6/22/2009

The Black Veil: A Memoir with Digressions, Rick Moody

Kann Rick Moody mittlerweile vom Schreiben leben? Zu gönnen wäre es ihm. Bekannt dürfte er den meisten durch den Eissturm sein, welcher mit Kevin Klein und dem Hobbit verfilmt wurde.

The Black Veil ist kein Roman. Es ist eine Erinnerung. Eine Autobiographie, quasi - aber es ist noch mehr, denn Moody stellt nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das eines Urahns vor. Er bedient sich einer Kurzgeschichte von niemand geringerem als Nathaniel Hawthorne und dessen Protagonisten. Letzter ist nämlich auch ein Moody, ein Vorfahre des Autoren selbst, der eines Tages zum Schleier griff und seine Mitmenschen verschreckte. Oder vielleicht doch nicht?

Im Zentrum des Unterfangens liegt freilich das, was umgangssprachlich Depression genannt wird. Moody berichtet von seinen Problemen mit Menschen und Substanzen und beschreibt in schillernden Farben einen weihnachtlichen Zusammenbruch. Bei seiner Genesung (oder Regeneration) nutzt er dann Texte. Da ist das Symbol des schwarzen Schleiers: eine dunkle Sicht ergibt sich, aber auch eine Verhüllung des Gesichts und ein mehrdeutiger Appell an die Unverschleierten (hier kann man fix den Scharlachroten Buchstaben assoziieren). Dann ist da die Familie Moody: Rick, der Autor, untersucht, ob der Schwermut in den Genen liegt, ob seine Familie (die auch noch "moody" heißt, also "düster/gemüt-lich/verstimmt/verdrossen") eine Rolle spielt. Und schließlich ist da die Gegenwart: Moody versucht auch, mit der (ihm überlieferten?) Identität als Mann fertig zu werden. Er sucht den Kontakt zum Vater und zum Vorvater.

The Black Veil ist (obwohl Moody mit dem wohl furiosesten und wahrsten letzten Satz des Jahrzehnts endet) ein unfertiges Projekt. Der Autor bewegt sich vorwärts und rückwärts durch die Zeit. Vielleicht ist das eine der beruhigendsten Parallelen zur ausschlaggebenden Krise: die Zeit ist aus den Fugen, ein Vorher/Nachher, Ursache/Wirkung ist stets Konstruktion und Krücke. Wenn dann die Zeit zerbricht und die Gegenwart unausstehlich (un[er-]lebbar) wird, dann wird die Lebenswelt als Schein entlarvt. Eine neue Arbeit beginnt: eine Rekonstruktion der Krücke, aber kein verzweifeltes Flicken, sondern ein Erforschen ihrer Natur. Texte halten dabei als Werkzeuge und als Teilergebnis her.

Moody hat ein einmaliges Buch geschaffen und auch ohne letztgenanntes Geschwurbel ist The Black Veil keine Zeitverschwendung: da ist nämlich Humor drin, und zwar guter. Man könnte fast sagen, dass schwarze Schleier menschliche Wärme erst erkenntlich machen - literarisch gesehen ist Moody das gelungen.

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