es ist nicht die Diagnose eines akut kränkelnden Amerikas, doch wohl eine Basisbetrachtung des Patienten im Allgemeinen. Dank an Phil und Dank an Mr. Roth.

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