5/07/2008

Jonathan Strange & Mr Norrell, Susanna Clarke

Uh, da wurd's gemütlich. Dieser Schinken freut sich seiner Schinkenhaftigkeit und schinkt sich an, das schönste Werk in der Kategorie der Schinken zu sein. Nagut, Schinken mag das falsche Wort sein: Universum wäre richtig. Susanna Clarke hat nicht nur ein Buch geschrieben, sondern mit atemberaubender Chuzpe nicht weniger als eine vollständige Welt erschaffen, die an England erinnert aber doch so viel englischer ist.

Eine Einleitung ist bei diesem tausendseitigen Opus nicht notwendig, denn das Empire hat sich zu seinen besten Zeiten wohl auch nie dazu herabgelassen, Erklärungen abzugeben. Clarke hat ein hyperreales United Kingdom erschaffen. Der Inhalt: das erste Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts schlingert herum und Napoleon ebenso. In England machen sich einige Gentlemen an die Revitalisierung der englischen Zauberei.

Das vollkommene Fehlen von Ironie und die aufgeräumt-zurückhaltende Erzählweise beeindrucken nachhaltig und lassen die zahlreichen Kapitel dahinperlen. Clarke verlässt sich nicht auf Action und thrill kills sondern auf sehr, sehr große Bilder.

Ist das also reiner Eskapismus? Das auch. Es kann aber gleichermaßen als historischer Kommentar verstanden werden. Ab 1800 kommt das Buch in Mode, es wird allerhand aufgeklärt und geordnet. Wissenschaften verästeln sich in obskure Gebiete. Gleichzeitig wird die zauberhafte Aura eines ideellen Nationalstaates beschworen.

Die Herren Magier (einer links, einer rechts von der Mitte) versuchen, per common sense und Textarbeit Kontakt mit dem untergegangenen Mittelalter zu knüpfen. Clarke beschreibt ihre Abenteuer dabei auf äußerst unterhaltsame Art und Weise. Das letzte große Panorama ist in der Geschichte die Dunkelheit, die den unachtsamen Leser umhüllt - ein vornehmer Gruß an alle Konsumenten des Romans, die jene letzten Seiten verhuscht und ergriffen erreichen. Gemütlichkeit setzt ein gewisses Maß an Isolation voraus.

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